Der aktuell leistungsfähigste IC mit PPG- und EKG-Funktion von Maxim Integrated ist der MAX86178. Er kann zusätzlich Bioimpedanzmessungen (Bio-Z) durchführen und steht im Wesentlichen in Konkurrenz zu einem anderen IC aus dem gleichen Haus – dem ADPD6000 von Analog Devices.
Das zum MAX86178 passende Entwicklungskit (MAX86178EVKIT) hatte zum Zeitpunkt des Tests noch den Prototypstatus, was an der Dokumentation und dem Support auch zu erkennen war. Die Dokumentation, die ein Entwickler erst nach dem erfolgreichen Abschluss eines NDAs (siehe Teil 1 [7]) erhält, ist sehr rudimentär und enthält zudem zahlreiche Fehler, was etwas erstaunlich ist, weil der MAX86178 bereits seit über einem Jahr auf dem Markt ist.
Das Evaluation Board (Bild 5) verfügt über drei Anschlüsse für EKG-Elektroden (RLD, ECGP, ECGN) und über vier für Elektrodenanschlüsse zur Bioimpedanzmessung (DRVN, BIN, BIP, DRV). Die Kabel liegen dem Kit bei und sind mit einem Standard-3,5-mm-Druckknopf konfektioniert, um die – nicht mitgelieferten – Elektroden anzuschließen.
Wie es für ein Evaluation Board üblich ist, sind zahlreiche Steckbrücken (Jumper) und Testpunkte zum Messen auf der Platine vorhanden. Für die PPG-Messung befinden sich auf der Platinenrückseite eine Multi Chip LED (grün/rot/infrarot) von Osram (SFH7016) und drei Photodioden von Vishay (VEMD8080). Zur Messung, während die LEDs leuchten, ist der Finger auf die flachen SMD-Photodioden zu legen.
Zwischen zwei Buchsenleisten im Arduino-Layout ist ein BLE-Funkmodul mit einem LiPo-Akku darunter eingeklebt. Auf diesem Modul (MAXSENSOR BLE EVKIT) befindet sich auch der Ein-/Aus-Schalter für das System. Er ist leicht zu übersehen, denn er ist sehr winzig in einer SMD-Ausführung und könnte auch für eine LED gehalten werden.
Über ein Flex-Kabel erfolgt die elektrische Verbindung des BLE-Funkmoduls mit der Hauptplatine des Evaluation Boards. Das MAXSENSOR BLE EVKIT wird mit geänderter Firmware auch für andere Entwicklungssysteme von Maxim Integrated eingesetzt, z. B. in den Entwicklungskits für den MAXM86146 oder auch den MAXM86161.
Diese eingeklebte Konstruktion zwischen den Buchsenleisten wirkt provisorisch und ist zudem fehleranfällig. Über die USB-C-Buchse des BLE-Funkmoduls (Power im Bild 5) wird die Spannungsversorgung des Systems hergestellt, und beim Einstecken des sehr schwergängigen USB-Steckers muss die Platine festhalten werden, um zu verhindern, dass das Flex-Kabel aus der Fassung gezogen oder sogar beschädigt wird. Für die PPG-Messung ist das Evaluation Board außerdem auf die Bestückungsseite zu legen, was bei dieser Konstruktion nur mit Vorsicht möglich ist.
Das USB-Kabel wird mitgeliefert und verfügt auf der anderen Seite über einen USB-A-Stecker, der an einen PC oder auch an ein passendes USB-Netzteil anzuschließen ist. Auf dem PC erscheint daraufhin ein Flash-Laufwerk (MAXIM MSD) mit einer Kapazität von 40 MByte, das vom Mikrocontroller auf dem BLE-Funkmodul herrührt, jedoch für den hier behandelten Betrieb keine Bedeutung hat. Der LiPo-Akku (105 mAh) wird automatisch geladen und sorgt für den Betrieb des Systems, wenn am USB-Anschluss keine Stromversorgung angeschlossen ist.
Die Kommunikation mit der PC-Software erfolgt jedoch keineswegs über diese USB-Schnittstelle, sondern über eine BLE-Funkverbindung. Auf der PC-Seite muss demnach ein passendes BLE-Interface vorhanden sein, wofür im Entwicklungskit ein USB-Funkmodul von Cypress (CY5677) mitgeliefert wird.
Die Treibersoftware für das USB-Funkmodul installiert sich automatisch nach dem Anstecken an den PC und auch die Installation der Evaluation Software (MAX 86178 Vitals Signs AFE Evaluation Kit Software), die ein NDA für den Download voraussetzt, verlief ohne Probleme. Das USB-Funkmodul wird auf einem Windows-PC wie üblich als COM-Schnittstelle behandelt. Wenn das USB-Funkmodul im Windows-System als COM-Schnittstelle (KitProg USB-UART) auftaucht, heißt das aber noch nicht, dass dann auch die Kommunikation mit dem Evaluation Board funktioniert, wie es beim ersten Entwicklungskit der Fall war, das wir erhalten hatten.
