»Labor der Zukunft«

Im 40-Tonner Proben sammeln

30. September 2013, 11:22 Uhr | Nach Unterlagen von EBV Elektronik und des Fraunhofer IBMT

Im Dienste der Umweltprobenbank rollt seit Januar 2013 ein mobiles Labor des Fraunhofer-Instituts für Biomedizinische Technik (IBMT) durch Deutschland. Bei dieser Entwicklung aus dem Projekt »Labor der Zukunft« ist EBV Elektronik als Projektpartner mit von der Partie.

Vierzig Tonnen schwer und achtzehn Meter lang ist das weltweit einzigartige mobile Labor.
Es fungiert als zentrale Probensammelstelle für die Umweltproben-bank und ist nach den neuesten technischen und Qualitätsstandards der Medizin und Biotechnologie ausgestattet.
Seit mehr als 30 Jahren bildet die Umweltprobenbank ein zentrales Element der Umweltbeobachtung in Deutschland und bildet sozusagen das Schadstoffgedächtnis für Deutschland. Für diese Datenerhebung analysieren Forscher in regelmäßigem Turnus Tiere, Pflanzen, Gewässer und Menschen. Seit Januar 2012 ist die Arbeitsgruppe »Umweltprobenbank des Bundes - Humanproben« des Fraunhofer IBMT für das Gewinnen und Lagern der menschlichen Proben verantwortlich. Im Auftrag des Umweltbundesamts sammeln die Forscher jährlich an vier Standorten in der Bundesrepublik Blut- und Urinproben von jeweils 120 Freiwilligen für die besagte Datenbank.

Bild 1: Der Labor-Truck besitzt qualifizierte Behandlungs- und Laborkapazitäten für medizinisch-epidemiologische Anwendungen
Bild 1: Der Labor-Truck besitzt qualifizierte Behandlungs- und Laborkapazitäten für medizinisch-epidemiologische Anwendungen

Jährlich gewinnt das Fraunhofer IBMT auf diese Weise bis zu 13  200 Einzelproben (Bild 1).
Durch die wiederholte Untersuchung von vergleichbaren Personengruppen in regelmäßigen Zeitabständen lassen sich zum Beispiel Schadstofftrends langfristig verfolgen. »Somit lassen sich auch noch nach Jahrzehnten retrospektiv Substanzen nachweisen, die zum Zeitpunkt der Einlagerung der Proben noch nicht bekannt oder analysierbar waren beziehungsweise bislang nicht für bedeutsam gehalten wurden«, betont Prof. Dr. Heiko Zimmermann, Institutsleiter des Fraunhofer IBMT. »Die Qualität der Proben muss also auf eine Ebene gehoben werden, die nicht nur wissenschaftlich, sondern auch produktionstechnisch fundiert ist.« Der Schlüssel dazu sind laut Zimmermann nicht zuletzt interdisziplinäre Kooperationen zum Beispiel mit dem Distributor EBV Elektronik.

Zusammenarbeit über die Halbleiter hinaus

»Bei diesem Projekt geht unsere Zusammenarbeit über die Halbleiter hinaus bis auf die Systemebene«, schildert Bernd Pfeil, Vice President Sales & Marketing Central Europe von EBV Elektronik. So entstehen mithilfe von EBV »intelligente«, vernetzte Labore. NFC, HF und Stromversorgung sind nur einige Stichworte, die in diesem Zusammenhang zu nennen sind.
Die Herausforderungen sind vielschichtig: So hat zum Beispiel Power-
Management in einem mobilen Labor ganz andere Dimensionen als auf einem Industriegelände. Robustheit und Sicherheit spielen hier eine sehr große Rolle, genauso wie die Zutrittskontrolle zum mobilen Labor und letztlich die Vernetzung bis auf Proben-Ebene. Einerseits sind die fahrzeugtechnischen Komponenten und technischen Anlagen über fahrzeugspezifische Feldbussysteme wie CAN-Bus verbunden. Das ermöglicht beispielsweise die Ferndiagnose der relevanten Systeme aus einer Leitzentrale. Andererseits werden gerade auch die Laborgeräte und analytischen Instrumente von den Forschern busfähig gemacht und sollen in Zukunft ihre Betriebszustände und auch die Analyseergebnisse so weiterleiten können - natürlich über eine Verschlüsselung und Authentifizierung per Transponder oder Smart-Card. Eine Anbindung an die Cloud ist derzeit noch in der Entwicklung.
Oberste Prämisse für die Forscher ist der Personen- und Arbeitsschutz: Gesicherte Personal- und Materialschleusen gehören deshalb genauso zum Standard wie der leichte Unterdruck im Labor, der dafür sorgen soll, dass gefährliche Stoffe nicht nach außen dringen.
Die Ziele von Zimmermann und seinen Projektpartnern sind ehrgeizig: »Wir wollen eine Qualität der Dokumentation schaffen, die es bis heute noch nicht gibt. Wir arbeiten im biotechnischen Labor nach strengen Vorschriften - den Standard Operating Procedures. Diese SOPs wollen wir weitgehend in das Labor integrieren, so dass wir weg kommen vom papierbasierten, hin zum automatisierten Labor. Für uns ist das der erste Schritt zu Big Data, und in der Probe laufen alle Fäden zusammen.«

