Klimagerechte Organisation
Für eine nachhaltige Medizintechnik
Der CO2-Fußabdruck der Medizinindustrie verursacht 4,4% der weltweiten Nettoemissionen, die EU ist nach China und den USA für den drittgrößten Anteil verantwortlich. Wie können MedTech-Unternehmen ihre Organisation nachhaltig gestalten und zu einer klimagerechten Wirtschaft beitragen?
Die nachhaltige Gestaltung kann ein gesamtes Unternehmen vor eine Vielzahl von neuen Herausforderungen stellen. Aber gerade in der Medizintechnik, einer Branche mit so hohen Umweltauswirkungen, ist diese Anforderung gefragter und wichtiger denn je.
Für MedTech-Unternehmen, die noch keine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt oder implementiert haben, ist es oft schwierig, worauf sie achten müssen und wie sie beginnen sollen. Dieser Artikel soll als praxisorientierter Leitfaden für Unternehmen dienen, die eine Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit beginnen oder beschleunigen möchten. Er beleuchtet außerdem einige Meilensteine und skizziert bewährte Verfahren zur Verringerung der Umweltauswirkungen eines Unternehmens.
Geeignete Ziele setzen
Ein entscheidender erster Schritt ist die Festlegung realistischer und messbarer Ziele. Kurz vor der UN-Klimakonferenz (COP-26) im letzten Jahr hat sich der weltweit tätige Medizinproduktehersteller Owen Mumford beispielsweise verpflichtet, bis 2045 Netto-Null-Emissionen zu erreichen - einschließlich des Zwischenziels, seine Emissionen bis 2030 zu halbieren. Die Unterzeichnung einer ‚Science Based Targets Initiative (SBTi)‘ war dabei der Schlüssel, um zu festzulegen, wie viel und wie schnell die Treibhausgasemissionen reduziert werden sollen. Darüber hinaus hat sich das Unternehmen der ‚Business Ambition for 1.5°C‘ angeschlossen – einem Zusammenschluss von Unternehmen aus der ganzen Welt, die sich für die Erreichung von Netto-Null-Kohlenstoffemissionen einsetzen. Die Zusammenarbeit mit diesen Organisationen untermauert die Gesamtstrategie, ermöglicht eine umfassende Messung der Maßnahmen und bietet Unterstützung auf dem Weg zu den festgelegten Zielen.
Um diese Ziele zu erreichen, hat der MedTech-Hersteller zunächst damit begonnen, seine Geschäftsabläufe grundlegend anzupassen. Die britischen Standorte verwenden inzwischen fast zu 100 % Strom aus erneuerbaren Energien und an den britischen, US-amerikanischen und malaysischen Standorten aht Owen Mumford Maßnahmen zur Verringerung der direkten und indirekten Kohlenstoffemissionen (Scope 1 und Scope 2) ergriffen, indem es Bereiche wie Beleuchtung und Recycling veränderte. Es wurden auch Initiativen umgesetzt, die ein nachhaltigeres Verhalten der Mitarbeiter fördern. Da sich die britischen Standorte in ländlichen Gebieten befinden, wurde die Anzahl der Ladestationen für Elektroautos auf dem Werksgelände erhöht, um den Mitarbeitenden den Umstieg auf Elektromobilität zu erleichtern.
Vorausschauend planen
Bei jeder Medizinproduktentwicklung muss neben dem gesundheitlichen Nutzen auch der Nachhaltigkeitsaspekt an vorderster Stelle stehen. Jedes Element im Herstellungsprozess sollte überprüft werden, um festzustellen, wo Verbesserungspotentiale möglich sind, ohne die Qualität, Sicherheit oder Benutzerfreundlichkeit des MedTech-Produkts zu beeinträchtigen. Damit wird sichergestellt, dass jede neue Produktreihe geringere Emissionsmengen als die vorherige verursacht, was zu einer stetigen Angleichung an die gesetzten Nachhaltigkeitsziele führt. Medizintechnische Unternehmen sollten jedes Element des Design- und Herstellungsprozesses mit Hilfe von Analysen und Simulationen des Ökobilanz-Kreislaufs überprüfen und Verbesserungsmöglichkeiten identifizieren, die in ihrer Kombination darauf abzielen, den gesamten ökologischen Fußabdruck der von uns hergestellten Produkte weiter zu reduzieren.
