Elektromechanik

Der platzierte Patient

13. Juli 2016, 7:40 Uhr | Von Marcel Consée
© LEONI Kabel

Die Protonentherapie ist eine hochpräzise, gezielte Strahlenbehandlung für Krebspatienten. Dabei ist die präzise Positionierung des Patienten von größter Wichtigkeit.

Anders als Photonen können Protonen den Großteil ihrer effektiven Energie in einem genau definierten räumlichen Bereich freisetzen. Dies geschieht mitten im Tumor und schont das umliegende Gewebe. Diese Methode bietet Krebszentren die Möglichkeit, neue Vorgehensweisen zu entwickeln, bei denen der Tumor bei einem geringeren Risiko von Nebenwirkungen höheren Dosen ausgesetzt wird. Ebenso kann die Dosis beibehalten und eine höhere Lebensqualität der Patienten erzielt werden.

Die Protonentherapie ermöglicht durch ihre Zielgenauigkeit die Behandlung von Tumoren auch in sensiblen Körperregionen. Der Beschleuniger liefert Protonen von bis zu 60 % der Lichtgeschwindigkeit als gut gebündelten Strahl, der präzise auf den vorher berechneten Ort im Tumorgewebe gelenkt werden kann. Beim Eindringen in den menschlichen Körper wird der Strahl so gebremst, dass die Protonen den größten Teil ihrer Energie direkt im Tumorherd entladen. Die ionisierende Wirkung der Protonen führt dann zu einer Schädigung der Tumorzellen, insbesondere ihrer DNA.

Teilchen töten Tumore

Tumorzellen haben in der Regel eine schlechtere Reparaturfähigkeit für DNA-Schäden als normale Zellen. Diesen Unterschied nutzt man, indem die Dosisleistung verringert (»Protrahierung«) oder die Gesamtdosis auf tägliche kleine Einzeldosen verteilt (»Fraktionierung«) wird. Damit verringert sich die mit der gleichen Dosis abgetötete Zellenanzahl.

Ausschnitt aus Leonis Kabelbaum-Struktur für die medizinische Anwendung
Ausschnitt aus Leonis Kabelbaum-Struktur für die medizinische Anwendung
© LEONI Kabel

Schwere elektrisch geladene Teilchen, d. h. Schwerionen und Protonen, zeigen im Vergleich zur konventionell eingesetzten Photonenstrahlung eine viel dichtere Energieabgabe an das durchstrahlte Gewebe (Linearer Energietransfer LET), was als Hoch-LET-Effekt bezeichnet wird. Infolgedessen sind die verursachten Schäden an der DNA gravierender, ihre Reparatur schwieriger für die Zelle und der therapeutische Effekt ist größer. Hoch-LET-Strahlung hat noch weitere biologische Vorteile: Sie wirkt auch bei schlecht durchbluteten, langsam wachsenden Tumoren, die sich gegenüber konventioneller Bestrahlung als sehr resistent erweisen (Bild). Dieser Effekt ist aber bei Schwerionen lokal begrenzt und kann dem Tumor angepasst werden, während er sich bei Neutronen auf der gesamten Strecke der Teilchenbahn zeigt, also unerwünschterweise auch das vor dem Tumor liegende gesunde Gewebe betrifft.

Durch die dreidimensional präzise Protonendeposition ist die dadurch erreichbare Strahlendosis im Ziel höher als beim Einsatz der konventionellen Röntgenstrahlung und der mittels Linearbeschleuniger erzeugten Photonen. Im Vergleich mit anderen Bestrahlungsformen sinkt bei der Protonentherapie deshalb auch das Risiko von Nebenwirkungen. Umgebendes, gesundes Gewebe wird weitgehend geschont. Eine Robotersteuerung hilft dabei, die Präzision dieses Verfahrens zu erhöhen.

Eine weiterentwickelte Konfiguration zur Patientenpositionierung haben Ion Beam Applications (IBA) und Leoni herausgebracht. Dabei wird das »Orion«-System von Leoni integriert. Hier handelt es sich um einen Roboter mit sechs Freiheitsgraden. Orion hat zuletzt die CE-Kennzeichnung erhalten und befindet sich momentan im 510(k)-Zulassungsprozess der Food and Drug Administration (FDA).

