Europäischer Erfinderpreis

Lebenswerk-Preis für »Mutter der mRNA-Therapie«

23. Juni 2022, 10:09 Uhr | Ute Häußler
© EU-Patentamt

Katalin Karikó erhält die Auszeichnung für ihre mRNA-Forschung als Weg gegen COVID-19.

Das Europäische Patentamt (EPA) hat heute der ungarisch-amerikanischen Forscherin Katalin Karikó den Europäischen Erfinderpreis 2022 in der Kategorie »Lebenswerk« für ihre bahnbrechenden Arbeiten zur Entwicklung modifizierter Boten-RNA (mRNA) für Impfstoffe und medizinische Therapien verliehen. Der Preis ist einer der renommiertesten Innovationspreise Europas und wird jährlich an herausragende Erfinder aus Europa und darüber hinaus verliehen, die einen außergewöhnlichen Beitrag zur Gesellschaft, zum technischen Fortschritt und zum Wirtschaftswachstum geleistet haben. 

Mehr als vier Jahrzehnte lang hat sich Karikó für das therapeutische Potenzial von mRNA eingesetzt und dabei sowohl Skepsis als auch zahllose Herausforderungen überwunden, um deren wirksame Nutzung für den Menschen zu erschließen. Ihre Arbeit ebnete nicht nur den Weg für die erfolgreichsten mRNA-basierten COVID-19-Impfstoffe, sondern öffnet auch die Tür zu neuen Therapien für viele andere Krankheiten und Leiden. Der große medizinische Durchbruch gelang Karikó mit BioNTech in Deutschland. 

Bis zu 30 weitere Krankheiten heilen

»Dank ihrer Vision, dass mit dem mRNA-Molekül ein signifikanter medizinischer Nutzen erzielt werden könnte, hat Katalin Karikó eine Wirkung erzeugt, die weit über den inzwischen gut dokumentierten medizinischen Erfolg hinausgeht”, sagt EPA-Präsident António Campinos. „Ihr Engagement für die Wissenschaft und ihre Beharrlichkeit gepaart mit der innovativen Qualität ihrer Forschung haben der Welt eine bahnbrechende Innovation gebracht, die im Kampf gegen einige der schlimmsten medizinischen Bedrohungen der Menschheit das Potenzial für ganz neue Perspektiven birgt.« 

Karikós mRNA-Forschung ebnet neben COVID den Weg für die Heilung weiterer Krankheiten: Es gibt Bestrebungen, therapeutische Impfstoffe für verschiedene Krebsarten sowie Behandlungen für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Stoffwechselstörungen zu entwickeln. Die Wissenschaftlerin selbst hat eine Liste von etwa 30 Therapien auf der Grundlage modifizierter mRNA erstellt, die sie gerne entwickeln würde.

Positiv denken und dranbleiben

Katikó forscht seit 1985 an DNA, seit 1990 an mRNA und musste seitdem viele Rückschläge einstecken. Sie forschte, meldete 2005 erste mRNA-Patente an, gründete selbst ein Unternehmen - es klappte nicht.

»Man muss lernen, den negativen Stress in positiven Stress umzuwandeln, und das war meine Einstellung«, sagt die Forscherin. »Es spielte keine Rolle, was die Leute sagten. Wenn es konstruktiv war, habe ich zugehört, den Rest habe ich absolut ignoriert. Mit dieser Einstellung kann man es schaffen.«

Den medizinischen Durchbruch erzielte Karikó, als sie 2013 zu BioNTech nach Deutschland ging. BioNTech führte zu diesem Zeitpunkt eine klinische Studie mit mRNA durch und das Unternehmen wurde von ihr überzeugt, nukleosidmodifizierte mRNA einzusetzen. Außerdem konnte sie einen Vertrag mit Sanofi abschließen, um die modifizierte mRNA weiterzuentwickeln, so dass diese direkt in Tumore injiziert werden kann, um krebsspezifische Immunreaktionen zu fördern. Parallel arbeitete sie mit Pfizer an einem mRNA-basierten Grippeimpfstoff, als Ende 2019 die ersten Nachrichten über COVID-19 bekannt wurden. 

BioNTech wechselte daraufhin umgehend von der Grippe zu COVID-19, indem es den Impfstoff an die genetische Sequenz des neuartigen Coronavirus anpasste – und kam zügig in die Testphase zur Einführung mit Pfizer. Ein anderer, nukleosidmodifizierter mRNA-basierter COVID-19-Impfstoff des US-Unternehmens Moderna, der etwa zur gleichen Zeit zugelassen wurde, basiert ebenfalls auf der Technologie von Karikó and Weissman. (uh)


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