Digital Health

Was bleibt vom Corona-Boom übrig?

28. Juli 2021, 14:53 Uhr | medical design
Digital Health spielt sich vor allem auf den Smartphones der PatientInnen ab
© AdobeStock.com/AndSus

Bitkom-Studie »Digital Health 2021« zeigt Wunsch und Wirklichkeit

Home-Office, Distanz-Unterricht, Telemedizin: In der Corona-Pandemie ist die Digitalisierung von Wirtschaft, Gesellschaft und Medizin ein großes Stück vorangekommen. Doch wie kommt das eigentlich bei VerbraucherInnen beziehungsweise PatientInnen an? Letzterem ging der Digitalverband Bitkom nach und befragte mehr als 1.000 BundesbürgerInnen ab 16 Jahren im Rahmen seiner Studie »Digital Health 2021«. Dabei zeigte sich, vor allem der digitale Impfpass treibt den Wandel im Gesundheitswesen voran. 

Mehr Tempo beim Ausbau digitaler Medizin

Die Corona-Pandemie hat den Menschen in Deutschland die Dringlichkeit einer umfassenden Digitalisierung des Gesundheitswesens vor Augen geführt. Fast 8 von 10 BundesbürgerInnen (78 Prozent) ist durch die Ereignisse der vergangenen 18 Monate nach eigenem Bekunden die Bedeutung der Digitalisierung des Gesundheitswesens klar geworden. Zugleich sagen drei Viertel, mit digitalen Technologien ließen sich solche Krisen besser bewältigen. Vor einem Jahr stimmte nur gut die Hälfte der Befragten (53 Prozent) dieser Aussage zu. 

Eine große Mehrheit (71 Prozent) fordert zudem mehr Tempo beim Ausbau digitaler Angebote in der Medizin. Und 70 Prozent sind der Meinung, Deutschland hänge bei der Digitalisierung des Gesundheitssystems hinter anderen Ländern zurück. »Die Probleme der Gesundheitsämter beim Durchbrechen von Infektionsketten, die verbreiteten Schwierigkeiten bei der Organisation von Impfterminen oder das Hickhack um die Corona-Warn-App haben bei vielen Menschen zu Ernüchterung und Frustration geführt«, sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder im Rahmen einer virtuellen Pressekonferenz am 28. Juli 2021. Der Kampf gegen Corona gehe weiter, und Deutschland müsse die Potenziale der Digitalisierung viel besser nutzen. 

Auch wenn zuletzt Schwung in die Sache gekommen ist, bahnen sich angesichts einer drohenden vierten Infektionswelle erneut die bekannten Probleme an. »So ist der Datenaustausch der Gesundheitsämter auch im zweiten Jahr der Pandemie noch immer nicht gesichert«, so Rohleder. 87 Prozent der Deutschen bemängeln die Nachverfolgung von Infektionsketten durch die Gesundheitsämter als zu langsam. 

Digitaler Impfnachweis: Großes Interesse, auch ohne Smartphone

Auf besonders großes Interesse stößt bei den Menschen in Deutschland das jüngste Digitalprojekt in der Pandemie-Bekämpfung: der digitale Impfnachweis. 42 Prozent der Smartphone-NutzerInnen haben ihn bereits auf dem eigenen Gerät gespeichert, zwei Prozent auf dem Smartphone einer anderen Person. Weitere 41 Prozent wollen sich den digitalen Nachweis künftig besorgen. Lediglich 12 Prozent der SmartphonebesiterInnen geben an, kein Interesse an dem digitalen Nachweis zu haben. 

»Mit der Einführung des digitalen Impfnachweises rechtzeitig vor den Sommerferien hat die Bundesregierung doch noch einen digitalen Sprint hingelegt«, sagte Rohleder. Er helfe Reisenden, Restaurantbesuchern oder auch Berufstätigen, in den Alltag zurückzukehren. Der digitale Impfpass stößt auch bei den 21 Prozent der Menschen auf Interesse, die gar kein Smartphone besitzen. Fast die Hälfte davon (42 Prozent) sagte, sie würde den digitalen Impfpass nutzen, wenn sie ein Smartphone hätte.

60 Prozent wollen das E-Rezept nutzen

Mehrheitlich positiv steht die Bevölkerung auch dem elektronischen Rezept (E-Rezept) gegenüber, das am 1. Juli in einem begrenzten Feldversuch in Berlin und Brandenburg an den Start gegangen ist. 59 Prozent der Befragten wollen das E-Rezept nutzen, 39 Prozent nicht. Die zugehörige App ist ebenfalls seit kurzem für Apple- und Android-Geräte verfügbar. Das E-Rezept wird per QR-Code in einer Apotheke eingelöst, ab Januar 2022 haben alle Versicherten einen rechtlichen Anspruch darauf. 

Das Interesse ist groß: Fast 6 von 10 Deutschen (59 Prozent) wollen das E-Rezept nutzen, aber 39 Prozent wollen dies nicht. »Mit dem E-Rezept wird der gesamte medizinische Versorgungsprozess durchgehend digital«, betont Rohleder. Wichtig sei jetzt, dass die Arztpraxen, Apotheken und Krankenkassen die notwendige Technik zügig implementieren.

Die Hälfte derer, die das E-Rezept nutzen wollen, erhoffen sich davon vor allem eine automatische Erkennung von Wechselwirkungen (51 Prozent), 44 Prozent wollen damit Zettelwirtschaft vermeiden und 3 von 10 Befragten (30 Prozent) aus dieser Gruppe setzen auf digitale Medikationspläne. Ein Viertel (25 Prozent) möchte sich automatisch an die Medikamenten-Einnahme erinnern lassen. Rohleder: »Die aktuell verfügbare E-Rezept-App der Gematik bietet die von den Menschen gewünschten Funktionen nicht. Es sollten Schnittstellen verfügbar gemacht werden, damit Drittanbieter E-Rezept-Apps mit zusätzlichen Funktionen auf den Markt bringen können.«

ePA: Großes Interesse, geringe Verbreitung

Die elektronische Patientenakte (ePa), die seit Anfang des Jahres von den gesetzlichen Krankenkassen angeboten wird, interessiert auch viele Versicherte. Zwei Drittel (66 Prozent) wollen die ePa künftig gern nutzen, aktuell gebrauchen sie allerdings erst 0,2 Prozent der Befragten (Stand: Mai 2021). Ein Fünftel (21 Prozent) interessiert sich nicht dafür, ein Zehntel (10 Prozent) gibt an, sich noch nicht damit befasst zu haben. 

Wer an der ePa interessiert ist, sieht als Vorteil vor allem, dass andere Ärzte Diagnosen, Arztbriefe oder Befunde einsehen können (74 Prozent). 71 Prozent wollen per ePa selbst alle Infos über die eigene Krankengeschichte im Blick haben, 64 Prozent finden vorteilhaft, dass Doppeluntersuchungen vermieden werden können. (Bitkom/dpa/me)
 


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