Bittium BrainStatus

EEG-Aufzeichnung ohne Kabelsalat

8. Februar 2021, 11:05 Uhr | Andreas Wagner (Bittium)
Bittium BrainStatus ist ein kompaktes, kabelloses EEG-System mit einem Elektrodenkopfband, das die korrekte Platzierung einfacher und schneller gestaltet.
© Bittium

Mit BrainStatus hat Bittium eine drahtlose Alternative zur herkömmlichen Elektroenzephalografie entwickelt.

Laut der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) hat sich die neurologische Notfallmedizin, neben Chirurgie und Innerer Medizin, zum drittwichtigsten Gebiet in der Krankenhausnotaufnahme entwickelt. So erleiden nach Angaben der DGN allein in Deutschland rund 260.000 Menschen jährlich einen Schlaganfall. Aber auch epileptische Anfälle, Hirnblutungen oder Schädel-Hirn-Traumata gehören zu den neurologischen Notfällen, mit denen sich Rettungssanitäter und medizinisches Personal in Notaufnahmen und Kliniken regelmäßig konfrontiert sehen. 

Entscheidend für die Behandlung, und um bleibende Gesundheitsschäden bei den Patienten zu verhindern, ist eine schnelle sowie präzise Erfassung und Auswertung der Hirnsignale. Dies geschieht üblicherweise mittels der Elektroenzephalografie (EEG), was jedoch gerade in der Notfall- und Akutmedizin bisher mit einer ganzen Reihe von Herausforderungen verbunden ist. 

Zeitaufwändiges und kompliziertes Anbringen der EEG-Elektroden

Die größte Herausforderung, um besonders in der Notfall- und Akutmedizin zügig ein EEG vornehmen zu können, ist das Anlegen der Elektroden. Bei herkömmlichen EEG-Geräten werden 20 oder mehr Elektroden über den gesamten Kopf des Patienten verteilt angebracht. Die Elektroden müssen dabei hundertprozentig synchron verteilt sein. Gibt es beispielsweise Abweichungen bei der Positionierung der rechts und links angebrachten Elektroden, kann dies die Werte der EEG-Aufzeichnungen verfälschen. Selbst eine geübte EEG-MTA (Medizinisch-Technische Assistenz) benötigt für das Anbringen der Elektroden in der Regel rund 20 Minuten.  

Das System kann in der Notfallmedizin und für die drahtlose EEG-Fernüberwachung in Echtzeit verwendet werden.
Das System kann in der Notfallmedizin und für die drahtlose EEG-Fernüberwachung in Echtzeit verwendet werden.
© Bittium

Eine erste Erleichterung brachten EEG-Kappen, in die die Elektroden bereits eingearbeitet sind. Allerdings müssen auch diese zunächst mit speziellem Gel präpariert werden. Danach muss die EEG-MTA den Sitz jedes Kontaktes überprüfen. Hinzukommt, dass die Elektroden genügend Hautkontakt benötigen. Das heißt, im Bereich des Kopfhaares muss dieses zur Seite geschoben werden. Daher setzt diese Methode ebenfalls speziell geschultes Personal voraus und dauert auch dann rund 10 Minuten.

EEG-Kappen lösen nicht alle Probleme

Aus diesem Grund ergeben sich zwei Probleme: einmal der Zeitfaktor, der in der Notfallmedizin eine entscheidende Rolle spielt. Und auf der anderen Seite die Notwendigkeit, jederzeit Zugriff auf speziell geschultes Fachpersonal zu haben. Allerdings kann nicht jeder Rettungswagen mit Fachkräften für alle möglichen medizinischen Vorfälle und Diagnosegeräte ausgestattet sein. Auch in der Notaufnahme sind üblicherweise nicht rund um die Uhr EEG-MTAs und Neurologen vor Ort. 

Die Lösung für diese Problematik verspricht nun eine neue Generation von Elektroden mit Technologie aus dem Wearable-Bereich. Dabei kann eine geringere Anzahl von Elektroden, die nur im frontalen Bereich des Kopfes angebracht wird, präzise EEG-Signale liefern. Die Elektroden werden darüber hinaus nicht einzeln angebracht, sondern sind in einem Band fixiert, sodass die exakte Positionierung bereits vorgegeben ist. Das Aufbringen der Elektroden erfolgt dadurch nicht nur schneller, sondern ist zudem so unkompliziert, dass auch Sanitäter und Notfallpersonal ohne spezielle Ausbildung ein EEG ableiten können.

