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Götter in Weiß oder im bunten T-Shirt?

6. August 2019, 9:00 Uhr | Universitätsspital Zürich
Patienten reagieren unbewusst auf das Erscheinungsbild von Arzt und Ärztin. Hugo Sax, Prof. Dr. med., Leiter der Spitalhygiene am Universitätsspital Zürich.
© Universitätsspital Zürich

Die Kleidung von Ärztinnen und Ärzten ist nicht nur Geschmackssache. Die richtige Wahl des Outfits kann sogar den Behandlungserfolg beeinflussen. Das zeigt eine Studie der Spitalhygiene des Universitätsspitals Zürich.

Eine Ärztin im Businesskostüm, ein Arzt in Shorts? Für die meisten passt das nicht zum Bild der »Götter in Weiss«. In einer Studie untersuchte ein Forscherteam am Universitätsspital Zürich, welche Kleidung von Ärztinnen und Ärzten bei den Patienten im Spital am besten ankommt. Ziel der Studie war es aber nicht, zu erfahren, was optisch gefällt. Patientinnen und Patienten reagieren – meistens unbewusst – auf das Erscheinungsbild von Ärztinnen und Ärzten.

Tritt ein Arzt sehr formell auf, traut sich ein Patient möglicherweise nicht, Probleme von sich aus anzusprechen, bei einem legeren Outfit werden Anweisungen zur Medikamenteneinnahme weniger strikt befolgt. »Die Kleidung hat also letztlich auch Einfluss auf den Behandlungserfolg«, erklärt Prof. Dr. Hugo Sax, Leiter der Spitalhygiene am Universitätsspital Zürich. Er und sein Team  haben in der Studie deshalb untersucht, welche Kleidung bei Ärzten im Spital bei Patienten Vertrauen erweckt, bei welcher Bekleidung sie Arzt und Ärztin als zugänglich und fürsorglich erleben, und ob sie auch die Fachkompetenz an einem bestimmten Outfit festmachen.

Im Spital ist weiß noch immer top

Für ihre Untersuchung befragte ein Team der Spitalhygiene Patientinnen und Patienten der Ambulatorien für Dermatologie, Neurologie und Infektionskrankheiten am Universitätsspital Zürich über einen standardisierten, anonymen Fragebogen mit Bildern einer Ärztin und eines Arztes in verschiedenen Kleidungskombinationen. 834 Patientinnen und Patienten gaben Auskunft.

Mehr als ein Drittel der Teilnehmenden gab an, dass das Erscheinungsbild ihres Arztes und ihrer Ärztin wichtig für sie ist. Ein Viertel war der Meinung, dass die Kleidung auch ihr Urteil über die Behandlung beeinflusse. Im Vergleich der verschiedenen Erscheinungsbilder ist die Kombination aus einem weißen Oberteil und traditionellem Ärztekittel die bevorzugte Variante. Sie schnitt zudem insgesamt über alle Kategorien Vertrauen, Zugänglichkeit, Fürsorglichkeit und Fachkompetenz am besten ab.

Auch bei der Frage, welche Kleidung Ärztinnen und Ärzte im Spital generell tragen sollten, war Weiß unbestritten; je nach Einsatzgebiet sind Kittel (zum Beispiel in der Sprechstunde) oder weisse Oberteile (etwa in der Notfallstation) akzeptiert. »Der weisse Ärztekittel ist dabei nicht nur eine Tradition oder ein Statussymbol«, ist Sax überzeugt. »Weil im Spital Personen mit verschiedenen medizinischen Berufen auftreten, hilft die Bekleidung dort, deren Funktionen zu erkennen und zu unterscheiden.«

Weiß oder farbig – Hauptsache sauber

Welche Kleidung für Ärztinnen und Ärzte als angemessen gilt, ist jedoch nach Umfeld und Ländern verschieden. In den USA tragen Ärztinnen und Ärzte eher formelle Kleidung und Männer häufig Hemd und Krawatte unter dem Kittel, während die Pflegenden in simplen, farbigen Oberteilen so genannten »Scrubs« arbeiten.

In der Schweiz trägt medizinisches Personal in den Spitälern außerhalb des Operationsbereichs traditionell weiß. In Hausarztpraxen wird zunehmend Farbiges getragen, und wenn weiss, dann eher ein T-Shirt; der Ärztekittel ist dort inzwischen fast eine Seltenheit. Ob sich dieser Trend zu informellerer Kleidung ähnlich positiv auswirkt wie die weisse Kleidung im Spital, wurde bisher aber nur vermutet und nicht untersucht.

Weiß oder bunt: Gibt es aus hygienischer Sicht Einwände gegen farbige Kleidung? »Auf weiß sieht man zwar Verunreinigungen besser, im Operationsbereich wird meistens grün getragen, weil die Farbe nicht blendet. Wichtiger als die Farbe sind jedoch der regelmässige Kleiderwechsel und Hygienemassnahmen wie die Händedesinfektion.« (me)


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