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Patienten fordern mehr digitale Gesundheitsangebote

13. Juli 2020, 8:30 Uhr | Bitkom
6 von 10 Patienten sind offen für Gesundheits-Apps auf Rezept
© Michael Kappeler/dpa

Nachfrage nach Video-Sprechstunden ist 2020 stark angestiegen

Es dauert nur noch wenige Wochen, dann können Ärzte in Deutschland erstmals Gesundheits-Apps für das Smartphone verschreiben. Anfang 2021 folgt die Einführung der elektronischen Patientenakte, 2022 wird das E-Rezept zur Pflicht. »Nach 20 Jahren gesundheitspolitischer Lethargie kommt jetzt Schwung in digitale Gesundheitsangebote«, kommentiert Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder.

Nach Ansicht vieler Bundesbürger geschieht dies aber nicht schnell genug. So sagen rund zwei Drittel (65 Prozent) der Menschen in Deutschland, es sei mehr Tempo beim Ausbau digitaler Gesundheitsangebote nötig. 60 Prozent sind der Ansicht, Deutschland liege im Vergleich zu anderen Ländern bei der Digitalisierung des Gesundheitssystems zurück. Gleichwohl hat sich gerade in den vergangenen Wochen während der Corona-Pandemie viel getan: So hat aktuell jeder Achte (13 Prozent) bereits eine Video-Sprechstunde mit einem Arzt oder Therapeuten wahrgenommen. Damit hat sich der Wert im Vergleich zum Vorjahr (5 Prozent) fast verdreifacht und ist v.a. innerhalb des Corona-Quartals stark angestiegen: Im Frühjahr 2020 hatten erst 8 Prozent Erfahrungen mit der Video-Sprechstunde gemacht. Das sind die Ergebnisse zweier repräsentativer Befragungen im Auftrag des Digitalverbands Bitkom.

Die erste wurde von Ende April bis Anfang Mai 2020 unter 1.193 Personen in Deutschland ab 16 Jahren durchgeführt, die zweite Anfang Juli 2020 unter 1.005 Personen in Deutschland ab 16 Jahren. Demnach kann sich auch von jenen, die bislang noch keine Video-Sprechstunde wahrgenommen haben, fast jeder Zweite (45 Prozent) vorstellen, künftig auch online zum Arzt zu gehen.

Corona sorgt für Aufwind

»Videosprechstunden werden während der Corona-Pandemie sehr viel häufiger genutzt und die Nachfrage auf Seiten der Patienten ist so hoch wie noch nie. Patienten und medizinisches Personal werden vor Ansteckung geschützt, Fahrtwege und Wartezeiten entfallen«, sagt Rohleder. Die Gesundheitsversorgung sei durch die Video-Sprechstunden in den vergangenen Wochen stark verbessert worden. Der rasche Zuwachs zeigt, wie groß Offenheit und Bedarf in Deutschland sind. Dabei sind andere Länder beim Ausbau digitaler Gesundheitsangebote sehr viel fortschrittlicher. »Wir müssen in Deutschland dringend nachziehen. Ob alternde Gesellschaft oder Ärztemangel: Ohne Digitalisierung wird unser Gesundheitssystem die kommenden Herausforderungen nicht bewältigen können«, so Rohleder.

Apps auf Rezept

Ob Diabetes-Tagesbuch, Rückenübungen für zuhause oder Augentraining - die Offenheit für Gesundheits-Apps, die der Arzt verschreibt, ist groß. Von Sommer 2020 an werden die ersten Apps dieser Art in Deutschland verfügbar sein und von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen. Fast 6 von 10 Befragten (59 Prozent) können sich gut vorstellen, eine solche App zu nutzen. Selbst von den über 65-Jährigen sagt dies fast jeder Zweite (48 Prozent). 4 von 10 Patienten (40 Prozent) wollen ihren Arzt sogar aktiv nach einer App auf Rezept fragen und fast jeder Dritte (30 Prozent) ist der Meinung, dass es künftig Fälle gibt, in denen Apps konventionelle Therapien ersetzen.

Smartphone-Nutzer sind ohnehin bereits sehr versiert, wenn es um Gesundheits-, Fitness- oder Ernährungs-Apps geht: Drei Viertel (75 Prozent) haben mindestens eine frei verfügbare App installiert, darunter vor allem Apps mit Sportübungen für zuhause (38 Prozent), Apps, die Fitnessdaten wie Schritte oder die Herzfrequenz aufzeichnen (32 Prozent) oder Apps mit Informationen zu Fitness-, Gesundheits- oder Ernährungsthemen (23 Prozent). Die meisten Nutzer profitieren von diesen Apps, indem sie besser über ihren eigenen Gesundheitszustand Bescheid wissen (63 Prozent), sich mehr bewegen (54 Prozent) oder sich gesünder ernähren (47 Prozent). 39 Prozent richten sogar ihr Leben nach ihren per App übermittelten Vitaldaten aus. 

Elektronische Patientenakte und E-Rezept

Die elektronische Patientenakte (ePa) kommt zum 1. Januar 2021 und wird aller Voraussicht nach auf großes Interesse stoßen: 73 Prozent würden die ePa nutzen. Besonders wichtig ist denjenigen, die sich eine Nutzung vorstellen können, das Thema Daten: So ist für 64 Prozent essenziell, dass die Datenhoheit beim Versicherten liegt und nur der Patient bestimmt, welcher Arzt welche Daten sehen darf. Fast ebenso viele (63 Prozent) nennen insgesamt Datenschutz und Datensicherheit als wichtigste Themen. Fast jedem Dritten (31 Prozent) ist die Bedienungsfreundlichkeit besonders wichtig, jeder Vierte (24 Prozent) wünscht sich einen mobilen Zugang über das Smartphone. 

Ebenfalls 2021 wird das elektronische Rezept in Deutschland eingeführt, das dann via Smartphone-App in der Apotheke nach Wahl eingelöst werden kann. Zwei Drittel (66 Prozent) können sich die Nutzung vorstellen. Bei den 16- bis 29-Jährigen sind es 70 Prozent, 64 Prozent bei den 30- bis 49-Jährigen, 69 Prozent bei den 50- bis 64-Jährigen und 62 Prozent bei den über 65-Jährigen. (me)


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