Behinderung bei der Behandlung

Ein weiterer Nachteil bisheriger EEG-Elektroden war deren komplexe Verkabelung, die gerade in der Notfallmedizin die Behandlung behinderte. Hier müssen häufig mehrere Ärzte und Fachkräfte den Patienten gleichzeitig behandeln. Ein EEG-System mit herkömmlichen Elektroden, die über Kabel mit einem Monitor verbunden sind, stören dabei. Für Rettungskräfte und den Krankentransport ist ein solches System noch viel weniger geeignet.

Die Software zeichnet das EEG lokal auf und lädt gleichzeitig Daten auf den Netzwerkdateiserver, sodass das EEG von anderen Arbeitsstationen im gesamten Krankenhaus überprüft werden kann.
Die Software zeichnet das EEG lokal auf und lädt gleichzeitig Daten auf den Netzwerkdateiserver, sodass das EEG von anderen Arbeitsstationen im gesamten Krankenhaus überprüft werden kann.
© Bittium

Bei der neuen, durch Wearables beeinflussten Generation mobiler EEG-Systeme wird das Elektrodenband direkt mit einem kompakten Sender verbunden, der die Signale drahtlos auf einem Monitor darstellt, dadurch ist die Beweglichkeit des Patienten nicht beeinträchtigt. Diese Übertragung stellt eine hohe Signalqualität sicher und ermöglicht auch Langzeit -Messungen

Komplexe Datenauswertung 

In der Regel werden EEG-Aufzeichnungen visuell überwacht. Die Auswertung der aufgezeichneten Messwerte erfolgte bisher nur durch geschulte Spezialisten. Aber auch für diese war der Zeitaufwand für die Auswertung hoch. Die Spezialisten können selten über einen langen Zeitraum neben dem Patienten sitzen, um die Aufzeichnungen live anzusehen. Bei der retrospektiven Auswertung mussten jedoch große Mengen an Aufzeichnungen durchgeschaut werden, um Abweichungen und erneute Vorfälle feststellen zu können. Da die Patienten meist sediert sind, nimmt niemand einen erneuten Anfall wahr, außer er oder sie schaut genau in diesem Moment auf die EEG-Kurven.

Eine solche Problematik ist in der Notfall- und Intensivmedizin natürlich besonders prekär. Aber auch für nicht lebensbedrohliche EEG-Anwendungen, bei denen Aufzeichnungen über einen längeren Zeitraum vorgenommen werden sollen, ist dieses Thema relevant. Zu diesen Anwendungsgebieten gehören unter anderem Migräne sowie Schlafstörungen. 

Künstliche Intelligenz entlastet zusätzlich

Die neueste Generation von EEG-Systemen begegnet dieser Herausforderung mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI). Nach langjähriger Forschung ist es gelungen, intelligente Algorithmen zur Analyse der EEG-Aufzeichnungen zu nutzen. Dies kann zwar keine Neurologen oder geschulte MTAs ersetzen, entlastet jedoch das medizinische Personal enorm bei der Patientenbetreuung.

Eine Cloud-Option erweitert die Verfügbarkeit außerhalb des Krankenhauses und kann mit der Cerenion C-Trend-Analyse sowie mit weiteren Parametern erweitert werden.
Eine Cloud-Option erweitert die Verfügbarkeit außerhalb des Krankenhauses und kann mit der Cerenion C-Trend-Analyse sowie mit weiteren Parametern erweitert werden.
© Bittium

Die KI-Funktionen zur Auswertung erstellen eine Übersicht der einzelnen aufgezeichneten Messzyklen und werten Trends aus. Anhand bestimmter Werte sieht das medizinische Personal sofort, ob alle Werte im »grünen Bereich« sind oder ob es beispielsweise vor kurzem einen erneuten Vorfall gab. Liegen die Werte außerhalb der Norm, kann sofort der zuständige Arzt oder ein Spezialist hinzugezogen werden. Dieser findet dank der analysierten Aufzeichnungen auch sofort den wichtigen Beobachtungszeitraum und kann sich dann die entsprechenden Messkurven genauer ansehen.

Für die Aufzeichnung mobiler EEG-Systeme können auch Touchpanel-PC eingesetzt werden. Die zum System gehörige Software verfügt über alle Standardfunktionen moderner EEG-Systeme, ist aber auch für Pflegekräfte, die nicht mit EEG-Software vertraut sind, leicht zu bedienen. Die EEG-Daten des Patienten können über das Klink-Netzwerk in eine Daten-Cloud übertragen werden, sodass ein Neurologe auch von einem beliebigen Standort aus sofort die Analysen einsehen und Anweisungen geben kann. Dies spart nicht nur Zeit im Klinikalltag – es kann bei akuten Notfällen auch die Überlebenschancen erhöhen.

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