In-vitro-Diagnostika

»Es wird sonst zu Produkt-Engpässen kommen«

3. Mai 2021, 8:23 Uhr | Nal von Minden
Konformitätsbewertung für Medizinprodukte stößt bereits heute an Grenzen.
© Pixabay

Nal von Minden fordert Verschiebung der EU-Verordnung für IVDR

Das Medizintechnik-Unternehmen Nal von Minden aus Deutschland fordert eine Verschiebung der neuen EU-Verordnung über In-vitro-Diagnostika. Wegen Corona könne der ursprüngliche Zeitplan der EU nicht eingehalten werden. Derzeit müssen alle Unternehmen, die beispielsweise Schnelltests verkaufen, ihre Produkte neu zulassen. Denn im Mai 2022 tritt die neue, strengere EU-Verordnung für In-vitro-Diagnostik (IVDR) in Kraft.

MDR-Zeitplan kaum einzuhalten

»Wir halten im Interesse aller Bürger eine Verschiebung um ein Jahr für realistisch«, sagt Dr. Gerd Hagendorff, Leiter des Qualitätsmanagements. Im Idealfall trete die neue EU-Verordnung erst 2023 in Kraft und nicht schon im Mai 2022. Es drohen sonst Engpässe bei einigen Produkten, warnt Hagendorff: »Wir stellen über 100 Tests her, die zum Beispiel in der Notfallmedizin in Arztpraxen und Krankenhäusern eingesetzt werden, darunter Herzinfarktmarker und Tumordiagnostik. Stehen Tests nicht mehr im ausreichenden Maße zur Verfügung, könnten Krankheiten im schlimmsten Fall erst verspätet diagnostiziert und behandelt werden.«

Dies betreffe nicht nur Nal von Minden, sondern auch viele andere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie auch Großunternehmen in Deutschland und Europa. »Mit allem Goodwill der Hersteller lässt sich die IVDR in der verbleibenden Zeit nicht umsetzen«, so Hagendorff. Der ursprüngliche Zeitplan der EU sei von vornherein sehr ambitioniert gewesen. Die neue Richtlinie für in-vitro-Diagnostika trat am 26. Mai 2017 EU-weit in Kraft. Anlass war der Skandal um die Brustimplantate. Man wollte mehr Sicherheit für die EU-Bürger im Bereich Medizintechnik. Seitdem haben Hersteller übergangsmäßig fünf Jahre Zeit, die sehr zeit- und arbeitsintensiven Änderungen zu implementieren.

In-vitro-Diagnostik besonders gefordert

Allerdings gab es nicht von Beginn an und mit genügend zeitlichem Vorlauf ausreichend sogenannte Benannte Stellen, die die Produktprüfungen vornehmen. »Leider sind momentan europaweit für alle Hersteller, die in Europa In-vitro-Diagnostika vertreiben wollen, lediglich drei Benannte Stellen am Start«, erklärt Hagendorff. Allein für die über 100 Produkte seines Unternehmens, die einer Anmeldung nach der IVDR bedürfen, wären im besten Fall über 100 Wochen notwendig. Denn pro Produkt veranschlagt die Benannte Stelle jeweils mindestens eine Woche. Dies ist laut Hagendorff bis Mai 2022 kaum zu bewerkstelligen.

Wegen Corona sei der Zeitplan jetzt gar nicht mehr einzuhalten, betont Hagendorff: »Wir haben sämtliche Kapazitäten gebündelt, um bei der Eindämmung der Corona-Pandemie zu helfen. Wir stellen jeden Monat Millionen von Schnelltests her. Da blieb wenig Zeit, sich um die EU-Verordnung zu kümmern.« (me)


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