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Verjüngungskur für das Immunsystem

12. Februar 2019, 11:00 Uhr | Universität Ulm
Messung von Impfantworten: Die Anzahl der Spots (blaue Punkte) spiegelt die Stärke der Immunantwort wieder.
© Andreas Brown

Seniorinnen und Senioren sind nicht nur anfälliger für Infektionen, auch Impfungen sind im Alter weniger wirksam. Nun haben Ulmer Forschende das Immunsystem im Modell »verjüngt«. Der Schlüssel zu einem leistungsfähigen Immunsystem sind demnach blutbildende Stammzellen.

Wenn der Mensch altert, altert auch das Immunsystem. Als Hauptursache galt lange Zeit die Rückbildung der Thymusdrüse, in der wichtige Immunzellen reifen. Doch nun hat eine Ulmer Forschergruppe aus Immunologen und Stammzellforschern einen anderen Auslöser im Blick: blutbildende Stammzellen. Dabei handelt es sich um den »Wartungsdienst« des Körpers, der unter anderem für die Regeneration von Blut- und Immunzellen sorgt.

Doch wie der übrige Organismus verlieren diese Stammzellen im Alter ihre Leistungsfähigkeit und können ihrem „Reparaturauftrag“ nicht mehr so gut nachkommen. In früheren Arbeiten hat der Ulmer Stammzellforscher Prof. Hartmut Geiger bereits gezeigt, dass blutbildende Stammzellen im Alter auf ein anderes Signalsystem umstellen, was Chaos im Wartungsbetrieb auslöst. Mithilfe der pharmakologischen Substanz Casin lässt sich diese Umstellung jedoch rückgängig machen und blutbildende Stammzellen funktionieren wieder wie in jungen Jahren.

Für ihre aktuelle Publikation haben die Ulmer Wissenschaftler in einem neuen Knochenmarks-Transplantationsmodell untersucht, inwiefern die Alterung blutbildender Stammzellen tatsächlich die Leistungsfähigkeit des Immunsystems beeinflusst. Dazu haben sie Stammzellen aus dem Knochenmark älterer und junger Mäuse isoliert. Ein Teil der älteren Zellen sind daraufhin der von Geiger beschriebenen »Verjüngungskur« unterzogen worden.

In einem zweiten Schritt wurden die alten, jungen und verjüngten blutbildenden Stammzellen transgenen Mäusen übertragen, die über kein eigenes Immunsystem verfügen. Bereits nach zwölf Wochen konnten die Forschenden die Leistungsfähigkeit der Abwehrsysteme überprüfen, die aus den Transplantaten entstanden waren – unter anderem untersuchten sie die Impfreaktion. »Bei der Impfung werden bekanntlich unschädliche Varianten von Erregern verabreicht, woraufhin das Immunsystem Abwehrzellen bildet. Im Infektionsfall helfen diese bereits vorhandenen Abwehrzellen dabei, rasch auf Bakterien oder etwa Viren zu reagieren. Die Impfreaktion kann also Auskunft über die Funktionsfähigkeit der körpereigenen Abwehr geben«, erklärt Dr. Hanna Leins, Erstautorin und Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Molekulare Medizin.

Im Modell konnten die Forschenden die erfolgreiche Verjüngung der blutbildenden Stammzellen und infolgedessen des Abwehrsystems nachweisen: Die Impfreaktionen des jungen und des aus verjüngten Stammzellen entstandenen Immunsystems erwiesen sich nämlich als gleich stark. Erwartungsgemäß reagierte das Abwehrsystem aus alten Stammzellen wesentlich schwächer auf die Impfung. (me)

 


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