Standpunkt: Big Data und Wearables

Strukturen für Gesundheitsdaten

21. Juni 2016, 9:00 Uhr | von Bob Zemke
© Extreme Networks

Ob Wearables nur ein vorübergehender Modegag sind oder die Zukunft der personalisierten Medizin mitbestimmen, ist noch nicht entschieden. Die aktuellen Entwicklungen sind jedenfalls nicht uninteressant.

Die sogenannten Wearables, tragbare Computersysteme, die sich von einfachen Schrittzählern oder Pulsfrequenzmessern weiterentwickelt haben bis hin zu der vor einiger Zeit vorgestellten Apple Watch, bieten der Gesundheitsbranche ein großes Potenzial. Denn diese Endgeräte werden nicht nur mit jedem neuen Modell zunehmend »intelligenter« und ausgereifter, sondern auch Akzeptanz und Nutzung nehmen massiv zu. Denn mehr und mehr Kunden erkennen die Vorteile, täglich ihre Gesundheitsdaten überwachen zu können, während sie gleichzeitig die Wearables auch für all die anderen Dinge nutzen können, die sie sonst mit ihren mobilen Endgeräten erledigen. Laut dem auf den mobilen Sektor spezialisierten Analystenhaus Juniper Research wird die Anzahl der jährlich verkauften Wearables bis 2018 auf 170 Millionen Geräte steigen – ein klarer Hinweis darauf, dass immer mehr Menschen diesen Endgeräten gegenüber aufgeschlossen sind, wodurch wiederum eine ständig steigende Menge wertvoller Gesundheitsdaten zu erwarten ist.

Da die Popularität von Wearables weiterhin steigen wird und der Gesundheitssektor damit beginnt, diese Endgeräte in den medizinischen Alltag zu integrieren, wird es notwendig sich zu überlegen, wie die Netzwerkinfrastruktur darauf ausgerichtet werden kann, diese neuen Anforderungen bestmöglich zu unterstützen.

Informationen vereinen

Wearable mit Health App
Wearable mit Health App
© alexey_boldin; fotolia

Gesundheitsdaten werden traditionell immer sehr gut unter Verschluss gehalten und selten geteilt. Egal in welchem Land man lebt, es ist immer schwierig und aufwendig, unterschiedliche Arten von Gesundheitsdaten zu integrieren, zusammenzufassen und zu analysieren. Gleichwohl sind diese Informationen wertvoll und notwendig für den operativen Betrieb und die Abstimmungen in allen Bereichen des Gesundheitswesens.

Um die Wearable-Technologie erfolgreich im Gesundheitsbereich einzusetzen, muss die Branche ein Netzwerk aufbauen, das einerseits den Wert der mithilfe verschiedener Endgeräte gewonnenen Informationen unterstreicht und andererseits gleichzeitig einen Weg bereitstellt, Ärzten oder Chirurgen diese Informationen zugänglich zu machen.

Gesundheitsdaten aus Wearables sollen nicht nur für Patienten, sondern auch für medi¬zinisches Personal umfassend zugänglich sein
Gesundheitsdaten aus Wearables sollen nicht nur für Patienten, sondern auch für medi¬zinisches Personal umfassend zugänglich sein
© Extreme Networks

Diese Vorgehensweise ähnelt den bereits existierenden Netzwerken von Drittunternehmen wie etwa Nikes »Nike+Network«, das es Nutzern erlaubt, ihre von dem Endgerät erfassten persönlichen Daten einzusehen und sie mit den Daten anderer Netzwerkteilnehmer zu vergleichen. Diese auf einer breiten Bevölkerungsbasis aufbauende »Medizinische Datenbank« ermöglicht weitere aussagekräftige Datenvergleiche oder -analysen und die Ermittlung wertvoller Informationen. Durch die Kombination dieser Informationen mit sämtlichen anderen Gesundheitsdaten kann die Analysegruppe erweitert werden, um so verschiedene Regionen oder spezielle Diagnosen zu erfassen und dadurch ein vollständigeres Bild der Probandengruppe zu erstellen.

