Smarte Hearables

Hörgeräte als multimediale Medizinprodukte

18. Februar 2021, 10:00 Uhr | medical design
Bei modernen Hörgeräten geht es längst nicht mehr nur um den Ausgleich eines Hörverlustes, sondern auch um Zusatzfunktionen.
© AdobeStock.com/Peakstock

Marktübersicht: Arten, Hersteller und Funktionen

Die Geschichte der Hörgeräte ist im Grunde eine Liebesgeschichte. Denn die dänische Prinzessin Alexandra, die den englischen Kronprinzen Albert Edward 1863 heiratete, war von Geburt an schwerhörig und ihr Hörverlust verschlimmerte sich weiter. Als Edward 1901 zum König (Eduard VII.) gekrönt wurde, wollte Alexandra die Krönungszeremonie unbedingt akustisch verfolgen. Daher wandte sie sich an den amerikanischen Ingenieur Miller Reese Hutchinson, der sich bereits seit 1895 mit der Entwicklung einer elektrischen Hörhilfe beschäftigte. 

Das royale Ergebnis: ein Schwergewicht. Hutchinson entwickelte zwar einen Hörapparat für die Prinzessin, dessen Batterie wog jedoch ganze 12 Kilogramm. Ein Diener musste das schwere Teil während der ganzen Krönungszeremonie tragen. Alexandra konnte aber alles gut verstehen und ihr Bild ging um die ganze Welt. Miller Reese Hutchinson wurde berühmt und gilt heute als Erfinder des Hörgeräts.

Wie funktioniert ein Hörgerät?

Heutzutage sind Hörgeräte (Englisch: hearing aid) kleine und vor allem leichte Hochleistungsapparate. Sie beheben zwar nicht die Ursachen, aber behandeln die Symptome erfolgreich. Es gibt sie in verschieden Varianten, die sich in ihren Bauformen, im Umfang der Funktionen sowie im Design unterscheiden. 

Prinzipiell ist aber der Aufbau jedes Hörgerätes sehr ähnlich; unabhängig von der Bauform verfügen sie über ein Mikrofon, einen Verstärker und einen Lautsprecher. Der Schall (Geräusche, Sprache, Musik) tritt über das Mikrofon in das System ein und dort von einem Mikrochip in elektrische Impulse umgewandelt. Der Verstärker verstärkt die Signale und leitet diese weiter an den Lautsprecher, der die Impulse schließlich »wieder« in akustische Signale umwandelt. Diese können dann vom Träger wahrgenommen beziehungsweise gehört werden. 

Bauformen von Hörgeräten

Es gibt verschiedene Arten von Hörschädigungen, dementsprechend vielseitig sind die am Markt angebotenen Hörgeräte-Bauformen. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen:

  • Hinter-dem-Ohr-Geräte (HdO)
  • Ex-Hörer-Geräte (RIC)
  • Im-Ohr-Geräte (IdO)
Übersicht Hörgeräte-Bauformen (v.l.n.r.): Ido, RIC und HdO
Übersicht Hörgeräte-Bauformen (v.l.n.r.): Ido, RIC und HdO
© ReSound

HdO- und RIC-Geräte

Hinter-dem-Ohr-Geräte (HdO) werden – wie es der Name verrät – hinter dem Ohr getragen. Die Gehäuseform ist so gestaltet, dass das Gerät auf der Hörmuschel aufliegt, wobei der größte Teil hinter dem Ohr verschwindet. Der Schall wird über einen Schlauch, der das Gehäuse mit dem Einsatz verbindet, in das Ohr geleitet. Aufgrund der Größe des Gehäuses bieten die Geräte viel Platz für eine leistungsstarke Batterie und Elektronik. Damit ergibt sich ein – wenn auch vor allem ästhetischer Natur – erheblicher Nachteil: Die HdOs sind relativ offensichtlich. Dafür lassen sie sich jedoch leicht reinigen, verfügen über eine lange Batterielaufzeit und sind flexibel sowie vielfältig einsetzbar.

