Neuer DIN-Ausschuss

Normen für KI in der Medizin

17. April 2023, 13:06 Uhr | Ute Häußler, mit DIN-Material
Normen sollen die KI-Nutzung in der MedTech-Entwicklung vereinheitlichen und nachvollziehbar machen.
© WFM

»KI in der Medizin« heißt ein DIN-Arbeitsausschuss, der Anfang April in Berlin gegründet wurde. Ziel ist der nach Standards geregelte Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Entwicklung von Medizinprodukten und Digital Health.

Normen und Standards regeln unsere Welt, indem Sie Produkte und Verfahren nachvollziehbar sicher und einschätzbar machen. Ein DIN-A4-Blatt hat überall auf der Welt dieselbe Größe, elektrische Medizinprodukte nach DIN EN 60601 entsprechen alle denselben Basis-Anforderungen an Sicherheit und Leistung. Für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Medizintechnik gelten bisher die Normen und Standards für Software als Medizinprodukt, eine dezidiertere Betrachtungsweise der teilweise autonom und als ‚Blackbox‘ arbeitenden Software fehlt noch. Der am 04. April neu gegründete Arbeitsausschuss »KI in der Medizin« des DIN Deutsches Institut für Normung e.V. will das ändern.

Mehr als 100 Interessierte aus öffentlichen Institutionen, der Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung haben an der Online-Gründungsitzung teilgenommen. Im neuen Kreis sollen perspektivisch die europäischen bzw. internationalen Normungsaktivitätenvon KI in der Medizin sowie nationale Normungs- und Standardisierungsbedarfe diskutiert, koordiniert und begleitet werden. Ziel des Arbeitsausschusses ist es, die Nutzbarkeit und Verwertbarkeit von Daten für KI-basierte Systeme in der Medizin zu erhöhen; die Leistungsfähigkeit und Sicherheit KI- basierter Medizinprodukte zu überprüfen; Vertrauen und Akzeptanz bei Anwendern und Patienten zu schaffen sowie die Qualitätsinfrastruktur regulatorischer Rahmenbedingungen für KI in Medizinprodukten effizient umzusetzen.

Der Arbeitsausschuss »KI in der Medizin« ist im Fachbereich Medizinische Informatik unter dem DIN-Normenausschuss Gesundheitstechnologien (NA GesuTech) aufgehangen. Die dem Ausschuss vorsitzende Obperson und deren Stellvertretung soll auf der nächsten Sitzung am 20. Juni 2023 gewählt werden.

Warum die Normung von KI wichtig ist

Als Teil der KI-Strategie wird der Normung und Standardisierung von der Bundesregierung eine sehr hohe Bedeutung zugeschrieben. Die staatlich beauftragte Deutsche Normungsroadmap Künstliche Intelligenz soll »KI made in Germany« als weltweit anerkanntes Gütesiegel für vertrauenswürdige Technologien etablieren.

Für eine bessere medizinische Versorgung liegt der Schwerpunkt der zweiten Ausgabe der Normungsroadmap auf »KI in der Medizin«. Sie soll auf Basis des europäischen »Artificial Intelligence Act« eine Verordnung erstellen, wonach KI-basierte Medizinprodukte in die Klasse der Hochrisiko-KI-Anwendungen fallen. Anforderungen an solche KI-Systeme, u.a. an Transparenz, Robustheit und Genauigkeit, sollen hierbei durch harmonisierte Europäische Normen technisch konkretisiert werden. Eine der größten Herausforderungen wird es dabei sein, den geplanten AI-Act in eine Reihe weiterer Gesetze auf EU-Ebene, wie z.B. der Medizinprodukteverordnung einzubinden und die bisher bestehenden Inkonsistenzen der beiden Harmonisierungsvorschriften aufzulösen.

Die Konformität von Lernenden Systemen bewerten

Denn: Für die Zulassung von kontinuierlich oder stufenweise lernenden Systemen als Medizinprodukt braucht es einen agilen Freigabe-/Konformitätsbewertungsprozess gemäß der EU-Harmonisierungsvorschriften. Standardisierte Metriken für unterschiedliche Arten KI-basierter Medizinprodukte sollen dafür sorgen, mithilfe von anerkannten Prüfanforderungen und Prüfverfahren Medizinprodukte erfolgreich auf den Markt zu bringen.

Im DIN-Arbeitsausschusses »KI in der Medizin« sollen diese Normungsbedarfe umgesetzt werden. Für die Ableitung konkreter Handlungsbedarfe und die Entwicklung geeigneter Vorgehensweisen und Normen dienen drei Use Cases aus der 1) medizinischen Bildgebung 2) Zahnmedizin und 3) Intensivmedizin als Grundlage. Perspektivisch sollen zudem die europäischen bzw. internationalen Normungsaktivitäten im Bereich von KI in der Medizin aus dem ISO/TC 215 „Health informatics“ und der ISO/IEC JTC1/SC42 - ISO/TC 215 JWG „AI enabled health informatics“ koordiniert und begleitet werden.

Für die Mitarbeit im DIN-Gremium »KI in der Medizin« werden noch interessierte Firmen und Partner gesucht. Fragen und Auskünfte beantwortet DIN-Projektmanagerin Ulrike Schröder per E-Mail. (uh)

 

Existierende Normen für Software als Medizinprodukt:
  • DIN EN ISO 13485:2016 "Medizinprodukte - Qualitätsmanagementsysteme - Anforderungen für regulatorische Zwecke": Diese Norm legt die Anforderungen an ein Qualitätsmanagementsystem fest, das bei der Entwicklung, Herstellung und Vermarktung von Medizinprodukten anzuwenden ist.
  • DIN EN ISO 14971:2019 "Medizinprodukte - Anwendung des Risikomanagements auf Medizinprodukte": Diese Norm beschreibt, wie das Risikomanagement bei der Entwicklung und Herstellung von Medizinprodukten angewendet werden kann, um die Sicherheit und Wirksamkeit des Produkts zu gewährleisten.
  • DIN EN 60601-1-4:2010 "Medizinische elektrische Geräte - Teil 1-4: Allgemeine Festlegungen für die Sicherheit, einschließlich der wesentlichen Leistungsmerkmale": Diese Norm legt die Anforderungen an die Sicherheit von medizinischen elektrischen Geräten fest, einschließlich der Software, die in solchen Geräten verwendet wird.
  • DIN EN 62304:2006 "Medizinprodukte-Software - Software-Lebenszyklusprozesse": Diese Norm legt die Anforderungen an den Software-Lebenszyklusprozess für Medizinprodukte fest, einschließlich der Entwicklung, Verifikation, Validierung und Wartung von Software.
  • IEC 62366-1 Medizinprodukte – Teil 1: Anwendung der Gebrauchstauglichkeit auf Medizinprodukte
  • IEC 82304-1 Gesundheitssoftware – Teil 1: Allgemeine Anforderungen für die Produktsicherheit

Es ist jedoch zu beachten, dass die Anforderungen an die Zulassung von Software als Medizinprodukt auch von der jeweiligen nationalen Gesetzgebung und den Richtlinien der zuständigen Aufsichtsbehörden wie der FDA in den USA oder der MDR in der EU abhängen.

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