Die Gematik strebt an, die elektronische Patientenakte (ePA) für alle Versicherten automatisch einrichten zu lassen. »Wer das nicht möchte, kann aktiv widersprechen.« Der Datenschutzbeauftragte hat Bedenken.
Das vom Bundesgesundheitsministerium kontrollierte und für die Digitalisierung des Geseundheitswesens zuständige Unternehmen Gematik hat auf seiner Gesellschafterversammlung am Montag die automatische Einführung der Elektronischen Patientenakte (ePA) beschlossen. Ein entsprechender Prüfauftrag sei an die Gematik erteilt worden. Prinzipiell solle jede und jeder Versicherte in Deutschland die ePA erhalten, twitterte Gesundheitsminister Karl Lauterbach. »Nur wenn wir #Digitalisierung nutzen, können wir Medizin besser & effizienter machen.«
Im Gegensatz zum bisher gültigen Opt-In-Verfahren, bei dem Patienten nur auf ihren ausdrücklichen Wunsch hin eine digitale Gesundheitsakte bekommen, erhält beim von der Bundesregierung und der Gematik favorisierten »Opt-out«-Verfahren jeder Patient eine ePa - es sei denn er widerspricht der Einrichtung aktiv.
Was kann die elektronische Patientenakte? |
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Die ePA soll beispielsweise Röntgenbilder auf CD, Papierakten und Faxe überflüssig machen. Mediziner, Physiotherapeuten, Pflegekräfte und Hebammen sollen sich mit der digitalen Akte mit wenigen Klicks ein Bild vom Gesundheitszustand ihrer Patienten machen oder eine Krankengeschichte lückenlos einsehen können. Gleichzeitig sollen medizinische Daten in anonymer Form für die Forschung verfügbar gemacht werden. |
Die ePA wurde als freiwilliges Angebot für die 73 Millionen gesetzlich Versicherten am 1. Januar 2021 in einer Testphase gestartet. Bei dem nun ins Auge gefassten Verfahren soll es vier Entscheidungsstufen gehen. In der ersten Stufe geht es um die Einrichtung der ePA an sich. In den weiteren Stufen gehe es um den Zugriff auf die ePA, ihre Befüllung und die pseudonymisierte Datenweitergabe zu Forschungszwecken.
Das neue Verfahren, das einem Vorschlag der Ampelkoalition folgt und nun von der Gematik geprüft wird, soll noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden. »Einen entsprechenden Gesetzentwurf für diese Grundsatzentscheidung werden wir zeitnah vorlegen«, sagte Karl Lauterbach dem Handelsblatt. Die Teilnahme bleibe zwar freiwillig, zitiert ihn die Tageszeitung: »Aber prinzipiell soll jeder gesetzlich Versicherte in Deutschland eine elektronische Patientenakte erhalten, die Nutzung wird somit der Regelfall.« Lauterbach, der letztlich für die inhaltliche Ausrichtung der Gematik verantwortlich ist, riskiert damit einen Konflikt mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber. Dieser hat sich kritisch zum Opt-out-Verfahren geäußert.