Start-Up des Monats »mentalis«

Digitale Nachsorge der Psychotherapie

2. September 2022, 9:03 Uhr | Ute Häußler
Das Team von mentalis sichert nachhaltige Therapieerfolge durch digitale Nachsorge.
© mentalis

Start-Ups trauen sich was. Das Team von mentalis aus Nürnberg wagt sich an die digitale Nachsorge von stationären Psychotherapien - für einen dauerhafteren Therapieerfolg.

Wie lautet euer Elevator Pitch?

Wir wollen mit digitalen, evidenzbasierten Medizinprodukten die Versorgung von Menschen mit psychischen Problemen verbessern. Denn in Deutschland fehlt es nach (teil-)stationärer Klinikaufenthalt an weiterführenden Behandlungen in der Regelversorgung.

Für eine nahtlose Weiterversorgung verbinden wir als Team alle relevanten Aspekte, die von Psychologie und Gesundheitsmanagement über Wissenschaft bis zu Wirtschaft und IT reichen. Dadurch erhalten Patient:innen ein hochwertiges Angebot an digitaler Nachsorge, die nach erfolgter Behandlung im Krankenhaus Therapieerfolge nachhaltig sicherstellt. Unser blended-care Ansatz kombiniert hochwertige und innovative Therapie-Apps mit wöchentlichen psychologischen Tele-Gesprächen. Ein breites inhaltliches Angebot sichert dabei die Weiterversorgung für möglichst viele Patient:innen. Zu den Nachsorgeprogrammen von mentalis zählen u.a.: Alkoholabhängigkeit, Depression, Borderline-Erkrankung, Essstörungen (Anorexia Nervosa; Bulimia Nervosa) sowie ein transdiagnostisches Programm zur Emotionsregulation.

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Die digitale Nachsorge, u.a. per App, soll Menschen mit psychischen Problemen helfen, ihren Therapieerfolg langfristig zu sichern.
© mentalis

Wie seid ihr auf die Idee gekommen?

Wir sind ursprünglich ein Spin-Off des Lehrstuhls für Klinische Psychologie und Psychotherapie der Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg-Erlangen. Einer unserer Gründer und Managing Director – Dr. Christian Lukas – forscht bereits seit knapp zehn Jahren im Bereich E-Mental Health und musste feststellen, dass die Nachsorge bei psychischen Erkrankungen nach einer (teil-)stationären Behandlung oft nicht gesichert ist. Patient:innen müssen sich in der Regel selbst um eine weitere Behandlung bemühen, mit der die bisherigen Therapieerfolge gefestigt werden sollen. Therapieplätze sind in Deutschland jedoch stark begrenzt, die Wartelisten lang und der Prozess komplex. Entsprechend hoch ist die Rehospitalisierungsrate, da die notwendige Infrastruktur für die Weiterbehandlung fehlt.

Mit unserem hybriden Versorgungskonzept schaffen wir einen einfachen, nahtlosen Zugang zu einem individuellen Nachsorgeprogramm, das betroffene Patient:innen bei der Stärkung ihrer mentalen Gesundheit unterstützen kann.  

Was war euer größter Erfolg?

Das sind die Kooperationen mit einer Vielzahl von Krankenkassen, die über 10 Millionen Versicherte auf sich vereinen. Dadurch steht unser Angebot für viele betroffene Patient:innen nun zur Verfügung und kann bei Bedarf in Anspruch genommen werden.

Und der größte Rückschlag?

Wir mussten feststellen, dass Prozesse im deutschen Gesundheitswesen doch oft länger dauern als man zunächst glaubt oder sich wünscht. Insbesondere im Bereich von digitalen Gesundheitsangeboten. Die Bedenken hinsichtlich des Daten- und Patienten:innenschutzes sind auf allen Seiten – ob bei den Patient:innen, den Ärzt:innen oder Krankenkassen – sehr groß. Erfreulicherweise öffnet sich der Sektor hier langsam und wir haben gelernt, dass transparente Kommunikation entscheidend ist, um Bedenken zu zerstreuen, das Verständnis zu erhöhen und Prozesse schließlich in Gang zu bekommen.

Wo seht ihr euch in fünf Jahren?

In fünf Jahren wollen wir mit mentalis als Nachsorgeoption für Patient:innen mit psychischen Erkrankungen etabliert sein und dafür Selektivverträge mit weiteren Krankenkassen abgeschlossen haben. Unsere digitalen Nachsorgeprogramme sollen noch wesentlich mehr Versicherten bei Bedarf zur Verfügung stehen, als dies heute schon der Fall ist, um so auch die Qualität der Versorgung von psychischen Erkrankungen in Deutschland insgesamt zu verbessern.

Darüber möchten wir unser Angebot auf weiteren Märkten in Europa und evtl. auch darüber hinaus, ausrollen. Abgesehen von Deutschland können Patient:innen natürlich auch in benachbarten Ländern von unserem digitalen Nachsorgeangebot profitieren - gerade im Hinblick darauf, dass die Fälle von psychischen Erkrankungen, wie z.B. Depression laut WHO stark zunehmen. Ein umfangreiches Therapieangebot wird daher immer wichtiger.

Wie sieht die Medizin der Zukunft aus?

Die zunehmende Anzahl digitaler Angebote wird das gesamte Gesundheitssystem transformieren. Diese Transformation bringt viele Chancen mit sich – insbesondere durch den Einsatz technischer Innovationen, etwa bei der Diagnose und Behandlung von Krankheiten. Die menschliche Komponente wird trotz aller neuen Technologien und Innovationen nicht auf der Strecke bleiben, sondern stärker im Zentrum stehen und die individuellen Bedürfnisse der Patient:innen in den Mittelpunkt rücken. (uh)

 

Fakten zum Start-Up
Anzahl der Kunden B2B: >50
Gründung 2018
Mitarbeiter 27
Finanzierung Series A-Phase
Webseite www.mentalis-health.com

 


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