Hinter-dem-Ohr-Geräte eignen sich für eine Vielzahl von Hörschädigungen. Gleiches gilt auch für sogenannte Ex-Hörer-Geräte (RIC), die den HdOs auf dem ersten Blick sehr ähnlich sehen. Das war es dann aber auch schon mit der Ähnlichkeit, denn die Funktionsweise ist eine völlig andere. Der Schallwandler (Hörer) befindet sich bei RIC-Geräten nicht im Gehäuse, sondern wird im Gehörgang platziert. Somit ist der Schallweg kürzer, sodass es zu weniger Übertragungsverlusten kommt. Gehäuse und Einsatz sind hier nicht über einen Schlauch verbunden, sondern über eine dünne Kabelleitung. 

Im Ohr-Geräte

Auch hier ist der Name Programm: IdO-Geräte werden im Ohr getragen und sind somit für andere nicht mehr sichtbar. Das gilt besonders für Modelle, die in den Gehörgang eingelegt werden. Möglich macht dies der hohe Miniaturisierungsgrad. Weniger Platz heißt in diesem Fall aber auch weniger Technik, wodurch IdO-Geräte in der Regel nicht so leistungsfähig wie ihre sichtbaren Pendants sind. So verstärken HdO und RIC den Schall besser als die kleinen Geräte im Ohr. Daher sind Im-Ohr-Geräte (IdO) nur für leichte bis mittelgradige Hörverluste sinnvoll. Zudem muss auch der Gehörgang eine gewisse Größe haben, damit die Geräte darin Platz findet. Für Kinder sind sie daher weniger geeignet. Auch die Reinigung ist aufwendiger. Da die Geräte im Ohr sitzen, sind sie auch anfälliger für  Verschmutzung, durch Schweiß, Ohrenschmalz oder Defekte.

IdO-Geräte lassen sich noch weiter unterteilen und zwar in:

  • In-The-Ear (ITE)
  • In-The-Canal (ITC)
  • Completely-In-The-Canal (CIC)
  • Invisible-In-The-Canal (IIC)

Anmerkung: Canal bezieht sich auf den Hörkanal

Hersteller von Hörgeräten

Hersteller HdO-Geräteserien RIC-Geräteserien IdO-Geräteserien
Audio Service DUO, XS, HP Mood, Sun, Rixx Icon, Ida, Sina
Phonak Bolero Marvel Audéo Paradise Virto Marvel
Unitron Strode, Max, Shine Rev Moxi Insera

Weitere Hersteller von Hörgeräten sind: 

  • Bernafon
  • Demant
  • Hansaton
  • Kind
  • GN Hearing (ReSound)
  • Signia
  • Oticon

Die Geräte unterscheiden sich jedoch nicht nur in ihrer Bauform. Selbst innerhalb der Serien gibt es feine, aber entscheidende Abweichungen. 

  Bolero M-M Bolero M-PR
Batteriegröße 312 Li-Ionen-Akku
Abmessung 31,3 x 14,1 x 7,3 mm 36,7 x 16,4 x 8,5 mm
Gewicht 2,18 g 3,71 g
Max. Ausgangsschalldruck (dB SPL)*  122 127
Max. Versträkung (dB)*  58 60
Frequenzbereich (Hz)* <100 - >6500 <100 - >7000
Betriebsstrom (mA)* 1,5  

*Angaben beziehen sich auf den Typ SlimTube 4.0 (Quelle: Phonak-Datenblatt)

Hightech-Upgrade: Features moderner Hörgeräte

Moderne Hörsysteme bieten, je nach Technikstufe, verschiedene Zusatzfunktionen die das Sprachverstehen in schwierigen Situationen erleichtern oder den Bedienkomfort erhöhen sollen. Dazu gehören unter anderem:

  • Vernetzung mit Multimedia-Geräten
  • Steuerung via Smartphone
  • Störlärm-Unterdrückung
  • Rundumhören
  • Direkte Weiterleitung von Telefongesprächen
  • Anbindung an Smart-Home-Anwendungen
     

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(me)


 


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