Endlich: Vorschlag der EU-Kommission

Mehr Zeit für MDR-Umsetzung

9. Januar 2023, 11:23 Uhr | Ute Häußler
© ulrich medical

Um das Risiko von Engpässen zu vermeiden, hat die EU-Kommission jetzt einen Vorschlag für eine längere Übergangsfrist der MDR gemacht, der mehr Zeit für die Zertifizierung von Medizinprodukten vorsieht.

Stau bei den Benannten Stellen, Angst vor Medizingeräte-Mangel und einer unzureichenden Versorgung – die Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Medical Device Regualtion (MDR) sind lang, viele MedTech-Unternehmen sehen sich zudem hohen Kosten und drohenden Umsatzeinbußen ausgesetzt.

Die EU-Kommission hat nun einen Vorschlag eingebracht, der zumindest Linderung verschaffen soll: Abhängig von der Risikoklasse soll mit neuen Fristen sichergestellt werden, dass Patienten weiterhin Zugang zu Medizinprodukten haben. Außerdem können Medizinprodukte, die nach dem geltenden Rechtsrahmen in Verkehr gebracht wurden und noch verfügbar sind, auf dem Markt bleiben. Das Ausverkaufsdatum entfällt.

Der MDR-Vorschlag im Überblick

Die Medizinprodukteverordnung gilt seit dem 26. Mai 2021. Sie sieht eine Übergangsfrist bis zum 26. Mai 2024 vor. Die Medizintechnik-Branche bereitet sich seit Jahren intensiv auf die MDR vor. Die Kosten der Umsetzung für die Branche liegen nach Schätzungen zwischen 7 und 10 Milliarden Euro. Die Branche hat massiv investiert, beispielsweise in zusätzliches regulatorisches Personal. Das MDR-System ist aber noch nicht praxistauglich. Ein Hauptproblem bei der MDR-Implementierung sind die Kapazitätsengpässe bei den Benannten Stellen. Immer häufiger werden Anträge von Herstellern mangels Kapazität abgelehnt. Noch immer sind viele KMU ohne Benannte Stelle. Der Vorschlag auf Verlängerung der Übergangsfristen muss nun vom Europäischen Parlament und vom Rat im Rahmen eines beschleunigten Mitentscheidungsverfahrens angenommen werden.

  • Für Medizinprodukte, für die vor dem 26. Mai 2021 eine Bescheinigung oder eine Konformitätserklärung ausgestellt wurde, wird die Übergangsfrist zu den neuen Vorschriften für Produkte mit höherem Risiko vom 26. Mai 2024 bis zum 31. Dezember 2027 und für Produkte mit mittlerem und geringerem Risiko bis zum 31. Dezember 2028 verlängert. Die Verlängerung ist an bestimmte Bedingungen geknüpft, so dass nur Produkte, die sicher sind und für die die Hersteller bereits Schritte zur Umstellung auf die Vorschriften der Medizinprodukteverordnung unternommen haben, von der zusätzlichen Zeit profitieren.
  • Der Vorschlag sieht auch für implantierbare Sonderanfertigungen der Klasse III eine Übergangsfrist bis zum 26. Mai 2026 vor, um den Herstellern mehr Zeit für die Zertifizierung durch eine benannte Stelle zu geben. Auch in diesem Fall ist die Übergangsfrist an die Bedingung geknüpft, dass der Hersteller vor dem 26. Mai 2024 einen Antrag auf Konformitätsbewertung von Produkten dieser Art stellt.
  • Um den durch diese Änderungen vorgeschlagenen Übergangsfristen Rechnung zu tragen, verlängert der Vorschlag die Gültigkeit der ausgestellten Bescheinigungen bis zum 26. Mai 2021, dem Tag, an dem die Medizinprodukteverordnung in Kraft trat.
  • Die Kommission schlägt außerdem vor, das derzeit in der Verordnung über Medizinprodukte und in der Verordnung über In-vitro-Diagnostika vorgesehene Datum des "Ausverkaufs" zu streichen. Das Ausverkaufsdatum ist das Enddatum, nach dem Produkte, die bereits in Verkehr gebracht wurden und weiterhin zum Kauf angeboten werden, zurückgezogen werden sollten. Durch die Abschaffung dieses Stichtags wird sichergestellt, dass sichere und unentbehrliche Medizinprodukte, die sich bereits auf dem Markt befinden, den Gesundheitssystemen und den bedürftigen Patienten weiterhin zur Verfügung stehen.  

Der Vorschlag der EU-Kommission unter EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakidesändert ändere nichts an den derzeitigen Sicherheits- und Leistungsanforderungen der Medizinprodukteverordnung. Er ändert lediglich die Übergangsbestimmungen, um den Herstellern mehr Zeit für die Umstellung von den bisher geltenden Vorschriften auf die neuen Anforderungen der Verordnung zu geben. Die Länge der vorgeschlagenen Verlängerung der Übergangsfristen hängt von der Art des Produkts ab: Für Produkte mit höherem Risiko, wie Herzschrittmacher und Hüftimplantate, gilt eine kürzere Übergangsfrist (bis Dezember 2027) als für Produkte mit mittlerem und geringerem Risiko, wie Spritzen oder wiederverwendbare chirurgische Instrumente (bis Dezember 2028).

Der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) sieht in dem vorgelegten Legislativvorschlag zur Verbesserung der EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR) ein gutes Signal für die medizinische Versorgung und den Medizinprodukte-Standort Europa. BVMed-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll sagt: »Es ist gut, dass die Kommission jetzt Tempo macht. Jetzt muss im Schnellverfahren eine Einigung mit Parlament und Rat erzielt werden, um einerseits sicherzustellen, dass Patienten in ganz Europa Zugang zu sicheren Medizinprodukten haben und andererseits der MedTech-Branche die notwendige Planungssicherheit zu geben.« (uh)

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