electronica 2020

»Auf der eMEC treffen sich nicht nur Elektronikspezialisten«

9. April 2020, 14:06 Uhr | medical design
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Interview mit Reinhard Keil, Embedded Specialist bei Arm

Zur Person

Reinhard Keil studierte Elektrotechnik an der Fachhochschule München. Er ist Co-Entwickler des Keil C51 Compilers, der die Grundlage für den weltweiten Erfolg von Keil Software ist. Nach der Übernahme von Keil Software durch Arm ist Reinhard Keil jetzt Senior Direktor für Embedded Tools.

medical design: In diesem Jahr findet die eMEC bereits zum dritten Mal statt. Was ist für Sie das Besondere an der Veranstaltung?

Reinhard Keil: Das Besondere an der eMEC ist für mich der Bezug zur Realität, also der Kontakt zu den Ärzten und zu den Kliniken. Das finden wir als Unternehmen in unserer täglichen Praxis selten. Natürlich sprechen wir mit den Halbleiterherstellern, aber diese sind eben nicht die Anwender der fertigen Produkte.

Sie beziehungsweise Arm unterstützen das dazugehörige Programmkomitee bereits seit der ersten Stunde. Was reizt Sie an dieser Aufgabe?

Zum einen der Kontakt mit Kollegen aus anderen Unternehmen und Bereichen während der Programmentwicklung. Was ich persönlich auch spannend finde, ist die Bewertung der eingereichten Abstracts. Wobei es uns nicht immer leicht fällt, zu entscheiden, welches eignet sich für das Programm und welches nicht. In der Regel sind zwar die meisten Einreichungen alle auf einem hohen Niveau, aber am Ende des Tages können wir nun einmal nicht alle berücksichtigen.

Woran machen Sie das fest?

Also zum einen haben wir Schwerpunktthemen, die wir als Trends sehen und die in Zukunft wichtig werden. Das ist aber nur ein Entscheidungskriterium. Neben der Qualität als grundsätzliches Merkmal spielt auch die Relevanz der eingereichten Abstracts eine entscheidende Rolle.

Bleiben wir für einen Moment bei den Schwerpunkten: Welche Themen stehen aus Ihrer Sicht 2020 besonders im Fokus und werden dementsprechend auch auf der eMEC im November bespielt?

Ein großer Trend ist künstliche Intelligenz, das ganze Thema rundum um Machine Learning – insbesondere bei der Datenerfassung und in der Diagnostik. Die ganze Tragweite der Anwendungen kommt jedoch erst dann zum Vorschein, wenn wir über möglichst viele Daten verfügen. Damit sind wir auch bei einem großen Arm-Thema, denn die Konnektivität zu der Cloud spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Vielfach erfolgt letztendlich hier die Auswertung der Daten und somit ein Großteil der Befunde. In diesem Zusammenhang kommt dann ein weiteres wichtiges Thema hinzu: die Privatsphäre, denn die Patienten wollen ihre Daten sicher wissen.

Machine Learning oder auch Künstliche Intelligenz als großes und ganzes spielt ja seine Vorzüge derzeit vor allem in der Bildverarbeitung aus. Sehen Sie es auch woanders?

Wir sehen entsprechende Applikationen eigentlich überall. In der Ganganalyse kann beispielsweise mithilfe von MEMS-Sensoren und KI erkannt werden, ob eine Person im Laufe seines Lebens an Parkinson erkrankt. Ähnliche Anwendungen gibt es in der Spracherkennung. Natürlich ist die bildgebende Diagnostik eines der großen Anwendungsgebiete für KI, aber mit Sicherheit nicht das einzige.

In diesem Jahr findet die eMEC wieder im Rahmen der electronica statt. Warum sollten Aussteller den Sprung aus den Messehallen zur Konferenz wagen?

Zum einen ist es der hohe Praxisbezug der eMEC und zum anderen der hohe Grad der Interaktion mit potenziellen Anwendern. Auf der eMEC sind die Spezialisten an einem Ort versammelt, in den Messehallen finden sie diese – wenn sie überhaupt vor Ort sind – nicht so leicht. Hinzu kommt, dass man am Stand für tiefere Gespräche oft kaum Zeit hat. Das heißt, ein potenzieller Neukunde oder ein zukünftiges Anwendungsfeld wird nicht erkannt.

Ein Merkmal der eMEC ist, dass sie nicht nur aktuelle Trends aufgreift, sondern sich auch intensiv mit den Herausforderungen der Medizintechnik-Hersteller und ihren Zulieferern auseinandersetzt. Was sind aus Ihrer Sicht derzeit die größten Baustellen?

In der Medizintechnik gehören vor allem die Regularien zu den größten Baustellen. Bereits in den letzten beiden Jahren haben wir auch im Rahmen der eMEC die MDR (Medical Device Regulation) im Fokus gehabt. Insbesondere die neue Verordnung der EU bringt neben mehr Sicherheit auch reichlich Bürokratie mit sich. Das bremst aus – Innovationen als solches aber auch innovative Start-ups, die sich den Aufwand, der damit verbunden ist, überhaupt nicht leisten können. Das passt irgendwo nicht zusammen. Auf der einen Seite habe ich zum Teil marktreife neue Technologien und auf der anderen Seite, verhindere ich, dass diese den Patienten erreichen.

Sehen Sie noch weitere Hürden, zum Beispiel seitens der Hersteller?

Die Entwickler der Geräte vergessen zu oft die Usability der Produkte. Dabei ist die Gebrauchstauglichkeit nicht nur ein Qualitätsmerkmal, sondern auch ein Erfolgskriterium. Selbst das schönste Produkt kommt nicht zum Einsatz, wenn dessen Bedienung so komplex ist wie die der Apollo 11 – Technologie hin, Technologie her.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Melanie Ehrhardt, Redakteurin meidcal design/medical-design.news

Über die eMEC

Die electronica Medical Electronics Conference ist der Medizintechnik-Treffpunkt während der weltweit führenden Fachmesse für Elektronik (10. – 13. November 2020, München). Hier treffen sich Entscheider und Experten aus beiden Welten – Medizintechnik und Elektronik.

Der Call for Papers zur eMEC am 10. November 2020 im ICM München hat begonnen. Wir laden Sie ein, sich mit einem Beitrag zu bewerben. Über die Annahme Ihrer Einreichungen entscheidet das Programmkomitee bis zum 22. Juni 2020.

 


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