Produktionstechnik

Das Muskel-Spray

11. April 2016, 11:57 Uhr | Marcel Consée
Elektrisch erzeugter Spray für die Herstellung ultradünner Silikon-Schichten.
© Universität Basel, Bert Müller

Forscher der Universität Basel sind gemeinsam mit der Empa der Entwicklung künstlicher Muskeln einen Schritt nähergekommen.

Elastische Kunststoffe, die elektrische Energie in mechanische Arbeit umwandeln, haben zahlreiche Einsatzmöglichkeiten: sie reichen vom Antrieb von Scheibenwischern über Schallerzeugung bis hin zu Linsensystemen für Kameras. Der Kunststoff wird mit zwei Elektroden versehen, die ein elektrisches Feld erzeugen - stehen sie unter Spannung, dehnt sich das Material aus. In der Medizin ist es für die Entwicklung künstlicher Muskeln zur Inkontinenzbehandlung vorgesehen, wie das Forschungskonsortium "SmartSphincter" jüngst beschrieben hat.

Um effektiv zu funktionieren, benötigen mikrometerdicke Silikonlagen eine Spannung von mehreren hundert Volt; für künstliche Muskeln im menschlichen Körper ist das deutlich zu hoch. Nanometer-dünne Schichten brauchen demgegenüber nur wenige Volt. Da die resultierende Kraft für diese Dünnfilme klein ist, muss man tausende Lagen übereinanderschichten, um eine genügend grosse Kraft zu erzeugen.

Mit den herkömmlichen Herstellungsmethoden lassen sich solche Sandwichstrukturen nicht fertigen. Das Team um Prof. Müller vom Biomaterials Science Center der Universität Basel hat nun gemeinsam mit der Empa ein Verfahren entwickelt, das es ermöglicht, Silikonschichten anzufertigen, die deutlich dünner als ein Mikrometer und extrem flach sind. Die Rauheit ist kleiner als ein Nanometer. Dazu zerstäuben sie die Silikonmoleküle in Lösung mithilfe einer Hochspannung, der sogenannten Elektrospray-Technologie.

Normalerweise funktioniert der Elektrospray mit Gleichstrom. Für die Entwicklung künstlicher Muskeln experimentieren die Basler Wissenschaftler mit einer Wechselstrom-Methode. "Diese vergleichsweise simple und im Industrieumfeld geeignete Methode hat riesiges Potenzial für die Herstellung künstlicher Muskeln, wie man sie auch beispielsweise für den Antrieb von Scheibenwischern einsetzen könnte", so Bert Müller. Er hofft, die Technologie bald für ein Implantat zur Behandlung von Inkontinenz verwenden zu können.


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