Ottobock wird 100 Jahre alt

Vom Holzbein zur Hightech-Prothese

19. Februar 2019, 14:00 Uhr | Ottobock
Handschlag mit Prothese (Symbolbild)
© Ottobock

Vor 100 Jahren hatte Otto Bock eine Idee, als viele Soldaten kriegsversehrt von der Front zurückkehrten: Er begann, Prothesen industriell zu produzieren. Heute ist daraus Hightech geworden. Zum gestrigen Festakt kam auch Angela Merkel — nicht nur mit lobenden Worten.

Heute würde man wohl von einem Start-up sprechen: Als Otto Bock vor 100 Jahren einen Einfall hatte, gründete er in Berlin-Kreuzberg einfach eine Firma. Bock hatte erkannt, dass die vielen amputierten Weltkriegsopfer mit handwerklichen Mitteln nicht ausreichend zu versorgen waren. Seine Orthopädische Industrie GmbH begann 1919, Bauteile für Prothesen industriell zu produzieren. Bock leitete so auf seinem Gebiet ein neues Zeitalter ein.

Heut gilt das Famillienunternehmen als Weltmarktführer in der Produktion von High-Tech-Prothesen. Das in dritter Generation vom Gründerenkel Hans-Georg Näder geführte Unternehmen beschäftigt in seiner Kernsparte Healthcare an weltweit gut 50 Standorten mehr als 7000 Mitarbeiter. Am Hauptsitz in Duderstadt gibt es knapp 1600 Stellen. Beim Festakt im historischen Rathaus sprach auch Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie forderte mehr Tempo bei der Digitalisierung der Wirtschaft. »Geschwindigkeit plus Qualität ist das, was jetzt zählt«, sagte die CDU-Politikerin am Montag.

Steuerung mithilfe der eigenen Gedanken

Als Ottobock im Gründungsjahr aus dem politisch unruhigen Berlin nach Königssee in den Thüringer Wald umzog, lagen Hightech-Produkte in weiter Ferne. Damals ging es eher um die Herstellung von Holzbeinen. 1947 zog die Firma nach der Enteignung in der damaligen Sowjetzone erneut zwangsweise um, Max Näder, der Schwiegersohn des Gründers, fing in Duderstadt neu an.

1990 übernahm Hans-Georg Näder, Enkel des Gründers, die Leitung des Unternehmens, das heute auf gut 7000 Mitarbeiter an mehr als 50 Standorten gewachsen ist. Der Umsatz stieg 2017 auf rund 927 Millionen Euro. Gründerenkel Näder selbst gehört nach Recherchen des Wirtschaftsmagazins »Bilanz« mit einem geschätzten Vermögen von 2,3 Milliarden Euro zu den reichsten Menschen in Niedersachsen.

Die rasante technologische Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte brachte auch der Prothesenherstellung einen Schub: Die Technik der Produkte habe inzwischen ein derart hohes Niveau erreicht, dass manche Prothesen praktisch durch Gedanken gesteuert werden könnten, erläutert Norbert Stein vom Innungsverband für Orthopädietechnik. So entwickelte Ottobock unter anderem eine Orthese, die Menschen mit gelähmten Beinen das Laufen ermöglichen soll.

Gute Wachstumsaussichten

Bei Arm- und Beinprothesen ist das Unternehmen nach Angaben des Spectaris-Verbandes der Hightech-Industrie Weltmarktführer. Und nach einer Analyse des Londoner Beratungsunternehmens Technavio gehört Ottobock im gesamten Markt für Prothesen zu den größten fünf Anbietern neben wie Firmen wie Blatchford (Großbritannien) und Fillauer (USA).

Die Wachstumsaussichten der Orthopädietechnik-Branche sind nach Einschätzung des Innungsverbandes gut: Die Zahl der Menschen, die eine Hightech-Prothese benötigten, werde angesichts der zunehmend älter werdenden Bevölkerung steigen, sagt Geschäftsführer Stein.

Als Partner unterstützt Ottobock seit mehr als 30 Jahren auch zahlreiche Athleten bei den Paralympics, den Olympischen Spielen für Sportler mit Behinderung. »Gemeinsam haben wir es uns zum Ziel gesetzt, Menschen mit Mobilitäts-Einschränkungen einen besseren Zugang zum Sport zu ermöglichen«, sagt Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes. Alleine nach Rio habe Ottobock 2016 ein 100-köpfiges Serviceteam entsandt. (dpa/me)

 


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