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Haben Fußballprofis ein erhöhtes Demenzrisiko?

4. November 2019, 12:00 Uhr | Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V.
Gibt es einen Zusammenhang zwischen Fußball und Alzheimer? Das untersuchte eine Studie in England?
© Pixabay

Neurologie | Dass es nicht gesund sein kann, wenn erwachsene Männer sich gegenseitig systematisch über den Haufen rennen, ist klar. Man denkt an Zerrungen, Brüche sowie Kopfschäden. Forscher belegten bereits 2005: Footballprofis erkranken häufiger an Alzheimer. Aber gilt das auch für Fußballspieler?

 Eine aktuell im »The New England Journal« publizierte retrospektive Kohortenstudie untersuchte die durch neurogenerative Erkrankungen verursachte Sterblichkeitsrate bei ehemaligen Fußballprofis. Im Vergleich zur nicht-fußballspielenden Kontrollgruppe waren bei den Fußballern signifikant häufiger Fälle von Morbus Alzheimer, Parkinson sowie anderen Demenzerkrankungen aufgetreten. Die kardiovaskuläre Sterblichkeit war bei den Fußballern jedoch geringer.

In der retrospektiven Kohortenstudie waren 7.676 ehemalige Fußballprofis aus Schottland mit über 23.000 Menschen aus der Allgemeinbevölkerung in Hinblick auf Alter, Geschlecht und sozialen Status gematcht und beobachtet worden. Bei denen, die während der Studie verstarben, wurden die Todesursachen erhoben und ausgewertet. In median 18 Jahren verstarben 1.180 ehemalige Fußballprofis (15,4%) und 3.807 Menschen aus der Kontrollgruppe (16,5%).

Feldspieler erhilten mehr Demenzmedikamente als Torhüter

Die Gesamtmortalität war in der »Fußballergruppe« bis zum 70. Lebensjahr geringer, dann aber in der Altersgruppe über 70 Jahren höher als in der Kontrollgruppe. Die ehemaligen Fußballprofis wiesen eine signifikant geringere Sterblichkeit an ischämischen Herzerkrankungen  auf als die »Nicht-Fußballer«, auch waren bei ihnen weniger an Lungenkrebs verstorben.

Einen deutlichen Unterschied gab es aber im Hinblick auf neurodegenerative Erkrankungen wie Morbus Parkinson, Motorneuronerkrankungen, Morbus Alzheimer und anderen Demenzerkrankungen. Auffällig war, dass die Rate der durch diese Erkrankungen verursachten Todesfälle in der »Fußball-Gruppe« signifikant höher war. Insgesamt war bei 1,7% der ehemaligen Fußballer eine neurodegenerative Hauptdiagnose auf dem Totenschein vermerkt worden, aber nur bei 0,5% der Kontrollgruppe.

Besonders häufig war bei den ehemaligen Fußballprofis der Morbus Alzheimer diagnostiziert worden: So gab es in der Fußballergruppe 64 Alzheimer-bedingte Todesfälle, in der viel größeren Vergleichsgruppe insgesamt nur 47. Interessanterweise gab es keinen Unterschied im Hinblick auf die neurodegenerative Mortalität zwischen Feldspielern und Torhütern, wohl aber hinsichtlich der Medikation: Feldspielern waren häufiger als Torhütern Demenzmedikamente verschrieben worden.

Wie sehr schaden Kopfbälle?

Die Studie wirft verschiedene Fragen auf. Die geringere Gesamtmortalität bei den Fußballern in jüngeren Jahren und die geringere Rate an ischämischen Herzerkrankungen führen die Autoren auf den protektiven Effekt des Sports auf das Herz-Kreislauf-System zurück. Sie bieten allerdings keine Erklärung für die höheren Raten an neurodegenerativen Erkrankungen an. »Es kann spekuliert werden, ob Kopfbälle und Schädel-Hirntraumen zu einem höheren Risiko an neurodegenerativen Erkrankungen führen können, das wurde in der Vergangenheit immer wieder diskutiert«, erklärt Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener, Pressesprecher der DGN.

Auch die Studienautoren fordern, die Fragestellung prospektiv zu untersuchen. Sie betonen, dass die vorliegende retrospektive Studie mögliche methodische Mängel aufweist, die das Matching betreffen. Auch heben sie hervor, dass die Ergebnisse keinesfalls auf Amateurfußballer übertragen werden können. (me)

Schlagworte: Neurolige, Demenz, Parkinson, Fußball

Genannte Firmen: DGN


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