EU-Forschungsprojekt »Babylux«

Sauerstoffversorgung unter Aufsicht

3. März 2014, 12:50 Uhr | Marcel Consée
Im EU-Forschungsprojekt »Babylux« haben sich neun Partner aus vier europäischen Ländern zusammengeschlossen
© Fraunhofer IPT

Babys, die vor der 28. Schwangerschaftswoche zur Welt kommen, bleiben oft monatelang unter Intensivpflege im Krankenhaus, denn ihr Sterberisiko in dieser Zeit liegt bei rund 20 Prozent. Ungefähr ein Viertel dieser besonders empfindlichen Frühchen leiden auch im späteren Leben noch unter Beeinträchtigungen, oft aufgrund von Gehirnschädigungen. Ein EU-Projekt will Lücken in der Frühgeborenen-Medizin schließen.

Insgesamt neun Partner aus vier europäischen Ländern haben sich im EU-Forschungsprojekt »BabyLux« zusammengeschlossen, um ein neues optisches Messinstrument auf Basis der Nahinfrarotspektroskopie zu entwickeln: Damit soll sich die Sauerstoffversorgung im Gehirn von Frühgeborenen, die vor der 28. Schwangerschaftswoche zur Welt gekommen sind, nicht-invasiv und schmerzfrei besonders exakt und zuverlässig messen lassen. Deuten sich aufgrund der Messdaten Komplikationen an, können Mediziner schneller eingreifen und so das Risiko von Gehirnschädigungen und Spätfolgen wie Behinderungen senken. Mit Hilfe der optischen Messtechnik könnten allein in Europa mehr als 1000 Kinder pro Jahr vor den Folgeschäden einer Sauerstoffunter- oder -überversorgung bewahrt werden, schätzen die Forscher.

Das BabyLux-Messinstrument ist so handlich konzipiert, dass es problemlos neben dem Kinderbett Platz finden kann. Seine Messungen sollen innerhalb weniger Minuten zuverlässige Ergebnisse liefern und können in besonders kritischen Fällen auch zu einer kontinuierlichen Überwachung herangezogen werden.

Im Projekt »BabyLux« wirken neben dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT aus Aachen und PicoQuant aus Berlin das  ICFO-Institute of Photonic Sciences, Hemophotonics und das Competitive Network aus Spanien, die dänische Capital Region sowie die italienische Fondazione IRCCS Ca' Granda Ospedale Maggiore Policlinico mit. Die Federführung des Projekts liegt bei der italienischen Politecnico di Milano mit der Fondazione Politecnico di Milano. Die Europäische Kommission fördert »BabyLux« im ICT Policy Support Programme (ICT PSP) als Teil des »Competitiveness and Innovation«-Rahmenprogramms für drei Jahre und unterstützt eine sechsmonatige Erprobungsphase im Mangiagalli Hospital in Mailand sowie am Rigshospitalet in Kopenhagen.

Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT in Aachen hat im Projekt die Aufgabe übernommen, eine faserbasierte kompakte Sonde für das System zu entwickeln, die parallele Messungen anhand zweier Spektroskopieverfahren ermöglicht. PicoQuant befasst sich mit der Entwicklung speziell gepulster Diodenlaser und einer sehr empfindlichen, zeitaufgelösten Detektion der vom Blut absorbierten sowie rückgestreuten Anteile des Laserlichtes. So kann nicht-invasiv und dauerhaft die Sauerstoffversorgung im Gehirn überwacht werden. Die Integration dieser Komponenten in ein klinktaugliches Gesamtsystem erfolgt dann beim spanischen Projektpartner Hemophotonics.

»Wir freuen uns sehr, ein europäisches Projekt mit solch enormer Bedeutung auf die Beine gestellt zu haben«, berichtet Projektkkordinator Alessandro Torricelli, Associate Professor am Dipartimento di Fisica des Politecnico di Milano. »Unser Ziel ist es, mit dem Projekt »BabyLux« eine Lücke in der Intensivpflege von Frühgeborenen zu schließen. Denn bis heute gibt es keine zuverlässigen Instrumente, mit denen wir die Blut- und Sauerstoffversorgung im Gehirn von Frühgeborenen so gründlich überwachen können. Durch die Zusammenarbeit von Ingenieuren, Medizinern und mittelständischen Unternehmen aus vier europäischen Ländern können wir am Ende der dreijährigen Förderung einen bedeutenden Schritt vorankommen – und viel für die Zukunft unserer Kleinsten tun.«

Nach Informationen einer WHO-Studie von 2012 werden jährlich weltweit mehr als 15 Millionen Babys zu früh geboren. Über 80 Prozent aller Frühgeborenen kommen in der 32. bis 37. Schwangerschaftswoche zur Welt. Und mehr als drei Viertel von Ihnen überleben heute dank guter medizinischer Versorgung auch ohne intensivmedizinische Betreuung. Doch Babys, die extrem früh zur Welt kommen, also vor der 28. Schwangerschaftswoche, haben es besonders schwer. Sie bilden mit 0,5 Prozent aller Geburten immer noch eine recht große Gruppe – mehr als 25 000 Babys pro Jahr allein in Europa. Sie bleiben oft monatelang unter Intensivpflege im Krankenhaus, denn ihr Sterberisiko in dieser Zeit liegt bei rund 20 Prozent. Ungefähr ein Viertel dieser besonders empfindlichen Frühchen leiden auch im späteren Leben noch unter Beeinträchtigungen, oft aufgrund von Gehirnschädigungen.


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