Weniger Strahlen

Orion soll Vorteile durch optimierte Sicherheit sowohl für Patienten als auch für Mitarbeiter in der Strahlentherapie bringen. Gleichzeitig lag das Augenmerk bei der Entwicklung darauf, die Behandlungsdauer pro Patient zu verkürzen und damit die Effizienz des IBA-Krebszentrums deutlich zu steigern. Darüber hinaus ermöglicht der Roboter automatische Positionsanpassungen in sechs Freiheitsgraden, um die Position des Tumors im Protonenstrahl zu optimieren. Orion ist sowohl in die Einraum-Protonentherapie »Proteus One« als auch in die Mehrraumtherapie »Proteus Plus« von IBA integriert.Explizit für medizinische Anforderungen entwickelt, verbindet Orion Software und Hardware. Es bietet eine Reihe von Vorzügen, die eine schnelle und präzise Behandlung unterstützen: Das System verfügt über mehrere Funktionen zur Reduzierung der Behandlungsdauer je Patient, wie beispielsweise die Möglichkeit, den Patienten außerhalb des Behandlungsraums vorzubereiten. Es erlaubt die dynamische Positionssteuerung in sechs Freiheitsgraden mit einer Präzision im Submillimeterbereich. Außerdem ermöglicht es einen großen Positionierbereich innerhalb des Behandlungsraums, und das bei sehr hoher Tragfähigkeit. Darüber hinaus lässt es sich schnell und unkompliziert in neuen und bestehenden Strahlentherapiezentren installieren. Das System soll zudem flexibel und bedienungsfreundlich sein, wodurch sich das Klinikpersonal mehr auf die Patientenversorgung konzentrieren kann.

Therapeutengesteuerter Roboter – Cobotics mit sterilem Kabel

Das Orion-System vereint verschiedene Technologien: Den Roboter, der die Patientenliege mittels automatischem Werkzeugwechsler an verschiedenen Orten aufnehmen kann. Das 3D-Kamerasystem, welches in Echtzeit die Position des Patienten relativ zur Strahlenquelle kontrolliert und im Bedarfsfall die Roboterposition und somit die Patientenliege korrigiert. Das in Kombination mit Leonis »Cobotics«-Technologie, d.h. die Übersetzung der manuellen Führung des Therapeuten in die Roboterbewegung zur einfachen Patientenpositionierung, führt zu interessanten Ansätzen für die Bestrahlungstherapie.

Seine Eigenschaften zielen auf eine schnelle und präzise Behandlung ab: Das System verfügt es über eine dynamische Positionskontrolle in sechs Freiheitsgraden mit einer Genauigkeit von weniger als einem Millimeter. Es verringert die Taktzeit pro Patient indem es durch den Werkzeugwechsler für die Patientenliege die Möglichkeit bietet, den Patienten außerhalb des Bestrahlungsraums für seine Behandlung vorzubereiten.

Dabei spielt Leoni seine Kernkompetenz aus: Die Kabelkonfektion. Interessant ist der Einsatz antimikrobieller Gerätegehäuse, Kabel und Leitungen in Krankenhäusern oder Arztpraxen. Dies kann wesentlich zur Erhöhung des Hygienestandards und zur Minimierung des Infektionsrisikos beitragen. Ungewollte Lücken in der Hygienekette lassen sich somit schließen.

Das von Leoni angewandte Verfahren basiert auf dem Lewis-Säure-Basenprinzip: Es bewirkt, dass auf der Oberfläche der Kabel Säure-Ionen freigesetzt werden, die an der Außenfläche des Mantels zu einer Absenkung des pH-Werts führen. Dies schränkt die Zellfunktionen der Keime und ihre Teilung ein, so dass sie schließlich absterben. Möglich wird dies, indem ein spezielles Metalloxid in variabler Dosierung fest in die Kunststoffmatrix der Kabelhülle eingebunden wird.


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