Touchscreens in der Medizin

Sichere Diagnose mit Optical Bonding

20. September 2019, 14:00 Uhr | Medizin+elektronik Basics
Auch in der Medizin sind Touch-Displays nicht mehr wegzudenken.
© shutterstock.com/ji xiaoping

Fachbeitrag | Mit der Einführung der PCAP-Technologie ist das optische Erscheinungsbild eines Displays in das Bewusstsein gerückt. Durch die hohe Transparenz des Sensors ist die Anwendung auch dort möglich, wo die Qualität der Darstellung im Vordergrund steht, zum Beispiel in der Diagnostik.

Die Ablesbarkeit eines Displays hängt auch vom Licht in der Umgebung ab. Physikalisch betrachtet, wird ein Lichtstrahl beim (schrägen) Durchtritt durch ein Medium beeinflusst: Ein Teil wird reflektiert, der andere Teil vom geraden Winkel seiner Ausbreitung abgelenkt. Dies liegt am Brechungsindex, der für jedes Material spezifisch ist.

Betrachtet man ein System, bestehend aus Display und Touchscreen, stellt man fest, dass einfallendes Licht zunächst von Luft in das Deckglas des Gerätes eintritt, dann durch den Touchsensor hindurchfällt, bevor es das Luftpolster vor dem Display passiert und schließlich in das Display eintritt. Voraussetzung für die folgende Betrachtung ist, dass Hersteller von Sensor und Display dafür gesorgt haben, dass ihre Komponenten intern optimal abgestimmt sind.

Sichere Diagnose mit Optical Bonding

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In seiner einfachsten Form besteht ein Touchsystem aus einem Deckglas, Touch-Sensor und dem Display. In Bild 1 (Bildergalerie) befindet sich der Sensor zwischen dem Display und dem Deckglas. In Bild 2 ist der Sensor bereits mit dem Deckglas verklebt. Diese Verklebung (Air Gap Bonding) nutzt die auf dem Sensor aufgebrachte Klebeschicht. Der Verbund wird mithilfe eines doppelseitigen Klebebandes möglichst lückenlos auf den Rahmen des Displays, falls dies in einem Blechrahmen montiert ist, oder direkt auf den Polfilter geklebt. Bild 3 zeigt den Aufbau eines optisch gebondeten Systems. Zwischen Display und Sensor befindet sich vollflächig die transparente Klebeschicht, die deutlich dicker als die Verklebung zwischen Sensor und Deckglas ist. Durch die hohe Transparenz des PCAP-Sensors (im Gegensatz zu resistiven Touchscreens) fallen unerwünschte Reflexionen des einfallenden Lichts auf. Das Optical-Bonding-Verfahren minimiert diese.

Die Grundlage für das optische Bonding ist eine Klebeschicht, die den Luftspalt überbrückt und dabei ungefähr den gleichen Brechungsindex wie Glas hat. Das Licht erfährt also keine zusätzliche Reflexion oder Brechung. Je nach der mechanischen Beschaffenheit der Oberfläche des Displays (mit Rahmen oder ohne) gibt es zwei unterschiedliche Verfahren. Hat das Display keinen Metallrahmen, durch den die Anzeigefläche des Displays weiter hinten liegt, kann ein Film verwendet werden, der wie ein doppelseitiges Klebeband das Display mit dem Touchsensor und dem Deckglas verbindet. Falls das Display mit einem Rahmen versehen ist und die Dicke des Luftspaltes nicht mit einem Klebeband überbrückt werden kann, wird ein flüssiger Kleber verwendet. Vor dessen Applikation muss jeder Spalt des Displays abgedichtet werden, damit der Kleber nicht in das Innere des TFT-Displays, also zwischen Panel, Folienstack und Backlight eindringen kann. Mit einer genau dosierten Menge lässt sich der Luftspalt ausgleichen und der Sensor blasenfrei auflegen. Der Kleber härtet unter dem Einfluss von ultraviolettem Licht innerhalb kurzer Zeit aus.

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Anmerkung: Dieser Beitrag stammt aus der Medizin+elektronik Nr. 5/2019.

Hier geht’s zu vollständigen Ausgabe.

 

Bedeutung für die Medizintechnik

Das Verkleben von Display und Deckglas bietet mehrere Vorteile. Für den Anwender offensichtlich ist die bessere Ablesbarkeit des Displays. Dies liegt am gesteigerten Kontrast, dem Verhältnis von hellen und dunklen Bildelementen. Der Kontrast wird also höher, wenn der aktiv angezeigte Bildinhalt heller dargestellt wird, oder der nicht aktive Bildanteil dunkler wird. OLEDs überzeugen gegenüber Standard-TFT durch ihren hohen Kontrast, weil der dunkle Teil des Bildes nicht leuchtet und wirklich schwarz ist. Die optimale Anpassung des Brechungsindexes sorgt jedoch nicht nur für bessere Ablesbarkeit durch den verbesserten Kontrast, sondern auch für eine blendfreie Bildschirmoberfläche, da sich die Reflexion externer Lichtquellen minimiert. Ein hoher Kontrast ist wichtig für die differenzierte Darstellung von Graustufen, wie sie in der medizinischen Diagnose eine Rolle spielen.

