VDE Positionspapier

32 Wege aus dem MDR-Chaos

30. Juni 2022, 11:50 Uhr | Ute Häußler mit VDE-Material
Christian Otto Erbe ist Geschäftsführer der Erbe Elektromedizin GmbH und Stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Biomedizinische Technik im VDE (VDE DGBMT).
© VDE

VDE will mit Handlungsempfehlungen Herstellern bei der MDR-Umsetzung helfen.

Das Positionspaier »Europäische Verordnung über Medizinprodukte (MDR): Empfehlungen zur Umsetzung der Anforderungen« des VDE benennt die dezidierten Probleme der MDR-Praxisumsetzung und empiehlt konkrete Nachbesserungen.

Grund für die Ausarbeitung der Handlungsempfehlungen ist die für viele Medizingeräte-Hersteller viele zu komplizierte Verordnung, die seit 2021 gilt und deren Übergangsfrist 2024 endet. Ab dann dürfen nur noch MDR-fähige Produkte am Markt sein. In der Folge warnen Krankenhäuser vor Engpässen bei der Versorgung mit lebenswichtigen Medizinprodukten.

Wie auch der BVMed und andere Medizintechnikverbände sieht der VDE eine große Gefahr, dass dadurch die rigiden und teilweise unklaren Regeln, dem erhöhten Dokumentationsaufwand, Engpässen beim Personal, in der Entwicklung und bei den Benannten Stellen viele Medizinprodukte dann nicht mehr auf dem Markt sein werden.

MDR-Dschungel trifft KMU und Benannte Stellen

Es existieren bereits jetzt an die 100 Leitfäden zur Erläuterung des unverständlichen und teilweise fehlerhaften Textes und noch immer gibt es Übersetzungsfehler bei den unterschiedlichen Sprachversionen. »Das trifft vor allem junge, kleine und mittelgroße Hersteller von Medizinprodukten, die nur begrenzte Ressourcen haben, auch Start-Ups und Newcomern wird es schwer gemacht. Daher wird die MDR aller Voraussicht nach dazu führen, dass viele Medizinprodukte und Unternehmen nicht am Markt bestehen können,« sagte Christian Otto Erbe, Geschäftsführer der Erbe Elektromedizin GmbH und Stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Biomedizinische Technik im VDE (VDE DGBMT).

Dazu kommen die bekannten Enpäse bei den Benannten Stellen: Dank MDR dauert die Notifizierung länger, durch erhöhte Anforderungen stehen gleichzeitig weniger Benannte Stellen nach Medizinprodukterichtlinien zur Verfügung. Viele Unternehmen werden aufgrund mangelnder Kapazitäten also gar keine Chance haben, ihre Medizinprodukte neu zertifizieren zu lassen.Dr. Cord Schlötelburg, Leiter VDE Health, sagt: »Hier wäre es sinnvoll, eine EU-Servicestelle für freie Kapazitäten einzuführen.« Zudem drohe eine Bugwelle an Rezertifizierungen zum Ende der Übergangsfrist , die zu einem weiteren Kapazitätsengpass führen wird. Der VDE empfiehlt eine schrittweise Zertifizierung und Fern-Audits.

Realistische Dokumentation + EUDAMED-Trouble

Für einen realistischen Umgang mit Dokumentationsanforderungen denkt der VDE an eine Verlängerung der Übergangsfrist für die Lieferung klinischer Daten im Rahmen des Post-Market-Clinical-Follow-Up (PMCF). Eine MDR-konforme Bescheinigung einer Benannten Stelle könnte dann vorbehaltlich dieses noch zu erbringenden Nachweises als Teil eines Rolling Review ausgestellt werden.

Zudem ist die Europäische Datenbank für Medizinprodukte Eudamed bislang nicht voll einsatzbereit, abgesehen von veralteter Technik und wenig Nutzerfreundlichkeit sind von sechs Datenbankmodulen derzeit nur drei (teilweise) verfügbar. Der Eudamed kommt im Rahmen der MDR allerdings eine wichtige Rolle zu, sie soll als Informationsbasis zu in Verkehr gebrachten Medizinprodukten und als Grundlage für umfangreiche Registrierungspflichten dienen.

»Wenn die EU-Kommission nicht zügig handelt, drohen viele Medizintechnologien 'Made in Europe' nicht mehr auf den Markt zu kommen – mit fatalen Nebenwirkungen für die Patientinnen und Patienten,« befürchtet Prof. Dr.-Ing. Jens Haueisen, Leiter des Instituts für Biomedizinische Technik und Informatik an der Technischen Universität Ilmenau sowie Vorsitzender der VDE DGBMT.

Daher empfiehlt der VDE auch eine umfassende Bewertung, welche Auswirkungen die MDR tatsächlich auf die Patientenversorgung hat. Regulierung ist wichtig, sie darf aber nicht verhindern, dass Patienten von neuen Medizinprodukten profitieren.

 

Infolink:

Download des VDE Positionspapier »Europäische Verordnung über Medizinprodukte (MDR): Empfehlungen zur Umsetzung der Anforderungen«

 


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