Impedanzanalysatoren

Verräterischer Widerstand

6. Dezember 2018, 15:54 Uhr | Jan Hein Broeders (Analog Devices)
Im Alltag begegnet uns die Impedanzanalyse vor allem in Körperfettwaagen.
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Wer sich gesund fühlt, muss es nicht unbedingt sein. Denn über den tatsächlichen Zustand entscheidet nicht der Kopf, sondern Physik und Elektronik, zum Beispiel mithilfe der Impedanzanalyse. Die Chips für die Messung sind im Idealfall echte Alleskönner.

Wer kennt das ohm´sche Gesetz nicht? Bei Gleichspannungen erklärt es, dass der Strom durch einen Leiter zwischen zwei Punkten direkt proportional zur Spannung zwischen diesen beiden Punkten ist. In anderen Worten: Der elektrische Widerstand eines Leiters ist konstant und unabhängig von Strom und Spannung. Bei Wechselspannungen ändert sich die Situation komplett und es wird »komplex«. Der Widerstand wird zu einer Impedanz, die als Spannungs- und Stromverhältnis in der Frequenzdomäne definiert ist. Die Magnitude oder der Realteil repräsentiert das Verhältnis zwischen Spannung und Strom, wobei die Phase oder der Imaginärteil ein Maß für die Phasenverschiebung zwischen den beiden Größen ist.

In der Medizin ist die Impedanz nicht nur ein Wert für elektronische Geräte, sondern auch für die Gesundheit. Mit ihr lassen sich verschiedene Materialien charakterisieren, was insbesondere über die Ausnutzung der Zeit- und Frequenzabhängigkeit geschieht (Impedanzspektroskopie). In den Lebenswissenschaften ist die Methode vor allem für Messung in Körperfettwaagen bekannt. Darüber hinaus gibt es einige Ansätze, um bestimmte Körperparameter abzurufen, Krankheiten zu erkennen sowie Körperflüssigkeiten wie Blut oder Speichel zu analysieren. Obwohl das gewünschte Ergebnis – der Wert der Impedanz – stets das gleiche ist, hat jede Messung ihre ganz eigenen Schlüsselanforderungen. Das gilt auch für die verwendeten Chips.

Chips für die Impedanzanalyse sind relativ neu. Die ersten Familien kamen etwa vor 15 Jahren auf dem Markt. Auch wenn diese heute noch ihre Aufgaben erfüllen, sind sie für die heutigen Anwendungen nicht immer die beste Lösung. Mit dem Trend zu tragbaren Geräten und batteriebetriebenen Systemen ist die Hauptanforderung nun, die erforder­lichen Leistungsniveaus in einem möglichst kleinen Formfaktor zu erzielen und das bei so geringer Sztromaufnahme wie möglich (<80 µA). Moderne Chips, zum Beispiel der Impedanzanalysator AD594x von Analog Devices (Bild 1), verfügen daher über deutlich mehr Funktionen und können für verschieden Verfahren genutzt werden, zum Beispiel für die Messung der elektromodalen Aktivität (EDA) oder des Hautleitwerts (GSR), für Körperleitwert-Analysen, Feuchtigkeitsmessungen sowie biochemische Analysen.

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Bild 1. Blockdiagramm AD594x auf hoher Ebene.
© Analog Devices

Stress messen

Hohe Ansprüche an uns selbst, gesellschaftlicher Druck oder Probleme im Job – das Leben steckt voller Herausforderungen. Die meisten Menschen geraten dadurch immer wieder unter Stress. Das ist normal. Schwierig wird es dann, wenn Stress zum quälenden Dauerzustand wird und sich sowohl körperlich als auch psychisch bemerkbar macht. Die gute Nachricht: Das alles lässt sich mithilfe eines Zweidraht-Messprinzips für die relative Impedanz berechnen. Denn in stressigen oder emotionalen Situationen aktiviert das sympathische Nervensystem des menschlichen Körpers die Schweißdrüsen in der Haut. Ihre Leitfähigkeit erhöht sich, was in einem messbaren Abfall der Impedanz resultiert.

Die Überwachung der Hautimpedanz ist eine voltammetrische Messung. Dabei wird ein Anregungssignal über der unbekannten Impedanz (in diesem Fall der Haut) angelegt und die Spannung an der Impedanz gemessen. Abwechselnd wird der Strom durch die Impedanz gemessen und eine Diskrete Fourier-Transformation (DFT) mit den Ergebnissen des Analog-Dogotal-Wandlers durchgeführt, um die Änderung der Impedanz zu berechnen.

Bild 2 zeigt das Hochebenen-Messprinzip einer solchen Messung. Diese wird bei einer Anregungsfrequenz nahe an DC gemacht. Damit die Elektroden nicht polarisieren und um Schäden für das menschliche Gewebe zu vermeiden, sollte statt Gleichspannung eine niederfrequente Frequenzanregung verwendet werden, maximal 200 Hz. Höhere Frequenzen würden in den Körper eindringen und sind dadurch nicht nur auf der Hautoberfläche messbar. Abhängig vom Ort der Elektroden auf dem menschlichen Körper variieren die Änderungen des Leitwerts mit den Emotionen oder der psychischen Verfassung.

