Bundestag verabschiedet Patientendaten-Schutz-Gesetz
Aktualisiert: 6. Juli 2020, 8:44 Uhr
Mit dem »Patientendaten-Schutz-Gesetz« sollen digitale Angebote wie das E-Rezept oder die elektronische Patientenakte nutzbar – und sensible Gesundheitsdaten gleichzeitig bestmöglich geschützt werden. Vergangene Woche hat der Bundestag das Gesetz beschlossen. Mit einer neuen App können Versicherte E-Rezepte künftig in einer Apotheke ihrer Wahl einlösen. Facharzt-Überweisungen lassen sich digital übermitteln. Und Patienten bekommen ein Recht darauf, dass der Arzt ihre elektronische Patientenakte (ePA) befüllt. Darin lassen sich ab 2022 auch der Impfausweis, der Mutterpass, das gelbe U-Heft für Kinder und das Zahn-Bonusheft speichern.
Die Verabschiedung des PDSG ist aus Sicht des Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V. (ZVEI), Frankfurt am Main, ein wichtiger Schritt zur Digitalisierung der deutschen Gesundheitsversorgung. Das Gesetz regelt den Schutz von Patientendaten in der zukünftigen elektronischen Patientenakte (ePA). Die Basis für die Nutzung der Daten in der elektronischen Patientenakte sei damit gelegt, so Hans-Peter Bursig, ZVEI-Fachverbandsgeschäftsführer Elektromedizinische Technik: »Ziel muss es nun sein, die elektronische Patientenakte schnell zu einem normalen Teil der Versorgung zu machen, ebenso wie zur Plattform für den Datenaustausch und für die Kommunikation in der Patientenversorgung.« Das PDSG sei dafür eine stabile Basis, es erlaube den Bürgern auch die freiwillige Datenweitergabe aus der ePA an wissenschaftliche Forschungsprojekte.
»Dass die Industrie aber zu diesen Daten keinen Zugang bekommt, verzögert den Fortschritt für die Patientenversorgung«, kritisiert Bursig. Denn die Daten seien gerade auch für die Entwicklung innovativer, sicherer und effektiver medizintechnischer Lösungen in den Unternehmen ein wichtiger Faktor. Es sei daher wichtig, auch der industriellen Gesundheitswirtschaft einen Zugang zu diesen Daten zu ermöglichen, um eine optimale, individualisierte Gesundheitsversorgung zu erreichen – in Deutschland und in Europa. Mit der EU-Ratspräsidentschaft habe Deutschland die Möglichkeit, durch die Diskussion über den geplanten European Health Data Space eine länderübergreifende Kultur des Datenaustausches auf wissenschaftlicher wie industrieller Ebene zu schaffen. Das gelte es zu nutzen, um die Innovationsfähigkeit Europas in der Medizin und Gesundheitswirtschaft wesentlich zu stärken.
Der Bundesverband Gesundheits-IT – bvitg e. V., Berlin, würdigt dieses wichtige Etappenziel ebenfalls, kritisiert dabei jedoch die stark wettbewerbs- und innovationsfeindlichen Ergänzungen auf den letzten Metern. Durch Änderungen am Gesetzesentwurf wird klargestellt, dass nur noch die gesetzlichen und privaten Krankenkassen eine durch die gematik zertifizierte Akte anbieten dürfen. »Das ist eine bewusste Entscheidung gegen den Wettbewerb«, erklärt Sebastian Zilch, Geschäftsführer des bvitg. Diesen Schritt damit zu begründen, dass nur Krankenkassen und staatliche Institutionen den Datenschutz einer ePA gewährleisten können, sei nicht haltbar. Würde ein Anbieter die vorgeschriebene gematik-Zertifizierung erfolgreich durchlaufen, hätte er die Gewährleistung einheitlicher Sicherheits- und Datenschutzstandards glaubhaft vermittelt.
Deshalb fordert der bvitg eine Öffnung des Marktes für Drittanbieter, die nach der Einführung der ePA, spätestens aber ab Januar 2022 erfolgt. So würde aus Sicht des Verbands zumindest perspektivisch die Wahlfreiheit für Patientinnen und Patienten gestärkt und ein Umfeld geschaffen werden, in dem Lösungen durch Nutzerfreundlichkeit und Innovation überzeugen müssen. In diesem Zuge sollten auch forschende Industrieunternehmen Zugang zum Forschungsdatenzentrum erhalten, da diese für rund drei Viertel aller Forschungsvorhaben verantwortlich sind.
Der bvitg kritisiert zudem die kurzfristig eingebrachte Erlaubnis für die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung, direkt digitale Innovationen fördern zu können: »Körperschaften des Öffentlichen Rechts können damit selbst Produkte anbieten, was zu Verzerrungen des Marktes führt. Unter anderem, weil die entwickelten Produkte ein Quasi-Qualitätssiegel erhalten, selbst wenn sie einer Marktlösung nicht überlegen sind«, meint so. Das Ganze geht aus Sicht des Verbands weit über den Sicherstellungsauftrag hinaus, hinzu komme die Tatsache, dass auf diese Weise Ärztegelder für die Entwicklung digitaler Angebote entfremdet werden. »Faktisch arbeitet die Politik gegen Innovationen im Gesundheitswesen, indem Organe der Selbstverwaltung zunehmend Kompetenzen bei der Entwicklung digitaler Angebote erhalten.«
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zeigt sich sichtlich zufrieden: »Die Pandemie zeigt, wie wichtig digitale Angebote für die Versorgung von Patienten sind. Darum sorgen wir mit dem Patientendaten-Schutz-Gesetz dafür, dass Digitalisierung im Alltag ankommt. Versicherte können ihre Daten in der elektronischen Patientenakte speichern lassen. Sie bekommen die Möglichkeit, das E-Rezept mit einer neuen App zu nutzen. Und Facharztüberweisungen gibt es künftig auch digital. »Dabei können sich Patienten jederzeit darauf verlassen, dass ihre Daten sicher sind«, so Spahn.
Die Regelungen im Detail:
Das Gesetz soll voraussichtlich im Herbst in Kraft treten. Es ist im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig. (me)