Imec Technology Forum

Präzisionsmedizin

5. Oktober 2016, 11:04 Uhr | von Jan Provoost
© IMEC

Ein Schwerpunkt des diesjährigen Imec Technology Forums (ITF) war die »Präzisionsmedizin«, eine vergleichsweise junge Forschungsdisziplin. Dabei geht es um stärker patientenorientierte und effektivere Behandlungsmethoden bei weniger Nebenwirkungen.

Am Nachmittag des ersten ITF-Tages drehte sich alles um Präzisionsmedizin. Vier Spezialisten referierten über dieses neue Feld der Medizin. Allen gemeinsam war der Wunsch nach Innovation – in Hinblick auf Diagnostik und Instrumentierung sowie Geschäftsmodelle, aber auch bei der Forderung nach einem präventiven und globalen Ansatz. Im Anschluss an diese Vorträge fand eine Diskussionsrunde statt, bei der Fragen des Publikums beantwortet wurden. Hier standen die Kosten der Präzisionsmedizin, die zeitliche Entwicklung sowie die Zertifizierung oder Anerkennung durch Regulierungsbehörden im Mittelpunkt.

Im Abstract dieser Nachmittagssession wird Präzisionsmedizin als ein Satz von Werkzeugen und Vorgehensweisen definiert, der stärker patientenorientierte und effektivere Behandlungsmethoden bei weniger Nebenwirkungen verheißt. Dabei werden Patienten präziser und feiner nach ihrer Anfälligkeit für eine bestimmte Krankheit, ihren Heilungsprognosen sowie ihres Ansprechens auf eine bestimmte Behandlungsmethode klassifiziert. Um diese Klassifikation sowie Diagnosestellungen in großem Maßstab weltweit anwenden zu können, sind einige neue Technologien notwendig.

Die siliziumbasierte Gesundheitsmaschine

Mit einer Beschreibung des aktuellen Zustands des Gesundheitswesens leitete Liesbeth Lagae von Imec ihre Präsentation ein. Es sei »sehr Krankenhaus-zentriert und ineffizient. Die meisten Behandlungen bestehen aus Allround-Medikamenten, die ohne Kenntnis ihrer Wirkung dem einzelnen Patienten verschrieben werden. Eine solche Ineffizienz bestimmt auch Forschung und Entwicklung sowie die Medikamentenherstellung.«

Aus Sicht von Lagae »geht das viel besser, besonders, wenn die Präzisionsmedizin breiten Einsatz findet. Detaillierte persönliche Informationen, beispielsweise zum Erbgut, wird es Ärzten ermöglichen, Patienten auf für sie wirksame Weise zu behandeln.«

Um dies zu realisieren, »benötigen wir neue Technologien, die komplexe Tests in großer Zahl durchführen und Terabyte von gewonnenen Daten auswerten können.« Ein Überblick über Imecs »siliziumbasierte Gesundheitsmaschinen« rundete den Vortrag ab: CMOS-basierte Werkzeuge wie Chip-Plattformen, die etwa DNS-Analysen oder Zell-Identifizierung und -Sortierung durchführen können.

Die elektrische Sprache des Körpers

Kris Famm, bei GlaxoSmithKline für Bioelektromedizin zuständig, demonstrierte einen neuen Behandlungsweg: »Unser Nerven-Netzwerk verbindet sämtliche Organe. Es dient zur Signalübertragung in beide Richtungen und ist eine zentrale Steuerungsachse. Könnten wir den Nerven zuhören und mit ihnen sprechen, eröffneten sich uns Behandlungsmöglichkeiten, die sowohl lokal wirken als auch präzise sind. Klinische Studien deuten an, dass dies tatsächlich funktionieren kann – dass die präzise Stimulation und Unterdrückung von Nervenimpulsen bei der Behandlung vieler Krankheiten wirklich hilft.«

Famm forderte das Publikum auf, bei der Entwicklung dieser Technologie mitzuwirken: »Die geballte Macht der hier versammelten Industrie kann dies vorantreiben. Wir benötigen kleinere und ‚intelligentere‘ Instrumente, mit denen sehr selektive Behandlungen möglich sind.« Er prophezeit miniaturisierte Sensoren und Aktoren, die injiziert werden und auf bestimmte Organe oder einzelne Funktionen zielen, dabei in der Lage sind, feine Nervensignaturen oder molekulare Biomarker zu erkennen. Dabei wies er auch auf die Herausforderungen hin, im Besonderen auf die Probleme, Energie tief ins Gewebe zu transferieren, oder biokompatible Gehäuse zu entwickeln, die über Jahre dicht bleiben.


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