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Hilft grüner Tee gegen Antibiotikaresistenzen?

7. Oktober 2019, 11:00 Uhr | Melanie Ehrhardt
Wunderwaffe Grüner Tee? Davon sind nicht nur Teeliebhaber überzeugt, sondern auch Forscher von der Uniklinik Köln.
© Pixabay

Kolumne | Eine gesundheitsfördernde Wirkung wird dem grünen Tee schon lange nachgesagt. Forscher haben darin jetzt eine Substanz im entdeckt, die multiresistente Bakterien angreifbarer macht. Das überzeugt vielleicht auch unsere Redakteurin, eine bekennende Kaffee-Trinkerin.

Ich persönlich gehöre nicht zu den Tee-Liebhabern. Eine Tasse Kaffee ist mir am Morgen deutlich lieber. Dabei wäre ein Getränkewechsel auch für meine Gesundheit durchaus förderlich. Insbesondere grüner Tee soll ja ein wahres Multitalent in Sachen gesundheitsfördernde Wirkung sein. Er entspannt, senkt den Blutdruck, regt den Stoffwechsel und Kreislauf an und unterstützt das Immunsystem. Er soll beim Abnehmen und Entgiften helfen, die Verdauung anregen und den Cholesterinspiegel senken.

Und jetzt kommt noch eine neue Wirkung hinzu: Grüner Tee soll auch im Kampf gegen antibiotikaresistente Bakterien helfen. Zu dieser Erkenntnis kommen Forscher vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) an der Uniklinik Köln und Wissenschaftlern der University of Surrey. Sie haben ein natürliches Antioxidans im Tee entdeckt, das multiresistente Pseudomonas aeruginosa Bakterien angreifbarer macht. P. aeruginosa kann schwere Lungeninfektionen sowie Blutvergiftungen hervorrufen und wird häufig mit Aztreonam behandelt, wenn andere Antibiotika nicht mehr helfen. Durch zunehmende Resistenzen gegenüber Aztreonam kann die Behandlung des Bakteriums schwierig werden.

Was sind Antibiotikaresistenzen und wie entstehen sie?

Bakterien verfügen über die natürliche Fähigkeit, sich gegen Antibiotika, die von anderen Mikroorganismen (wie zum Beispiel Pilzen) produziert werden, zu schützen. So kommen Antibiotikaresistenzen ganz natürlich in der Umwelt vor. Sie entstehen durch natürliche Mutationen im Erbgut der Bakterien oder durch Aufnahme von Resistenzgenen aus der Umgebung, die Bakterien untereinander austauschen und dabei weiter­geben. Bakterien können mehrere Resistenzgene aufnehmen, die sie gegen verschiedene Antibiotika schützen. So entstehen mehrfach- bzw. multiresistente Erreger (MRE), die einer Vielzahl von Antibiotika widerstehen können.

Durch den Einsatz von Antibiotika entsteht ein Selektionsdruck: Bakterienstämme, die eine Resistenz gegenüber dem Antibio­tikum besitzen, überleben, können sich weiter vermehren und ausbreiten. Wenn Anti­biotika zu oft, über einen zu langen Zeitraum oder unsach­gemäß angewandt werden, begünstigt das die Entstehung und Verbreitung von resistenten Erregern. Ein wichtiger Ansatz zur Verringerung von Antibiotikaresistenzen ist daher der gezielte Einsatz von Antibiotika.

Quelle: Robert Koch-Institut

 

Tee-Wirkstoff im Test

In in vitro-Versuchen analysierten die Wissenschaftler, ob Epigallocatechin (EGCG) die Wirkung des Antibiotikums auf das Wachstum von P. aeruginosa beeinflusst. »Wir konnten zeigen, dass Aztreonam die Bakterienvermehrung stärker hemmte, wenn EGCG mit im Kulturmedium enthalten war«, erklärt Prof. Harald Seifert, DZIF-Wissenschaftler an der Uniklinik Köln. Die Substanz aus dem Tee konnte demnach die Empfindlichkeit der Bakterien für das Antibiotikum wiederherstellen.

Dieser synergistische Effekt wurde auch in vivo bestätigt, indem Wachsmottenlarven mit dem Antibiotikum – mal mit und mal ohne das EGCG – behandelt wurden. Die toxische Wirkung von EGCG erwies sich sowohl in Versuchen mit Hautzellen als auch in den Larven als gering, was für einen möglichen klinischen Einsatz in der Zukunft entscheidend sein kann. Der Wirkmechanismus ist noch nicht abschließend geklärt.

Mehr als 1.500 Sorten weltweit

Bleibt nur eine Frage: Welchen grünen Tee soll ich denn nun trinken? Schätzungsweise gibt es weltweit mehr als 1.500 verschiedene Sorten, hauptsächlich aus China und Taiwan. Bis ich die richtige gefunden habe, könnte es also eine Weile dauern. Gut Ding will Weile haben, nicht wahr? Darauf erstmal einen frisch gebrühten Kaffee, da weiß ich, was ich bekomme.

Schlagworte: Medizin, Gesundheit, Grüner Tee, Antibiotikaresistenz

Genannte Firmen: Uniklinik Köln, University of Surrey


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