Kann Elektronik bei -196 °C arbeiten?

Bild 2: Die Proben werden bei -140 °C in flüssigem Stickstoff eingelagert - eine Herausforderung für jeden Halbleiter
Bild 2: Die Proben werden bei -140 °C in flüssigem Stickstoff eingelagert - eine Herausforderung für jeden Halbleiter

Das bedeutet auch, dass die Informationen direkt in der Probe auf einem Chip gespeichert werden müssen. Es galt, die für die Probe relevanten Daten bei Temperaturen bis -196 °C speichern und auslesen zu können. Zudem muss schon von außen klar ersichtlich sein, wo sich die Probe im Behälter befindet.

Denn das Material unnötigerweise herauszunehmen, könnte die Qualität verfälschen oder die Probe zerstören (Bild 2). Auch hier ist die Halbleiterexpertise von EBV nützlich gewesen, denn eine Lösung von der Stange gab es in diesem Fall nicht - selbst für extreme Einsatzbedingungen spezifizierte Bauteile fallen erst einmal aus dem Raster. Außer der extremen Kälte muss der Halbleiter auch mit dem feuchten biologischen Umgebungsmilieu zurechtkommen.
Gelöst hat der Distributor die Herausforderung dennoch in enger Zusammenarbeit mit dem ausgewählten Halbleiterhersteller. Qualifiziert und validiert wurde der Chip vom Fraunhofer-Institut nach eigens entwickelten Testverfahren - wie die Simulation von Temperaturstress in flüssigem Stickstoff.

Bild 3: Proberöhrchen mit integriertem Speicherchip und RFID-Transponder sind die Kernelemente der »intelligenten« Lagertechnik
Bild 3: Proberöhrchen mit integriertem Speicherchip und RFID-Transponder sind die Kernelemente der »intelligenten« Lagertechnik

Durch die Integration von Tieftemperatur-tauglichen RFID-Transpondern lässt sich ein Probenbehältnis nun jederzeit kabellos im Prozess identifizieren und nach einer neuartigen Methode in flüssigem Stickstoff bei -140 °C lagern (Bild 3).
Die Anlaufstelle für die Umweltprobenbank ist nach den Worten von Zimmermann nur eine von vielen Anwendungsmöglichkeiten, die für ein mobiles Labor in Frage kommt. »Wir haben eine Basis und wissen, wie das Prinzip funktioniert. Adaptionen sind also in viele Richtungen möglich«, so Zimmermann. Denkbar wäre beispielsweise ein mobiles Impflabor oder ein rollendes Behandlungszimmer, wenn irgendwo in Deutschland eine Seuche auftreten würde.
Wenn es nach Zimmermann geht, dann ist der mobile Labor-Truck nur der erste Meilenstein auf dem Weg in Richtung automatisiertes Labor. Eine Hürde sind die derzeit noch fehlenden Standards. Um hier einen entscheidenden Schritt vorwärts zu kommen, wollen die Projektpartner den Verein »Labor der Zukunft« gründen. Gründungsmitglieder sind das Fraunhofer IBMT, EBV und weitere Zulieferer.

 


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