Zerstörtes Gewebe mit Hilfe von 3D-Druckern zu ersetzen, gewinnt in der regenerativen Medizin an Bedeutung. Aber wie lässt sich die Qualität des gedruckten Ersatzgewebes kontrollieren?
In klassischen Verfahren der Gewebezüchtung besiedeln Zellen 3D-Gerüste, um daraus Ersatz für irreparabel geschädigtes Gewebe reifen zu lassen. Im Unterschied dazu liefert die Biofabrikation mit Hilfe der 3D-Drucktechniken aus Zellen und Gerüstmaterialien Strukturen, die dem natürlichen Gewebe im Aufbau nachgeahmt sind. Dadurch soll sich funktionales menschliches Gewebe schnell und besser ausbilden.
Kontrolle im laufenden Druckprozess
Laut Professor Jürgen Groll, Inhaber des Lehrstuhls für Funktionswerkstoffe der Medizin und der Zahnheilkunde der Universitätsklinik Würzburg steckt die Biofabrikation allerdings noch in den Kinderschuhen. Deshalb sucht er im Forschungsprojekt „PhotonControl“ in den kommenden zwei Jahren gemeinsam mit Dr. Gereon Hüttmann vom Institut für Biomedizinische Optik der Universität Lübeck nach einem geeigneten Verfahren, um die Qualität von künstlichen Gewebeimplantaten kontrollieren zu können. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert das Projekt im Rahmen seiner Förderinitiative „Wissenschaftliche Vorprojekte“ mit rund 240.000 Euro.
„Die Qualitätskontrolle während des Druckprozesses bedeutet eine große Herausforderung“, erklärt Jürgen Groll. Schließlich müssten diese Messungen zerstörungsfrei ablaufen und auf den Einsatz spezieller Marker verzichten. „Wir können zum Beispiel keine chemischen Farbstoffe verwenden, weil diese die Gewebereifung der gedruckten Konstrukte beeinflussen können.“
Die Druckzeiten bei der Biofabrikation können zwischen wenigen Minuten bei einfachen Konstrukten und teilweise Stunden liegen. Weil außerdem die Strukturen vergleichsweise groß sind, sind, ist es wichtig, die relevanten chemischen, biochemischen und morphologischen Informationen zu erfassen. Groll zufolge sei es außerdem wünschenswert, die Strukturen während des Druckens charakterisieren zu können.
OCT und Raman versprechen Erfolg
Zwei Techniken sind nach Ansicht der Wissenschaftler geeignet, diesen Anforderungskatalog zu erfüllen: die optische Kohärenztomographie (OCT) und die Raman-Spektroskopie (Raman). Beide Verfahren kommen ohne Farbstoffe als Marker aus und sind nicht invasiv, das heißt, sie schädigen das Gewebe nicht. Dabei ermöglicht OCT eine strukturelle Bildgebung in Echtzeit und kann mechanische Eigenschaften quantitativ messen; Raman liefert molekulare Informationen zur chemischen und biochemischen Charakterisierung dreidimensionaler Gewebestrukturen. Die Wissenschaftler wollen daher erforschen, inwieweit sich die beiden Verfahren kombinieren lassen. Dafür untersuchen die beteiligten Forscher 3D-gedruckte Thermoplaste und Hydrogele zunächst mit klassischen Methoden und anschließend mittels OCT und Raman.
Die Ergebnisse dieser Arbeit könnten in ein weiterführendes Verbundprojekt münden, in dessen Mittelpunkt die Umsetzung in ein System aus optischen Messverfahren wie OCT und Raman und 3D-Drucktechnik steht. Damit soll es möglich sein, Druckprozesse zu steuern, regeln und überwachen sowie die lebenden Zellen in diesen Produkten zu kontrollieren.