Ein Überblick und Stimmen aus der Praxis: Der BVMed kämpft für eine realistischere Umsetzung der Europäischen Medizinprodukte-Verordung.
Die Überbürokratisierung der neuen EU-Medizinprodukte-Verordnung bringt laut BVMed MedTech-Innovationen zum Erliegen. Knappe Ressourcen sorgen bei den Benannten Stellen sorgen für einen Zertifizierungsstau von Bestandsprodukten. Der Verband will mit konkreten Lösungen und einer #MDREADY genannten Initiative daran mitwirken, dass die Gesundheitsversorgung der Menschen mit Medizinprodukten kontinuierlich gewährleistet bleibt.
Die Hoffnung, nach der einjährigen Verschiebung des MDR-Geltungsbeginns von 2020 auf 2021 ein voll funktionsfähiges System bis zum Geltungsbeginn vorliegen zu haben, ist nach Ansicht des BVMed nicht erfüllt worden. »Von 25.000 benötigten Zertifikaten sind bislang noch nicht einmal 1.000 ausgestellt worden«, erläutert der BVMed. Es gibt dabei nicht nur einen Stau bei der Zertifizierung von Bestandsprodukten, sondern auch einen Stau bei Innovationen, da viele Entwicklungsressourcen in die MDR-Regulatorik gehen.
Der BVMed fordert deshalb einen raschen Ausbau der Kapazitäten der Benannten Stellen, einen sinnvollen und zielgerichteten Einsatz der begrenzten Ressourcen durch einen pragmatischen Umgang mit Bestandsprodukten sowie eine weitere Verschiebung der Übergangsperiode.
»Deutschland droht wegen der MDR-Überbürokratisierung ein Innovationsstau und auch eine Auswanderung vieler deutscher Unternehmen ins Ausland. Darüber müssen wir reden und gemeinsam Lösungen entwickeln«, drängt BVMed-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll.
Nach der deutsch-französischen Initiative der MedTech-Verbände BVMed und SNITEM, um auf europapolitischer Ebene Lösungen für die Herausforderungen bei der Implementierung der neuen EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR) voranzutreiben, haben sich rund 20 weitere nationale Verbände der europäischen MedTech-Branche den Lösungsvorschlägen angeschlossen.
Für die rund 25.000 Zertifikate, die in die MDR überführt werden müssen, sowie für neue Produkte, ist es für den BVMed essenziell, dass schnellstmöglich mehr Benannte Stellen notifiziert werden und die vorhandenen ihre vorhandene Kapazität weiter massiv ausbauen, besser nutzen und vor allem die Prioritäten richtig setzten. Momentan sind insgesamt 28 Benannte Stellen unter der MDR in der NANDO Datenbank gelistet.
Der Verband fordert, dass der Zugang zu den Benannten Stellen erhöht wird und für alle Hersteller gleichermaßen möglich ist. Triagen müssen verhindert werden. Der Designationszeitraum für Benannte Stellen muss verkürzt, laufende Assessments gestrafft, der Zeitpunkt für die Neubewertung verlängert und Anreize für weitere Anträge gesetzt werden.
Der Verband fürchtet, dass die MDR Innovationen ausbremst, Stimmen aus der Praxis bestätigen dies. So sagt Helmut Scherer, CTO der Erbe Elektromedizin auf LinkedIn:
»Das ist eine sehr wichtige Initiative!.[..] Insbesondere die Situation der Benannten Stellen wird falsch eingeschätzt und wieder gegeben - die Herausforderungen sind sehr groß, es ist schwierig neue / zusätzliche Mitarbeiter zu finden und die Verunsicherung der bestehenden Mitarbeiter ist auch sehr groß. In Summe ist der Aufwand in allen Bereichen grösser als aktuell realistisch erfüllbar.«
Karsten Wilbur, Marketing-Direktor bei Smith & Nephew fragt unter dem BVMed-Post auf LinkedIn gar düster: »….ist es schon zu spät?«
Am 18. Mai 2022 wird der BVMed auf der MDR-Branchenkonferenz »Ein Jahr Medical Device Regulation« die Situation mit allen Beteiligten diskutieren. Die Konferenz widmet sich folgenden Schwerpunkten:
Das detaillierte Programm und die Anmeldung sind auf der Webseite des BVMed einzusehen.