Elektronikfertigung

Schnell zum Wunschgehäuse

3. April 2017, 14:09 Uhr | Michael Eckstein
Tim Lange, Vorstand der Casenio AG: »Für die kleine und schnelle Produktion von Kunststoffteilen in Serienqualität ist Proto Labs unschlagbar.«
© Bilder: Proto Labs, Casenio

Spezialisierte Gehäuse per Spritzgussverfahren oder CNC-Bearbeitung zu fertigen, ist für mittlere Stückzahlen oft zu teuer. Industrieller 3D-Druck kann die Einführung von Produkten und Komponenten für die Medizintechnik erheblich beschleunigen.

Spezielle Funktionen erfordern spezielle Gehäuse. Wenn Standardgehäuse für ihre Medizintechnik-Produkte nicht passen, haben viele Hersteller ein Problem: Herkömmliche Fertigungsverfahren wie Spritzguss und CNC-Bearbeitung sind oft zu teuer. Besonders, wenn die anvisierten Stückzahlen zwar über Einzelproduktanfertigungen liegen, andererseits aber auch kein Consumer-Massenmarkt adressiert wird, verschlingt die Fertigung spezialisierter Gehäuse im Verhältnis viel Geld und verteuert die Endprodukte.

Beispiel Casenio: Das junge Unternehmen unter der Leitung von Tim Lange hat ein sensorbasiertes Assistenzsystem entwickelt, dass Menschen mit körperlichen Einschränkungen ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden erleichtert. Casenio besetzt eine Markt­lücke, die bisherige Alarmierungssysteme bislang größtenteils offen ließen. Deren meist manuelle Alarmknöpfe müssen ständig am Körper getragen werden. In kritischen Situationen, etwa dem nächtlichen Toilettengang oder beim Duschen, bleibt der Knopf häufig auf dem Nachttisch liegen: Die Person kann im Ernstfall keine Hilfe verständigen.
Bei Casenio arbeitet eine zentrale Einheit in Form eines Radioweckers als Sender und Empfänger. Per Funk kommuniziert es mit im Haushalt verteilten Sensoren. Es registriert sämtliche Zustandsveränderungen der verbundenen Elektrogeräte sowie von Licht, Wasser, Bewegung, Türöffnung, Bettbelegung etc. Bei einer auffälligen Hitzeentwicklung am Herd meldet es sich mit einem Herdsymbol auf dem Display und einer akustischen Klartextmeldung: »Der Herd ist eingeschaltet!« Gleichzeitig sendet es die Daten verschlüsselt an ein Rechenzentrum, wo sie mit angelernten Profilen und vordefinierten Alarmstufen abgeglichen werden.
Bei Auffälligkeiten verständigt das System Angehörige oder Pflegepersonen per Telefon, SMS oder E-Mail. Per Mobilfunk kann eine Sprachverbindung aufgebaut werden. Berechtigte Personen sind somit in der Lage, in die Wohnung hineinzuhören oder zu sprechen. Im Ernstfall können sie schnell reagieren. »Wir wollten ein System schaffen, das günstig ist, sich leicht bedienen lässt und ein breites Spektrum an kritischen Situationen abdeckt«, erklärt Lange. »Neben den personen- und wohnungsbezogenen Situationen gibt es Erinnerungsfunktionen zum Beispiel für die Einnahme von Medikamenten. Auch lassen sich Elek­trogeräte ferngesteuert ausschalten.«

Vom 3D-CAD-Modell in wenigen Tagen zum fertigen Gehäuse

Für die Zentrale benötigte Lange ein spezielles Gehäuse. Mit dem 3D-CAD-Modell in der Hand fragte Lange Spritzguss-Anbieter an. Das Ergebnis: »Wir hätten ein teures Stahlwerkzeug fertigen lassen müssen. Zudem hätte ich mit dem ersten Gehäuse in frühestens 16 Wochen rechnen können.« Im Internet stieß Lange auf die Firma Proto Labs. Mithilfe von 3D-Druck, CNC-Bearbeitung und Spritzguss im Expressverfahren ermöglicht das Unternehmen eine schnelle und günstige Prototypenherstellung und Kleinserienproduktion von Teilen aus Kunststoff, Metall und Flüssigsilikon.
Entwickler laden ihr 3D-CAD-Modell hoch und erhalten innerhalb weniger Stunden ein interaktives Angebot mit kostenloser Designanalyse und Preisangaben. Die Machbarkeitsanalyse hilft Kunden, bei der Prototypenherstellung Probleme wie Einfallstellen oder Hinterschneidungen zu vermeiden. Änderungen können beliebig oft vorgenommen werden. Mithilfe dieses iterativen Prozesses können Designer und Ingenieure Verzögerungen bei der Produktentwicklung minimieren.
Im Gespräch mit den Proto-Labs-Spezialisten erhielt Lange Tipps und Hinweise zu Materialauswahl und konstruktiven Verbesserungen. »In der Summe profitierten wir von einer umfassenden Beratung und konnten nach wenigen Tagen fertige Teile aus unserem Wunschmaterial entgegennehmen – und das zu einem günstigen Preis«, freut sich der Casenio-Mastermind. Auch kundenspezifische Änderungen am Gehäuse ließen sich seiner Aussage nach leicht umsetzen.
Mittlerweile arbeitet Lange mit seinem Team an der nächsten Casenio-Generation mit Z-Wave-Technik. Dieser Standard für Heimautomation kommt mit weniger Energie aus und bietet noch mehr Möglichkeiten für das intelligente Assistenzsystem. Für das Gehäuse will Lange wieder auf Proto Labs zurückgreifen.


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