BMBF-Projekt EPItect

Anfall-Warner

10. Mai 2016, 10:30 Uhr | Marcel Consée
Der Messfühler wird im Ohr befestigt und ein Smartphone übermittelt die Daten an einen Rechner, der die Signale auf epileptische Anfälle hin auswertet.
© Rainer Surges

Für Epilepsie-Patienten und behandelnde Ärzte ist es bislang eine Herausforderung, ohne stationäre Aufzeichnungsgeräte die Häufigkeit und Schwere von epileptischen Anfällen richtig einzuschätzen. Ein Konsortium entwickelt nun ein mobiles Sensorsystem.

Das Projekt »EPItect« wird vom Bundesforschungsministerium (BMBF) in den nächsten drei Jahren mit rund zwei Millionen Euro gefördert. 635.000 Euro fließen davon in das Universitätsklinikum Bonn. Bei der Umsetzung des anspruchsvollen Vorhabens erhält das Konsortium Unterstützung durch den Projektträger VDI/VDE Innovation + Technik.

Epileptische Anfälle können ganz unterschiedlich ablaufen: Manche Betroffene schmatzen, andere nesteln unmotiviert an ihrer Kleidung herum, wieder andere sind für kurze Zeit komplett weggetreten und einige erleiden tatsächlich die für typisch gehaltenen Muskelzuckungen. »Es ist nicht leicht, alle Symptome richtig einzuordnen«, sagt Prof. Dr. Christian E. Elger, Direktor der Klinik für Epileptologie des Universitätsklinikums Bonn. Teilweise finden die Anfälle auch während des Schlafs statt, dann bekommen die Betroffenen häufig gar nichts davon mit. »Wir schätzen, dass die Patienten maximal die Hälfte ihrer Anfälle bewusst wahrnehmen«, ergänzt Privatdozent Dr. Rainer Surges, Leitender Oberarzt an der Uniklinik für Epileptologie und Koordinator des Verbundprojektes.

Diese subjektive Fehleinschätzung der Anfallshäufigkeit und -stärke erschweren sowohl die Diagnose als auch die Therapie von Epilepsien. Die „Gewitterstürme im Gehirn“ lassen sich meistens eindeutig mittels Elektroenzephalografie aufzeichnen, doch dafür ist ein Klinikaufenthalt erforderlich. »Mobile Messgeräte würden sich in die alltäglichen Abläufe der Patienten viel besser integrieren lassen«, sagt Dr. Surges.

Die Firma Cosinuss aus München hat bereits einen Prototypen eines Epilepsiesensors entwickelt, der wie ein Hörgerät im Ohr befestigt wird. Das Messgerät soll noch weiter miniaturisiert und für diesen Zweck optimiert werden.

»Wir haben in einer von der Marga und Walter Boll-Stiftung geförderten Vorstudie festgestellt, dass sich epileptische Anfälle recht gut über einen beschleunigten Puls und bestimmte Bewegungsmuster feststellen lassen«, berichtet Dr. Surges. Diese Symptome kann der kleine Knopf im Ohr messen. Er soll die Signale über ein angeschlossenes Smartphone an einen Zentralcomputer weitergeben, der die eingehenden Daten kontinuierlich auf Auffälligkeiten prüft und notfalls Patienten, Angehörige und behandelnde Ärzte warnt. Denn im schlimmsten Fall können epileptische Anfälle tödlich ausgehen, wie beispielweise durch schwere Unfälle mit tödlich verlaufenden Verletzungen oder durch einen Herzkreislaufstillstand beim sogenannten plötzlichen unerwarteten Tod bei Epilepsie.

Das EPItect-Konsortium besteht aus fünf Einrichtungen und zwei assoziierten Partnern aus Deutschland: Uniklinik für Epileptologie Bonn, Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik ISST, Klinik für Neuropädiatrie der Universität Kiel (UKSH), Norddeutsches Epilepsiezentrum in Schwentinental-Raisdorf, Cosinuss München, Hochschule für Gesundheit Bochum und Epilepsie Bundes-Elternverband e.V. Wuppertal.


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