Schwerhörigkeit und Demenz

Können Hörgeräte und Implantate vor geistigem Abbau schützen?

4. März 2019, 12:30 Uhr | Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V.
Können Hörgerät und Cochlea-Implantat vor geistigem Abbau im Älter schützen?
© Pixabay

Seit längerem beobachten Forscher, dass Menschen mit Hörstörungen im Alter überproportional häufig an Demenz erkranken. Noch ist unklar, welchen Anteil eine Hörstörung für sich allein an kognitiven Einbußen hat. Sollte dies der Fall sein, dann könnten ein Hörgerät oder ein Cochlea-Implantat helfen.

Das Hörvermögen nimmt etwa ab Mitte 50 ab. Mit 65 Jahren ist jeder dritte Mensch auf beiden Ohren schwerhörig. Diese Hörstörung führt dazu, dass ältere Menschen im Radio und Fernsehen nicht mehr alles mitbekommen, im Gespräch weniger gut folgen können und daher die Gesellschaft anderer meiden.

»Die soziale Isolierung und die fehlenden Anregungen durch die Umwelt könnten langfristig dazu führen, dass Menschen mit Hörstörungen sich geistig nicht mehr so gut entfalten können und deshalb schneller abbauen«, berichtet Privatdozentin Dr. med. Christiane Völter von der Ruhr-Universität Bochum. Dafür gebe es Hinweise aus Kohortenstudien, in denen schwerhörige Menschen über längere Zeit beobachtet wurden. In einer Studie zeigte sich, dass das Risiko, langfristig an einer Demenz zu erkranken, bei mittelgradigen Hörstörungen um das dreifache und bei einer hochgradigen Schwerhörigkeit sogar um das fünffache erhöht war. »Obwohl es hierzu in den letzten Jahren zahlreiche Veröffentlichungen gab, ist ein abschließendes Urteil derzeit noch nicht möglich«, schränkt Dr. Völter ein.

Wenn sich die Vermutung allerdings bestätigen sollte, dann könnte die Behandlung von Hörstörungen einen wichtigen Beitrag zur Vorbeugung einer Demenz im Alter leisten. »Das Hörvermögen wäre dann einer der wenigen heute bekannten Risikofaktoren für das Auftreten einer Demenz, die sich auch behandeln ließe«, sagt Dr. Völter. Und weil Hörstörungen häufig sind, könnte dies auch gesellschaftspolitisch eine Relevanz haben.

Eine Hörrehabilitation ist durch Hörgeräte und seit einigen Jahren auch durch sogenannte Cochlea-Implantate möglich. Diese Geräte, die ursprünglich für taube Kinder entwickelt wurden, nehmen den Schall über ein Mikrofon auf und stimulieren dann direkt den Hörnerven. Dr. Völter sagt: »Auch Menschen, deren Schwerhörigkeit weit fortgeschritten ist, können mit einem Cochlea-Implantat wieder hören.« Erste prospektive Studien deuten darauf hin, dass sich bei einem Teil der älteren Patienten einzelne neurokognitive Fähigkeiten bereits sechs Monate nach der Versorgung mit einem solchen Hörimplantat verbessern. »Für eine abschließende Beurteilung ist es jedoch noch zu früh«, sagt die Expertin: Die bisherigen Untersuchungen würden nur an wenigen Patienten durchgeführt. Auch fehlten bislang noch Langzeitergebnisse. Hier gelte es, die Auswertung der derzeit laufenden internationalen Studien abzuwarten. (me)


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