Akute Myeloische Leukämie

Künstliche Intelligenz erkennt Blutkrebs

9. Januar 2020, 8:45 Uhr | Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V.
Rote Blutkörperchen (Symbolbild): AML ist eine bösartige Erkrankung, die ihren Ausgang von unreifen Vorstufen der roten Blutkörperchen, Blutplättchen und einem Teil der weißen Blutkörperchen nimmt.
© Pixabay

Forschung | Künstliche Intelligenz kann eine der häufigsten Formen von Blutkrebs – die Akute Myeloische Leukämie (AML) – mit hoher Zuverlässigkeit erkennen. Das haben Forscher des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankung und der Universität Bonn nachgewiesen.

Künstliche Intelligenz (KI) ist in der Medizin ein vieldiskutiertes Thema, insbesondere im Bereich der Diagnostik. »Wir wollten die Potentiale an einem konkreten Beispiel untersuchen«, erläutert Prof. Joachim Schultze, Forschungsgruppenleiter am DZNE und Leiter der Abteilung Genomik und Immunoregulation am LIMES-Institut der Universität Bonn. Weil dafür große Datenmengen erforderlich sind, haben er und sein Team Daten der Genaktivität von Zellen aus dem Blut ausgewertet. Dazu gibt es zahlreiche Studien und die zugehörigen Ergebnisse sind über Datenbanken zugänglich.

Fingerabdruck der Genaktivität

Schultze und Kollegen ging es dabei um das »Transkriptom«: einer Art Fingerabdruck der Genaktivität. Denn in jeder Körperzelle sind je nach deren Zustand immer nur bestimmte Gene eingeschaltet, was sich im Profil der Genaktivität widerspiegelt. Das Transkriptom enthält wichtige Informationen über den Zustand von Zellen. »Die klassische Diagnostik beruht jedoch auf anderen Daten. Wir wollten deshalb herausfinden, was eine Analyse des Transkriptoms mithilfe von KI also mittels lernfähiger Algorithmen, leisten kann«, sagt Schultze.

Analyse von mehr 12.000 Blutrpoben

In der aktuellen Studie stand die Akute Myeloische Leukämie (AML) im Fokus. Ohne adäquate Behandlung führt diese Form der Leukämie innerhalb von Wochen zum Tode. Die AML geht einher mit der Vermehrung krankhaft veränderter Knochenmarkszellen, die letztlich ins Blut gelangen können. Dort treiben dann gesunde Zellen und Tumorzellen, deren Gene jeweils typische Aktivitätsmuster aufweisen.

Alle diese Aktivitätsprofile gingen in die Analyse ein. Messdaten von mehr als 12.000 Blutproben – diese stammten aus 105 verschiedenen Studien – wurden dabei berücksichtigt: der bislang größte Datensatz für eine Metastudie über AML. Rund 4.100 dieser Blutproben kamen von Personen mit AML-Diagnose, die übrigen von Personen mit anderen Erkrankungen oder von Personen, die als gesund eingestuft worden waren.

Algorithmus hat hohe Trefferquote

Die Wissenschaftler fütterten ihre Algorithmen mit Teilen dieses Datensatzes. Zum Input gehörte, welche Proben von AML-Patienten stammten und welche nicht. »Die Algorithmen suchten dann im Transkriptom nach krankheitstypischen Mustern. Das ist ein Prozess der weitgehend automatisiert ablief. Man spricht von maschinellem Lernen«, so Schultze. Mit der erworbenen Mustererkennung wurden dann weitere Daten von den Algorithmen analysiert und klassifiziert, also eingeteilt in Proben mit AML und ohne AML. »Uns war die Zuordnung, so wie sie in den Originaldaten verzeichnet war, natürlich bekannt, der Software jedoch nicht. Insofern konnten wir die Trefferquote überprüfen. Diese lag bei einigen Verfahren oberhalb von 99 Prozent. Wir haben diverse Verfahren aus dem Repertoire der künstlichen Intelligenz getestet. Es gab tatsächlich einen Algorithmus der besonders gut war, aber die anderen lagen nur knapp dahinter.«

Kann KI Kosten in der Diagnostik sparen?

In der Praxis eingesetzt, könnte dieses Verfahren herkömmliche Diagnosemethoden unterstützen und helfen, Kosten zu sparen, meint der Bonner Wissenschaftler. »Prinzipiell könnte eine Blutprobe ausreichen, die der Hausarzt entnimmt und zur Analyse an ein Labor weiterleitet. Ich würde schätzen, dass die Kosten unterhalb von 50 Euro liegen.« Die klassische AML-Diagnostik sei sehr umfangreich. Einzelne Verfahren daraus würden pro Durchlauf mit einigen hundert Euro zu Buche schlagen. (me)

Schlagworte: Blutkrebs, Akute Myeloische Leukämie (AML), Diagnostik, Künstliche Intelligenz (KI)

 


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