Neben den Optimierungen der Produkte ist es ebenso wichtig, die notwendigen Produktionsstrukturen zu überprüfen und zu modernisieren. Das Referenzunternehmen hat daher kürzlich in eine neue, hochmoderne Produktionsanlage investiert, die nach den neuesten Umweltstandards entworfen wurde und in Folge die BREEAM-Zertifizierung erhalten hat (BREEAM steht für Building Research Establishment Environmental Assessment Method und ist das älteste und am weitesten verbreitete Zertifizierungssystem für nachhaltiges Bauen in England). Die Gestaltung des Gebäudes nach diesem Standard wird die natürlichen Ressourcen in der Region nicht nur schützen, sondern verbessern. Die Verwendung neuester innovativer Materialien im Gebäude wird einen effizienten Einsatz von Energie, Heizung und Kühlung gewährleisten. Während der Planungsphase haben die Medizintechniker mit Ökologen zusammengearbeitet, damit es keine negativen Auswirkungen auf die Artenvielfalt und die Lebensräume für die Tiere und Pflanzen vor Ort gibt und es wurden bereits Ziele für weitere Verbesserungen nach der Fertigstellung festgelegt.
Wichtig ist auch die Einbeziehung aller Mitarbeitenden. Bereits im Vorfeld sollten Personen aus verschiedenen Bereichen des Unternehmens eingeladen werden, um an der Auswahl und Ausgestaltung der Ziele mitzuwirken. Zu diesen Zielen können beispielsweise die Förderung von Frauen in MINT-Fächern oder die fortlaufende Bewertung von Logistikaktivitäten zur Reduzierung der Kohlenstoffemissionen gehören. Diese Beteiligung trägt dazu bei, ein nachhaltiges Konzept zu erstellen, das im gesamten Unternehmen Unterstützung erfährt und somit künftige Veränderungsprozesse durch die Belegschaft besser unterstützt werden.
Externe und interne Überprüfungen
Die Zertifizierung durch externe Institutionen ist wichtig, um sicherzustellen, dass sich das Unterfangen Nachhaltigkeit auf dem richtigen Weg befindet. Ein unabhängiges Kontrollverfahren wie die B Corp-Zertifizierung ist dafür ein geeigneter Weg. Die Bewertungskriterien für die B Corp-Zertifizierung sind dabei ganzheitlich angelegt: von Maßnahmen zur Unternehmensführung, Mitarbeiter- und Kundenbetreuung über soziales Engagement bis hin zu Umweltinitiativen. Jedes MedTech-Unternehmen sollte dabei sicherstellen, dass Richtlinien in konkrete Maßnahmen umgesetzt und Aktivitäten auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden. So bestand Owen Mumford vor kurzem, als einer der ersten Medizinproduktehersteller überhaupt, die B Corp-Zertifizierung.
Der von Owen Mumford jährlich veröffentlichte ‚Responsible Action Report‘ ist ein wichtiger interner Bestandteil auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit. So kann der Medizinproduktehersteller Fortschritte gegenüber den selbst gewählten ‚Sustainable Development Goals‘ der Vereinten Nationen messen und regelmäßig strukturiert nach außen zu kommunizieren.
Wege zur Nachhaltigkeit
Der Schlüssel zu einer wirksamen Nachhaltigkeitsstrategie ist ein ganzheitlicher Ansatz für Betrieb, Infrastruktur, Logistik und Personalmanagement, bei dem im Zuge der Entwicklung und Einführung neuer Produkte, Technologien und Prozesse kontinuierlich Bereiche mit Verbesserungspotenzial identifiziert werden. Die Wirkung der umgesetzten Maßnahmen sollte durch interne und externe Kontrollen fortlaufend überprüft und anerkannte Verfahren zur Erreichung der gesteckten Ziele bereitgestellt werden. Unternehmen sollten aber unbedingt bedenken, dass es sich um einen längerfristigen Prozess handelt und nachhaltige Geschäftspraktiken im gesamten Unternehmen verankert werden müssen, bevor echte Fortschritte erzielt werden können. Daher ist es besonders wichtig, dass das gesamte Unternehmen hinter dem Veränderungsprozess steht. Dies geschieht, indem man Mitarbeiter aus den unterschiedlichsten Bereichen bereits in die Planungen mit einbezieht und aufzeigt, wie das Handeln eines jeden einzelnen dem Unternehmen und der Umwelt gleichermaßen zugutekommen kann. (uh)
| Über Owen Mumford |
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Owen Mumford ist ein weltweit tätiges Unternehmen in der Entwicklung und Herstellung von Medizinprodukten, u.a. bei der Behandlung und Diagnose von chronischen Krankheiten wie rheumatoider Arthritis, Diabetes und Multipler Sklerose. Die Palette an Medizingeräten reicht dabei von Lösungen für die einfache und komfortable Verabreichung lebensrettender Arzneimittel, die sichere und komfortable Blutentnahme und Testlösungen sowie professionelle Schnelltestkits zur Selbstdiagnose. |
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