Beschichtete Touch-Displays

Wenn aus Berührungen mehr wird

31. Juli 2018, 9:20 Uhr | Klaus Wammes*
Diagnose Keimschleuder: Rund 100 verschiedene Bakterienarten tummeln sich durchschnittlich auf einem Smartphone.
© Pixabay

Schon kleinste Kratzer auf dem Touch-Display reichen Keimen, Pilzen und Bakterien als Versteck und Nährboden. Was im privaten Bereich unter Ekel fällt, kann in der Medizin durchaus lebensbedrohlich sein. Beschichtete Displays wirken dem zwar entgegen, sind aber kein Allheilmittel.

In den unterschiedlichen Branchen sind Touch-Displays ganz eigenen Einflüssen ausgesetzt: Staub, Wasser und Dreck, der bei herstellenden Prozessen entsteht, kann unter anderem das Display zerkratzen beziehungsweiser völlig unbrauchbar machen. In feuchten Umgebungen kann Schimmel im Inneren entstehen. Angepasste funktionale Beschichtungen haben daher unbestritten ihre Daseinsberechtigung. Sie machen Displays nicht nur robuster und weniger Anfällig gegen äußere Einflüsse und Vandalismus. Unter Umständen schützen sie auch gegen Krankheiten. Zum Beispiel in der Medizin, wenn viele Finger auf demselben Gerät herumdoktern. Allerdings ist es mit einer Beschichtung allein nicht getan. Es entstehen neue Abhängigkeiten zwischen System und Komponenten, die in ihrer gesamten Auswirkung neu geprüft werden müssen.

Die Kombination von verbauten Elementen muss bei jeder Veränderung neu bewertet und entsprechend umgesetzt werden. Ein Austausch der Bauteile nach dem Motto »alt zu neu« ist nicht ohne weiteres möglich. Das gilt schon für nicht beschichtete Displays. So werden zum Beispiel noch immer altgediente Materialien wie ITO Keramik für gebogene oder gar flexible Displays oder deren Komponenten eingesetzt. Die ITO-Schicht (Indiumzinnoxid) ist zwar der aktuelle Stand der Technik für preiswerte und transparente leitfähige Strukturen; jedoch ist es auch spröde und somit denkbar ungeeignet in solchen Anwendungen. Alternativen wie beispielsweise Silver- oder Carbon-Nano-Tubes haben wiederum eigene Eigenschaften. Gerade bei zusätzlichen Display-Beschichtungen – innen wie außen – kann es zu Fehlinterpretationen kommen, wenn der auswertende Algorithmus nicht mehr verstehen kann, was der Nutzer durch seine Berührung will. Sicher, bei Tablets, Smartphones und anderen Commodity-Displays hätte das keine wirklich dramatischen Konsequenzen; in industriellen Anwendungen können falsche Befehle Welten unterscheiden.

Wechselwirkungen und zu viele Berührungen

Ein in der Industrie weit verbreiteter Irrglaube ist, dass PCAP (Projected Capacitive) ein Synonym für Touch-Displays ist. Das ist schlichtweg falsch. Hersteller müssen sich von der Vorstellung lösen, dass alleine die Implementierung eines geläufigen Begriffes alle beteiligten Parteien tatsächlich zufrieden stellen kann. Denn PCAP ist eine Methodenbeschreibung und kein fertiges, fest definiertes Produkt, per Saldo also eine technische Konfiguration. Es hat zwar tatsächlich einen Vorteil gegenüber resistiven Sensoren, da es von Haus aus weniger anfällig für Vandalismus ist. Allerdings muss gerade dieses vermeintliche Allheilmittel nach einer zusätzlichen Beschichtung neu initialisiert beziehungsweise kalibriert oder upgedated werden, je nach Einsatzgebiet und Hersteller, durch unterschiedliche Hardware und Prozesse. Abstrakter formuliert kann die Wechselwirkung mit einem Auto verglichen werden: Werden die Scheiben durch Panzerglas ersetzt, müssen Stoßdämpfer, Bremsen und Co. ebenfalls angepasst werden.

 

Fotos

Schaltungsausschnitt für relevante Komponenten, um einen Touch-Sensor zu betreiben
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Ungleichförmiges Elektrodengitter um Moire-Effekte mit gleichmäßiger Pixel-Struktur zu verhindern sowie erkennbare optische Artefakte
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Erkennbare Prozessfehler in der Herstellung von Multi-Touch-Elektroden-Pattern  beim Optical Bonding
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  1. Wenn aus Berührungen mehr wird
  2. Woher kommt die Berührung?

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