Da es keine direkte Gleichung für die Impedanzänderung in Abhängigkeit von psychischen Belastungen gibt, erfolgt die Messung üblicherweise parallel mit anderen Messungen wie Herzfrequenz und/oder Herzfrequenzvariabilität. Ein Algorithmus übersetzt dann die unterschiedlichen Ergebnisse in einen Wert für das Stressniveau. Die EDA/GSR-Technik für Stress benötigt in der Regel eine kontinuierliche 24/7-Messung – der AD594x (Kasten) ist dafür entwickelt. Seine Stromaufnahme liegt unter 80 µA bei einer Ausgangsdatenrate von 4 Hz. Die Messmethode ist auch ein gängiges Verfahren für die Schlafanalyse.

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Funktionen und Schlüsselspezifikationen des AD594x 

Der AD594x ist ein Impedanzanalysator mit vielfachen Funktionen, der für Anwendungen in der Medizin und Industrie maßgeschneidert ist. Das analoge Front-end (AFE) ist vollständig konfigurierbar und kann modifiziert werden, um eine weite Palette an unterschiedlichen Anwendungsfällen zu unterstützen, wie elektrodermale Aktivität (EDA) oder Hautleitwert (GSR), Körperleitwertanalysen, Feuchtigkeitsmessungen und biochemische Messungen. Das AFE hat eine stromsparende Betriebsart, um tragbare und batteriebetriebene Systeme zu unterstützen. Parallel dazu hat der Chip die Fähigkeit, auf der Diagnose basierende Hochleistungs-Applikationen zu unterstützen, wie sie hauptsächlich in Kliniken und Laboren zu finden sind.

Der AD594x ist um drei Hauptfunktionsblöcke herum entwickelt: eine Eingangs-Empfänger-Signalkette, ein Signalgenerator & Übertragungskanal und einem Sequenzer mit einer DFT-Engine (diskrete Fourier Transformierung), um komplexe Impedanzen zu messen. Die Anregungsschleife mit dem Empfangs­kanal kann abhängig vom Anwendungsfall unterschiedlich konfiguriert werden. Für Anwendungen, die eine Sensor-Anregung von DC bis zu 200 Hz erfordern, kann der verlustleitungsarme DA-Wandler und der rauscharme Potentiostat-Verstärker eingesetzt werden. Für Applikationen, die höhere Anregungsfrequenzen bis 200 kHz benötigen, wird der integrierte schnelle D/A-Wandler verwendet. Der D/A-Wandler kann sinus- und trapezförmige Signale erzeugen. Für beide Betriebsarten, ob schnell oder verlustleistungsarm, wurde ein spezieller Transimpedanz-Verstärker integriert. Jeder hat eine programmierbare Transimpedanz, um eine große Palette an Sensoren zu unterstützen, die an das AFE angeschlossen werden können. Der Ausgang kann in die zweite Stufe des Eingangs-Empfangskanals gemultiplext werden. An diesem Punkt können auch zusätzliche Kanäle gemessen werden wie externe Spannungen und Ströme oder interne Diagnosesignale wie die Versorgungsspannung, Temperatur sowie die Referenzspannung. Der Ausgang dieses Multiplexers, der als Kanalwahlschalter arbeitet, ist über einen Buffer, einen programmierbaren Anpassungsverstärker und ein Anti-Aliasing-Filter, an einen 16-Bit-SAR-A/D-Wandler (Successive Approximation Register) mit 800 kS/s angeschlossen.

Die Ausgangsdaten können in einem FIFO (SRAM) gespeichert werden; sie generieren einen Interrupt für den Prozessor, um die Daten zu lesen, wenn das FIFO voll ist. Der A/D-Wandlerausgang kann auch an eine DFT-Engine auf dem Chip geschaltet werden, um Verstärkungs- und Phaseninformationen aus der gemessenen Impedanz zu extrahieren und den Prozessor zu entlasten. Eine dritte Option ist es, ein SINC-Filter zum Überabtasten und Mitteln einzusetzen, um das gesamte Signal-Rauschverhältnis zu verbessern.

Das digitale Back-End ist über eine SPI-Schnittstelle konfigurierbar und hat eine eingebaute Zustandsmaschine. Diese ist vom Anwender programmierbar und kann eine Messung in einer vorgewählten Sequenz ausführen, einschließlich der automatischen Kalibrierung, bevor die Messung erfolgt. Der analoge Teil arbeitet mit Versorgungsspannungen von 2,7 V bis 3,6 V, während die digitale Schnittstelle mit 1,8 V kompatibel ist.

 

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Bild 2. Prinzip der EDA- oder GSR-Messung.
© Analog Devices

  1. Verräterischer Widerstand
  2. Bio-Impedanz-Analyse

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