Start-Up des Monats »sendance«

Passt die Prothese?

2. November 2022, 16:09 Uhr | Ute Häußler
Die sendance-Gründer Dr. Robert Köppe, Dr. Daniela Wirthl, DI Thomas Stockinger und Dr. Yana Vereshchaga.
© andreasbalon.com

Junge Gründer, große Ideen – Start-ups trauen sich was. Dieses Monat stellen wir »sendance« vor. Das Unternehmen aus Österreich prüft mittels Sensorik, wie gut orthopädische Hilfsmittel sitzen.

Wie lautet euer Elevator Pitch?

Maßgefertigte Orthesen sollen Menschen trotz Alter, Krankheit oder Unfall mobil halten. Bisher können die teuren Hilfsmittel jedoch während des Tragens noch nicht praktikabel auf Funktiona­lität und Sicherheit überprüft werden. Patienten können bisher nur zeitversetzt dem Arzt ihre Erfahrungen schildern, viele leiden bis zu den notwendigen Anpassungen an Druck- oder Scheuerstellen. Für eine direkte Rückmeldung statten wir orthopädische Hilfmittel mit Sensoren aus, die Druck, Temperatur oder Feuchtigkeit messen. Mit unserer eigenentwickelten und patentierten Sensortechnologie machen wir bereits erste Umsätze mit großen Herstellern, die uns sagen, dass sie »schon immer solche Sensoren haben wollten«.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen?

Am Anfang stand unser Sensornetzwerk »sendance-grid«. Es kann in beliebig geformte Oberflächen eingebettet werden, die dazugehörige »sendance-cloud« analysiert und visualisiert die Daten. Medizingeräte-Hersteller haben uns daraufhin gebeten, individuell angefertigte orthopädische Produkte mit unserer Sensortechnologie zu verifizieren und beispielsweise Prothesen dauerhaft im Alltag der Patienten zu messen. Mit diesem Erfolg im Rücken haben wir unser »sendance-grid« in einer Einlegesohle als Prototypen verbaut. Druckmessungen in einer Schuhsohle verhindern z. B. bei Diabetespatienten chronische Wunden, die im schlimmsten Fall zu Amputationen führen. Unsere Sensorik erkennt, ob die angepasste Schuhsohle den Fuß entlastet oder Druckspitzen während der Bewegung auftreten, welche krankheitsbedingt nicht wahrgenommen werden. Die Einlegesohle wird neu angepasst, bevor Probleme auftreten. Auch bei Orthesen und Prothesen bietet sendance einen großen Mehrwert für Hersteller, Ärzte, Patienten und Krankenkassen.

Was war euer größter Erfolg?

Wir konnten unsere Technologie auf der OT World 2022, der größten Orthopädietechnikmesse in Europa, präsentieren. Unser in eine Einlegesohle eingebettetes »sendance-grid« mit dazugehöriger Datenvisualisierung brachte uns außerordentlich positives Feedback ein. Ganz viele Interessenten sagten: »Das wollten wir schon immer haben«. Diese Bestätigung unserer Vision hat uns gezeigt, dass wir eine Lösung für ein schwerwiegendes Problem liefern und etwas bewirken können. Mit einigen der dort getroffenen Orthopädietechnikfirmen haben wir inzwischen Pilotprojekte gestartet. Ein weiterer Erfolg ist unser 15-köpfiges Team, in dem wir alle nötigen Kompetenzen zur Umsetzung unseres Vorhabens gebündelt haben. Die Mitarbeitenden bei sendance sind engagiert und auch auf menschlicher Ebene harmonieren wir sehr gut.

Und der größte Rückschlag?

Der größte Rückschlag war sicherlich Corona und die damit einhergehende Unsicherheit. Aufgrund der Lockdowns trafen wir uns als Gründerteam nur online. Das an einem Tisch sitzen und Pläne schmieden fehlte, unser Gründungsvorhaben verlor an Schwung. Auch das in der Start-up-Szene notwendige Networking und Treffen mit unseren Mentoren wurde lange Zeit unmöglich. In Zeiten der Pandemie war auch die Hürde eines Investments höher.

Wo seht ihr euch in fünf Jahren?

2028 wissen alle Hersteller maßgefertigter Hilfsmittel, dass sendance Sensoriklösungen für sie anbietet. Orthopädietechniker können zu diesem Zeitpunkt schon längst im Alltag die Funktion von Orthesen prüfen und darauf reagieren. Unsere Frühwarnsysteme tragen bereits umfassend zur Prävention von Wunden bei und warnen vor schlecht sitzenden Orthesen. Die Patienten werden per App informiert, wenn eine Anpassung notwendig ist, bevor Probleme auftreten.

Wie sieht die Medizin der Zukunft aus?

Die Medizin der Zukunft wird individuell an die Patienten angepasst sein, um beste Versorgung zu gewährleisten. CAD/CAM wird in alle Bereiche der Medizin
vorgedrungen sein. Produziert wird vor Ort genau das, was die Patienten brauchen und wann sie es brauchen. Durch digitale Prozesse wird dies zeit- und ressourcensparend durchführbar und somit für alle zugänglich sein. Sensorik und die daraus entstandenen Informationen werden Krankheiten frühzeitig erkennen. Prävention und Frühphasen-Diagnostik werden eine zentrale Rolle spielen und das Gesundheitssystem entlasten. Sensorik wird in Matratzen, Rollstühlen, Wundverbänden, Schuhen, Armbändern implementiert und somit auch in der Pflege als assistierende Technologie verfügbar sein. (uh)

 

Fakten zum Start-Up »sendance«
Anzahl der Kunden 10
Gründung März 2021
Mitarbeiter 15
Finanzierung FFG, AWS, Tech2b, Pilotprojekte, Investoren
Webseite www.sendance.at

 

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