Die sich daraus ergebenden Möglichkeiten für Angehörige der Gesundheitsberufe sind enorm. So stehen beispielsweise die an einem Ort eingegebenen Patientendaten sofort an einem anderen Punkt zur Verfügung und geben Auskunft über Allergien, Krankengeschichte und die Gabe von Medikamenten. Anderes Beispiel: Eine im Rahmen von US-Präsident Obamas Initiative »Big Data Research and Development « durchgeführte Untersuchung hat über einen Zeitraum von fünf Jahren in den USA öffentliche Daten über Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Gesundheitsrisiken gesammelt und diese mit den Daten der staatlichen Gesundheitsdienste von England, Schottland und Wales kombiniert.

Gemeinschaftliche Strukturen

Das Sprichwort »Einigkeit macht stark« war selten so zutreffend, wie für die Verwendung von Wearables innerhalb einer ganzen Personengruppe mit gleichen gesundheitlichen Problemen oder Zielen, beispielsweise, wenn Patienten sich zusammenschließen, um gemeinsam Gewicht zu verlieren oder ihren Cholesterinwert zu verringern. Wenn Wearables bei Personen mit einem gemeinsamen Gesundheitsinteresse, etwa der Bekämpfung von Fettleibigkeit eingesetzt werden, können die Endgeräte ein gemeinschaftliches Engagement erzeugen und zugleich Informationen sammeln.

Gemeinschaftliche Strukturen

Dank der Unterstützung durch Mitstreiter und der Anleitung durch medizinisches Fachpersonal, können Gruppen von Risikopatienten nun eine neue und hilfreiche Methode zum Erreichen ihrer medizinischen Ziele entdecken, die sie dabei unterstützt, die durchschnittliche Erfolgsrate durch kontinuierliche Hilfestellungen zu verbessern.

Vor dem Hintergrund vernetzter Informationen und dem Aufbau gemeinschaftlicher Strukturen, kann die Teilnahme an Wearables-Gruppen durch Gesundheits- und Fitness-Apps vorangetrieben werden. Ein weiterer wichtiger Trend: viele Menschen befinden sich bereits mit Freunden im Wettstreit und wetteifern beispielsweise auf Plattformen wie Nike+ oder Strava, wer die meisten Kilometer pro Woche läuft. Aber Teil einer Gruppe gleichgesinnter Gesundheitsinteressierter mit denselben Trainingsbedingungen und dem Wunsch zu sein, sich miteinander zu messen, bringt jedem einzelnen noch mehr gesundheitliche Vorteile und gibt den Patienten die innere Genugtuung, am Ende des Programms einen »Sieg« erzielt zu haben. Dies führt dazu, dass Fitness- und Sportstudios ihren Mitgliedern Anreize anbieten können, wenn sie bereit sind, an einem Wearable-gestützten Gesundheitsprogamm teilzunehmen und sich dem Wettbewerb zu stellen.

Wearables fassen dadurch langsam auch im Bereich der Medizin Fuß. Bereits in naher Zukunft wird es möglich sein, Chips in Patientenarmbänder zu integrieren, durch die Ärzte immer die allerneuesten Informationen über ihre Patienten erhalten, und sie diese besser während des gesamten Behandlungsverlaufs betreuen können.

Um ein solches Gerät handelt es sich z. B. bei »AcuPebble«, einem mobilen, kabellosen Endgerät, etwa von der Größe einer 20-Cent-Münze, das eine Person um den Nacken oder auf der Brust trägt und Herz- oder Atemweggeräusche des Trägers erfasst. Dabei nutzt das Gerät hochentwickelte Algorithmen, um aus der Masse von Tönen nur die herauszufiltern, die auf eine sich verschlechternde Gesundheit oder eine Krankheit von Patienten hinweisen. So ein Wearable könnte dem Arzt dabei helfen, den Patienten bei Bedarf schneller eine Behandlung zukommen zu lassen und ihnen so vielleicht das Leben zu retten.

Behandlungserfolge?

Basierend auf mehr als fünfjähriger Forschungs- und Entwicklungsarbeit glaubt das Team am Imperial College in London, AcuPebble könne in mehreren klinischen Bereichen eingesetzt werden, etwa als Diagnoseinstrument, Gesundheitsmonitor oder als eine Art Frühwarngerät. Die Hoffnung ist, dass der Sensor Daten in Echtzeit sammelt und diese Informationen an eine Applikation weiterleitet, die auf jedes geeignete Endgerät heruntergeladen werden kann, sodass Ärzte ihre Patienten weltweit medizinisch überwachen können.

Über den Autor:

Bob Zemke ist Director Healthcare Solutions bei Extreme Networks und Co-Autor des Buches »WiFi Enabled Healthcare« .


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