Nach dem Einschalten des Entwicklungskits blinken zwei kleine rote und eine grüne LED auf dem BLE-Funkmodul und nach dem Aufruf der Evaluation-Software erscheint zunächst ein »Verbindungsfenster« mit dem COM-Port des USB-Funkmoduls. Das Evaluation Board mit dem aufgesetzten BLE-Funkmodul muss sich daraufhin mit einer entsprechenden Anzeige (MAX86178SYS) in diesem Fenster melden, damit der Button CONNECT funktioniert und die eigentliche Software gestartet werden kann.
Das erste Entwicklungskit (Engineering Prototype), das für den Test direkt von Maxim Integrated zur Verfügung gestellt wurde, hatte sich jedoch nicht in der Software gemeldet, obwohl sich die Kontroll-LEDs auf dem BLE-Funkmodul wie gewünscht verhalten hatten und auch das Evaluation Board über die Flex-Verbindung mit der korrekten Spannung versorgt wurde. Nach wochenlangem Hin und Her mit dem Support erhielten wir ein zweites System, das auf Anhieb funktionierte (Bild 6). Das USB-Funkmodul gehörte beim zweiten Entwicklungskit jedoch nicht mehr zum Lieferumfang.
Im Laufe des Tests passierte es immer wieder, dass das Evaluation Board nicht erkannt wurde, weil es sich scheinbar in einem undefinierten Zustand befand. Das Evaluation Board sollte dann ausgeschaltet, die Software am PC neu gestartet und erst danach sollte das Evaluation Board wieder eingeschaltet werden. Wenn dennoch keine Verbindung zustande kommt, ist das Cypress-USB-Funkmodul vom USB-Anschluss am PC abzuziehen und wieder aufzustecken. Auch während einer Messung kann es passieren, dass das Evaluation Board plötzlich nicht mehr zu reagieren scheint.
In solch einem Fall ist diese Initialisierungsprozedur ebenfalls durchzuführen, falls das Auslösen von Reset in der GUI nicht ausreichen sollte. Grundsätzlich lassen sich die Registereinstellungen (logischerweise) nur dann ändern, wenn keine Messung läuft, sodass möglicherweise zunächst der Stop-Button in der GUI zu betätigen ist.
Aus dem Blinkverhalten der LEDs auf dem BLE-Funkmodul lässt sich prinzipiell auf den momentanen Status (rot: Charging, Flash Logging, grün: BLE Advertising, BLE Connecting) des Systems schließen. In der Praxis lassen sich die unterschiedlichen Blinkfrequenzen den jeweiligen Zuständen aber nur schwer zuordnen.
Nach dem CONNECT steht die Oberfläche (Bild 7) für die Konfigurierung und Ausführung der Messungen zur Verfügung. Da hat Maxim Integrated entsprechende Voreinstellungen getroffen, denn es sind eine Vielzahl von Optionen möglich, was mit den Taktfestlegungen unter PLL beginnt und eine ganze Reihe von Fragen aufwirft.
Die einzelnen Optionen sind in der Dokumentation nur unzureichend erläutert, sodass ein Entwickler einiges ausprobieren muss. Deshalb sollten zunächst die Voreinstellungen verwendet und einfach eine Messung durch die Betätigung des START-Buttons ausgelöst werden, woraufhin automatisch das Plots-Fenster (Bild 8) erscheint.
Es zeigt standardmäßig ein PPG-Signal, wozu ein Finger leicht auf der Platinenrückseite auf die Multi-Chip-Photodiodenanordnung – wo die LEDs leuchten – zu legen ist, sodass daraufhin ein PPG-Signal erkennbar sein sollte. Dabei ist es wichtig, dass die Fingerkuppe in Richtung des einzelnen Fotoelementes weist, andernfalls ist die Signalqualität nicht ausreichend.
Insgesamt existieren sechs PPG-Kanäle. Drei davon sind durch die Multi Chip LED mit den drei Photodioden auf der Platinenrückseite belegt, und die drei anderen sind über Anschlüsse auf der Platine zugänglich.
Auf der Plots-Seite des GUIs sind mehrere Measurement Plots aktivierbar, die sich durch ihren Abbildungsmaßstab voneinander unterscheiden. Auf der Seite PPG-Meas Setting sind die einzelnen PPG-Kanäle konfigurierbar, wobei die ersten drei für die Photoelemente auf der Hauptplatine zuständig sind.
Bei unpassenden Einstellungen wird keine PPG-Kurve zu sehen sein, weshalb hierfür eine aussagekräftige Anleitung wünschenswert wäre, die praxisgerecht erläutert, welche Auswirkung diese oder jene Einstellung auf die Messungen und die Darstellung im Plot-Fenster hat. Beim Ausprobieren können die ursprünglichen Registerinhalte über Reset auf ihre Default-Werte zurückgesetzt und über Options – Register Export/Import – eigene Einstellungen exportiert und wieder importiert werden, was sich sehr einfach und schnell durchführen lässt.
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