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BVMed veröffentlicht Herbstumfrage 2020

7. Oktober 2020, 7:30 Uhr | BVMed
Dr. Marc-Pierre Möll, BVMed-Geschäftsführer: »Wir wollen einen schnellen Innovationszugang für sicherstellen«.
© BVMed

Medtech-Unternehmen erwarten Umsatzrückgang von 4,9 Prozent

Die COVID-19-Pandemie hat auch auf die Medizintechnik-Branche dramatische Auswirkungen. Die Unternehmen, die im Bundesverband Medizintechnologie e.V. (BVMed), Berlin, organisiert sind, erwarten in diesem Jahr einen Umsatzrückgang von durchschnittlich 4,9 Prozent – nach einem Umsatzplus von 3,3 Prozent im Vorjahr. Der Absturz betrifft vor allem kleinere und mittlere Unternehmen.

»Hinzu kommen starke Rückgänge beim für die Branche so lebenswichtigen Export«, erläuterte BVMed-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll bei der Vorstellung der Ergebnisse der BVMed-Herbstumfrage auf der digitalen Jahres-Pressekonferenz am 1. Oktober 2020. Möll forderte stärkere vor allem regulatorische Entlastungsmaßnahmen für die mittelständisch geprägte MedTech-Branche. 

An der BVMed-Herbstumfrage beteiligten sich 118 Mitgliedsunternehmen, darunter vor allem die größeren Hersteller von Medizinprodukten aus Deutschland und den USA. 

Auswirkungen der COVID-19-Pandemie 

Die mit dem Lockdown verschobenen Operationen und rückgängige Arztbesuche sind die wichtigsten Faktoren für die Umsatzrückgänge der MedTech-Branche in diesem Jahr in Deutschland. 70 Prozent der befragten Unternehmen sind davon betroffen. 57 Prozent nennen die Einschränkungen der Kundenkontakte für den Außendienst als negativen Faktor. Knapp die Hälfte hat unter ausbleibenden Arztbesuchen und dem damit verbundenen Rückgang von Verordnungen zu leiden. 

Trotz der Umsatzeinbrüche ist nach den Ergebnissen der BVMed-Herbstumfrage erkennbar, dass die Unternehmen ihr Personal halten wollen. 55 Prozent halten ihre Mitarbeiterzahl. 27 Prozent schaffen sogar zusätzliche Arbeitsplätze. Trotz erheblicher Einschränkungen im Medizinprodukte-Außendienst geben 93 Prozent der Unternehmen an, im Vertrieb keine Stellen abzubauen. 38 Prozent nutzen die Möglichkeit von Kurzarbeit. 

Stärken und Schwächen des Standorts Deutschland

Als große Stärken des Standorts Deutschland nennen die befragten Unternehmen vor allem die gut ausgebildeten Fachkräfte sowie die gute Infrastruktur. Häufig genannte Stärken sind zudem das hohe Versorgungsniveau der Patienten sowie gut ausgebildete Ärzte, Wissenschaftler und Ingenieure. 

Das beherrschende Thema bei der Frage nach den Hemmnissen für die MedTech-Entwicklung bleibt die neue EU-Medizinprodukte-Verordnung MDR, deren Geltungsbeginn Corona-bedingt um ein Jahr auf Mai 2021 verschoben wurde. 81 Prozent der befragten BVMed-Unternehmen sehen die zusätzlichen MDR-Anforderungen als größtes Hindernis für die künftige Entwicklung der Medizintechnologie-Branche.

Dabei geht es vor allem um die Pflicht zu umfassenden klinischen Daten und um längere Konformitätsbewertungszeiten durch Ressourcendefizite bei den Benannten Stellen. Als größtes Hemmnis der aktuellen nationalen Rahmenbedingungen wird von den MedTech-Unternehmen der Preisdruck durch Einkaufsgemeinschaften genannt.

Gesundheitspolitische Forderungen

56 Prozent der MedTech-Unternehmen sprechen sich für eine vereinfachte Neuzertifizierung für bewährte Bestandsprodukte unter der MDR aus. Über ein Drittel der Unternehmen wünscht sich Förderprogramme für KMUs zur Umsetzung der MDR. Neben dem vorherrschenden Thema MDR stehen auf der gesundheitspolitischen Agenda eine Verkürzung der Dauer der Bewertungsverfahren und eine generell ermäßigte Mehrwertsteuer für Medizinprodukte.

Dr. Meinrad Lugan, Vorsitzender des BVMed-Vorstands, bemängelte die insgesamt zu geringe Aufmerksamkeit der Industrie in Poilitik und Öffentlichkeit. So würden Medtech-Unternehmen im Rahmen der Mittelstandsstrategie der Bundesregierung mit keinem Wort erwähnt. Dabei hat die gerade die Corona-Pandemie gezeigt: »Medizinprodukte und damit auch die Branche sind systemrelevant«, so Lugan. Das gilt auch für Produkte abseits von Beatmungsgeräten und Intensivbetten.

Innovationsklima-Index bleibt auf dem Tiefpunkt 

Auf einer Skala von 0 bis 10 bewerten die Unternehmen das Innovationsklima für Medizintechnik in Deutschland im Durchschnitt mit 4,2. Das ist derselbe Wert wie im Vorjahr und seit der Erhebung des BVMed-Innovationsklima-Index der niedrigste Stand. Als innovativste Forschungsbereiche schätzen die Unternehmen die Kardiologie, die Diagnostik und die Onkologie ein.

39 Prozent arbeiten bei der Entwicklung digitaler Lösungen bereits mit Start-ups zusammen. Das größte Potenzial bei den digitalen Technologien sehen die Unternehmen in Datenanalysen, Apps, Big-Data-Anwendungen und künstlicher Intelligenz.

Das Fazit des BVMed-Geschäftsführers Dr. Marc-Pierre Möll: »Unsere Branche setzt sich dafür ein, den Produktions- und Forschungsstandort Deutschland zu stärken, indem die mittelständisch geprägte Medizinprodukte-Branche als Leitmarkt und starker Wirtschaftsfaktor anerkannt wird. Wir wollen einen schnellen Innovationszugang für moderne Medizintechnologien sicherstellen, insbesondere auch für digitale Gesundheitsanwendungen. Wir müssen sie noch besser wertschätzen und Ergebnisse aus Forschung und Entwicklung künftig schneller in die Versorgungspraxis überführen und qualitätsorientiert vergüten.« (me)


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