Das optische Bonden bringt über die verbesserte Darstellung hinaus noch weitere Vorteile. Da der Raum zwischen Touchscreen und Display ausgefüllt ist, können Feuchtigkeit und Staub nicht eindringen. Der Verbund bietet eine höhere Stabilität, was bei Anwendungen mit mechanischen Belastungen (Schock, Vibration, Beschädigung) vorteilhaft ist. Besonders bei hellen Displays nimmt die Lebensdauer des Backlights wegen der höheren Temperatur ab. Durch den Verbund kann die Abwärme über das Frontglas an die Umgebung abgegeben werden kann.

Monitor für Diagnose

In der Sonographie (Ultraschall) werden Reflexionen des Schalls in Gewebeschichten je nach Intensität in unterschiedliche Graustufen transformiert und auf dem Bildschirm ausgegeben. Bereits kleinste Abstufungen zeigen dem Experten, ob es sich um eine krankhafte Veränderung des Gewebes handelt. Für die Einschätzung ist eine unverfälschte Darstellung des Bildinhalts Voraussetzung. Hier kommt es sehr auf die Konstruktion der Display-Einheit an. Selbst wenn kein Touchscreen vorhanden ist, ist das TFT-Display mit einer Glasscheibe abgedeckt, die die Display-Oberfläche schützt und die Reinigung des Geräts erleichtert.

Bei der Auslegung des Gerätes werden Reflexionen durch Raumbeleuchtung, durch Fenster einfallendes Lichts oder Reflexion des weißen Arztkittels minimiert, indem die Oberfläche des Glases entsprechend gestaltet wird. Vom Display ausgehendes Licht wird dank des Optical Bondings ohne Reflexion nach vorne abgestrahlt. Das Ergebnis ist ein konturiertes, kontraststarkes Bild, das die Unterscheidung vieler Graustufen ermöglicht.

Link-Tipp: Whitepaper Optical Bonding

Das Whitepaper »Optical Bonding« von Hy-Line beleuchtet Themen wie Komponenten, Einsatzgebiete, Vorteile und Herausforderungen des Optical Bondings und erklärt detailliert die einzelnen Bonding-Verfahren für Display und Touch. Das vollständige Whitepaper steht Ihnen auf der Seite des Unternehmens zum kostenfreien Download zur Verfügung (www.hy-line.de).

 

Bedienterminal für Spritzenpumpe

Dient ein Display nicht zur Diagnose, sondern zur Bedienung eines Gerätes wie zum Beispiel einer Spritzenpumpe, die eine genau dosierbare Menge eines Wirkstoffs pro Zeiteinheit abgibt, müssen die Einstellungen zweifelsfrei ablesbar und justierbar sein, gerade dann, wenn der Bediener den Kopf nicht bewegen kann, um einen störenden Reflex auf dem Display zu eliminieren.

Im medizinischen Umfeld sind Behandlungsräume gut ausgeleuchtet, und die Kleidung der Ärzte und des Personals ist oftt weiß. Diese Eigenschaften machen es einem Display schwer, gut ablesbar zu sein. Das Optical Bonding sorgt dafür, dass die Reflexion einfallenden Lichts an den Grenzflächen minimal ist, und dass austretendes Licht ungestört den Weg vom TFT bis in das Auge des Betrachters/Bedieners findet.

Fazit

Das Optical Bonding ist für alle medizinische Geräte, bei denen es auf eine sichere Ablesbarkeit ankommt, das Mittel der Wahl. Frontscheiben mit oder ohne Touchscreen werden durch einen speziellen Klebstoff mit dem Display verbunden, sodass unerwünschte Reflexionen durch das sonst eingeschlossene Luftvolumen minimiert werden. Der Schutz vor Feuchtigkeit und Staub sowie die gesteigerte mechanische Stabilität gehen mit dem Bonding einher. Je nach den Anforderungen der Applikation und den verwendeten Komponenten wird dasjenige Verfahren ausgewählt, das für die betreffende Anwendung am besten geeignet ist.

Autor: Rudolf Sosnowsky ist Leiter Technik bei Hy-Line

Schlageworte: Optical Bonding, PCAP, Touchscreen, Bedienpanel, Monitor, Bedienung, TFT-Display

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