Europäischer Gesundheitskongress 2018

Die digitale Patientenakte soll Tempo aufnehmen

16. Oktober 2018, 15:00 Uhr | Europäischer Gesundheitskongress
Mit der elektronischen Gesundheitsakte soll der Versicherte endlich faktisch Herr seiner Daten werden, meint TK-Vorsitzender Jens Baas.
© Wolfgang Kumm/dpa

Seit Jahren stecken Bemühungen fest, für Gesundheitsdaten gesetzlich Versicherter digitale Zeiten beginnen zu lassen. Jetzt ist die Branche einen Schritt vorangekommen - viele Details sind aber noch zu klären.

Nach jahrelangem Gezerre um zusätzliche Funktionen der elektronischen Gesundheitskarte will die Regierung jetzt bei der Digitalisierung vorankommen. Im Koalitionsvertrag ist für spätestens 2021 die Einführung elektronischer Patientenakten vereinbart, die Versicherte freiwillig nutzen können - auch per Smartphone oder Tablet-Computer. Einige gesetzliche und private Kassen haben bereits Angebote für digitale Akten gestartet, die auch offen für einen gemeinsamen Standard sein sollen.

Bereits vor zwei Jahren hat zum Beispiel der private Krankenversicherer Axa und CompuGroup Medical die Plattform »Meine Gesundheit« gegründet, die auch eine elektronische Patientenaktie bereitstellt. Im vorigen Jahr haben sich auch der PKV-Marktführer Debeka und die Versicherungskammer Bayern beteiligt und Anfang dieser Woche hat auch die HUK-Coburg verkündet dabei zu sein.
 
Doch auch in der GKV sind die Kassen aktiv: Im März und im Juli ließ die AOK in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin zwei ePA-Pilotprojekte unter der Bezeichnung „Digitales Gesundheitsnetzwerk“ online gehen. Die Techniker Krankenkasse stellte im April ihr gemeinsam mit IBM entwickeltes ePA-Projekt »TK-Safe« vor. Und im Juli stellte ein Konsortium aus 90 Krankenkassen und privaten Krankenversicherungen ihre gemeinsame Plattform „Vivy“ vor. Etwa 25 Millionen Versicherte können »Vivy« per App nutzen – unter anderem der DAK-Gesundheit, der Innungskrankenkassen IKK classic, IKK Nord und IKK Südwest sowie der Betriebskrankenkassen pronova BKK, BKK Gildmeister Seidensticker, BKK Stadt Augsburg, BKK Melitta Plus, Bertelsmann BKK, BKK HMR, BKK Dürkopp Adler, BKK Diakonie, Heimat Krankenkasse und mhplus. Aus der PKV sind dabei: die Allianz Private Krankenversicherung und die Barmenia sowie ab Februar 2019 auch die Gothaer.

Allerdings verzögert sich die Anbindung aller Arztpraxen an die neue Datenautobahn des Gesundheitswesens wegen fehlender Geräte. Bis Jahresende dürften maximal 50 000 der insgesamt 150 000 Praxen von Ärzten und Zahnärzten damit ausgestattet sein, hieß es bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Vor diesem Hintergrund hatte das Gesundheitsministerium die eigentlich bis 31. Dezember gesetzte Frist für den Anschluss ans Netz bis Ende Juni 2019 verlängert.

Hinzu kommt, dass die technischen Standards unterschiedlich sind. Kritiker, etwa der Marburger Bund, fürchten, wenn Patienten ihre Daten nicht von Kasse zu Kasse mitnehmen könnten, werde das Recht auf freie Wahl der Krankenkasse ausgehebelt und somit Wettbewerb behindert. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat bereits einen Gesetzentwurf vom Bundeskabinett beschließen lassen, der vorsieht, dass die Gematik die elektronischen Patientenakten zertifizieren soll, um einen ungehinderten Kassenwechsel sicherzustellen und ausreichenden Datenschutz zu gewährleisten. Regeln dafür soll die Gematik bis Ende des Jahres vorlegen – obwohl sie sich damit seit 2005 so schwer getan hat.

Was eine digitale Gesundheitsakte mit dazugehörigen App alles leisten kann, diskutieren unter dem Titel »Hallo, ich bin Vivy - die neue Gesundheitsakte stellt sich vor!« auf dem Europäischen Gesundheitskongress 2018 in München: Dr. Hajo K. Hessabi, Stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes der DAK-Gesundheit, und Christian Rebernik, CEO und Co-Founder der Vivy GmbH.

 

(dpa/me)


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