BVMed-Herbstumfrage

Gute Umsatzaussichten mit vielen Hürden

14. Oktober 2022, 15:52 Uhr | Ute Häußler
v.l.n.r.: Manfred Beeres, Dr. Meinrad Lugan, Anne Spranger, Prof. Dr. Dennis Ostwald, Dr. Marc-Pierre Möll
© BVMed

Auf den Puls gefühlt: Fast zwei Drittel der deutschen MedTech-Unternhemen rechnen mit einem Umsatzplus. Doch gestiegene Energie- und Rohstoffpreise mindern den Gewinn. Zudem legt die MDR Steine in den Weg. Vor allem KMU sind stark herausgefordert.

Der BVMed hat traditionell 120 Medizintechnik-Unternehmen für seine Herbstumfrage interviewt. Die Umsatzentwicklung der Medizintechnik-Branche zeigt sich nach den Ergebnissen der Studie mit einem prognostizierten Plus von 3,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr leicht erholt. Die Gewinne der MedTech-Firmen werden 2022 jedoch aufgrund der dramatischen Kostensteigerungen bei den Transport-, Rohstoff- und Energiepreisen sowie den regulatorischen Mehraufwand durch die EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR) insgesamt zurückgehen. Dennoch schaffen die Unternehmen neue Arbeitsplätze und investieren in Produktionsstandorte, so der Grundtenor des Marktüberblicks aus Verbandssicht.

Nur noch 11 Prozent der MedTech-Unternehmen erwarten in diesem Jahr Gewinnsteigerungen. 62 Prozent gehen von einer Verschlechterung der Gewinnsituation aus. Trotz des erheblichen Drucks auf die Branche erhöhen über ein Viertel der Unternehmen auch in diesem Jahr ihre Investitionen am Produktionsstandort Deutschland. Bei knapp der Hälfte bleibt die Höhe der Investitionen unverändert. Nur noch 18 Prozent der befragten BVMed-Unternehmen geben an, die Investitionen in Forschung erhöhen zu können.

Innovationsklima auf dem Tiefpunkt

Als große Stärken des Standorts Deutschland nennen die befragten MedTech-Unternehmen vor allem die gut ausgebildeten Fachkräfte sowie die gute Infrastruktur. Die Werte sind aufgrund der Krisenauswirkungen mit steigenden Kosten und des spürbaren Fachkräftemangels aber um über 10 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr gesunken.

Bei den größten Hemmnissen für die Unternehmensentwicklung in der deutschen Medizintechnik sind 2022 zu den zuvor dominierenden MDR-Themen die dramatischen Kostensteigerungen hinzugekommen. Weitere Faktoren sind der Fachkräftemangel und Unsicherheiten bei Zulieferern und Lieferketten. Die Hemmnisse durch die MDR bleiben jedoch weiterhin ein beherrschendes Thema. So sehen 68 Prozent der befragten BVMed-Unternehmen die steigenden Kosten und gebundenen Ressourcen durch die MDR als großes Hindernis für ihre künftige Entwicklung an. Ein weiterer Faktor ist der Innovationsstopp durch die MDR.

KMU brauchen Unterstützung

Der Vorstandsvorsitzende  Dr. Meinrad Lugan forderte denn auch auf der BVMed-Jahrespressekonferenz ein abgestimmtes Maßnahmenpaket der Bundesregierung zur Stärkung des Medizintechnik-Standorts Deutschland. Lugan verwies auf die dramatischen Kostensteigerungen und die zunehmenden regulatorischen Hemmnisse, unter denen die Innovationskraft der Medizintechnik-Branche in Deutschland leide. »Wir müssen hier insbesondere unsere KMU besser unterstützen, sonst werden mehr und mehr Produktion, Forschung und Entwicklung abwandern«, so Lugan.

Auf einer Skala von 0 bis 10 bewerten die Unternehmen das Innovationsklima für Medizintechnik in Deutschland im Durchschnitt nur noch mit 3,6. Das ist seit BVMed-Erhebung des Indexes 2012 der absolute Tiefstwert und zeigt die Dramatik der Herausforderungen für die KMU-geprägte MedTech-Branche auf. Als innovativste Forschungsbereiche schätzen die Unternehmen die Kardiologie und die Onkologie ein.

Die Medizintechnik sucht Arbeitskräfte

Entgegen Lugans mahnender Worte zeigt die Herbstumfrage positive Zeichen für den Standort Deutschland: Trotz der Krisen und steigenden Kosten schafft die Medizintechnik-Branche weiter zusätzliche Arbeitsplätze. 40 Prozent der Unternehmen, die sich an der BVMed-Herbstumfrage 2022 beteiligten, erhöhen die Zahl der Mitarbeiter:innen gegenüber dem Vorjahr, 43 Prozent halten die Zahl der Stellen stabil. Die Berufsaussichten für Fachkräfte in der MedTech-Branche sind nach wie vor ausgezeichnet. 92 Prozent der Unternehmen halten die Berufsaussichten für unverändert gut bzw. besser. Gesucht werden vor allem Ingenieur:innen, Naturwissenschaftler:innen und Medizintechniker:innen.

BVMed-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll fasst die Ergebnisse gewohnt fordernd zusammen: »Deutschland braucht eine forschungsstarke, leistungsfähige, wirtschaftlich gesunde und international wettbewerbsfähige Medizintechnik-Branche. Diese Zahlen unserer Herbstumfrage bestätigen, dass wir jetzt die im Koalitionsvertrag angekündigte Stärkung des Medizintechnik-Standorts Deutschland angehen müssen und eine Entlastung der Unternehmen von starker Bürokratie dringend benötigen.« (uh)


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