»Wir brauchen eine Gesamtstrategie für die MedTech-Branche«
Die industrielle Gesundheitswirtschaft (IGW) ist eine für Deutschland enorm wichtige Wirtschaftsbranche. Sie steht für rund 85 Milliarden Euro Wertschöpfung, ein Exportvolumen von 120 Milliarden Euro und über 1 Million Arbeitsplätze. Darauf hat BVMed-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll zur virtuellen Medica 2020 hingewiesen. Die Medizinprodukte-Industrie ist dabei ein bedeutender Teil der IGW. »Beitrag und Erfordernisse der Branche müssen insbesondere von der Wirtschafts- und Forschungspolitik stärker beachtet werden. Wir brauchen eine Gesamtstrategie für die Medizintechnik-Branche, um Deutschland als Produktions- und Forschungsstandort wieder zu stärken«, so Möll.
Er verdeutlichtet auch noch einmal die Eckdaten der Medtech-Branche
Dennoch mangelt es aus Sicht des Verbandes noch immer an einer ausreichenden Wertschätzung der Branche in der Politik und der Öffentlichkeit. Als Beispiel nannte Möll die Mittelstands-Strategie der Bundesregierung, die die Medizintechnik mit keinem Wort erwähne. Dabei stehen aktuell gerade die mittelständisch geprägten Medtech-Unternehmen unter großem Druck: »Das liegt zum einen an stetig steigenden regulatorischen Anforderungen beispielsweise durch die EU-Medizinprodukte-Verordnung MDR. Zum anderen liegt es an den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie. Unsere Unternehmen leiden vor allem unter der Verschiebung planbarer Operationen, unter weniger Arztbesuchen und damit auch weniger Verordnungen«, so der BVMed-Geschäftsführer.
Die BVMed-Herbstumfrage hatte im Oktober 2020 dramatische Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auch auf die Medizintechnik-Branche gezeigt. Die Unternehmen erwarten in diesem Jahr demnach einen Umsatzrückgang von durchschnittlich 4,9 Prozent – nach einem Umsatzplus von 3,3 Prozent im Vorjahr. »Und das war zu einem Zeitpunkt, als die Heftigkeit der zweiten Welle noch nicht absehbar war«, so Möll. Der Absturz betrifft vor allem kleinere und mittlere Unternehmen. »Hinzu kommen starke Rückgänge beim für die Branche so lebenswichtigen Export.« Der BVMed fordert daher stärkere vor allem regulatorische Entlastungsmaßnahmen für die mittelständisch geprägte MedTech-Branche.
Die größten Hemmnisse in der weiteren Entwicklung der Branche sehen die MedTech-Unternehmen laut BVMed-Herbstumfrage in den stark gestiegenen regulatorischen Anforderungen beispielsweise durch die EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR). 56 Prozent sprechen sich für eine vereinfachte Neuzertifizierung für bewährte Bestandsprodukte unter der MDR aus. Über ein Drittel der Unternehmen wünscht sich Förderprogramme für KMUs zur Umsetzung der MDR. Neben dem vorherrschenden Thema MDR stehen auf der gesundheitspolitischen Agenda eine Verkürzung der Dauer der Bewertungsverfahren und eine generell ermäßigte Mehrwertsteuer für Medizinprodukte.
Das Fazit von BVMed-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll: »Unsere Branche setzt sich dafür ein, den Produktions- und Forschungsstandort Deutschland zu stärken, indem die mittelständisch geprägte Medizinprodukte-Branche als Leitmarkt und starker Wirtschaftsfaktor anerkannt wird. Wir wollen einen schnellen Innovationszugang für moderne Medizintechnologien sicherstellen, insbesondere auch für digitale Gesundheitsanwendungen. Moderne medizintechnologische Lösungen sind faszinierend. Wir müssen sie noch besser wertschätzen und Ergebnisse aus Forschung und Entwicklung künftig schneller in die Versorgungspraxis überführen und qualitätsorientiert vergüten.« (me)