Hohe Präzision dank Sensorik

Herausforderungen in der Personalisierten Medizin

17. April 2019, 17:00 Uhr | Dr. Moritz Kneipp (Sensirion)
Die Medizin wird zunehmend personalisiert. Diese Entwicklung birgt Chancen, aber auch neue Herausfoerdungen.
© Sensirion

Die Medizin hat die Lebensqualität der breiten Bevölkerung enorm verbessert. So sind Krankheiten wie Polio, Syphilis, Tuberkulose oder die Pest heutzutage nahezu ausgestorben und gut behandel- oder heilbar. Einen nächsten Meilenstein für die Medizin stellt nun die personalisierte Medizin dar.

Aktualisiert: 07.06.2019, 08:49

Sie zielt nicht auf die breite Masse der Bevölkerung ab, sondern hat das Ziel, das Individuum auch über die Diagnose hinaus in den Fokus zu rücken. So werden das individuelle Krankheitsbild, die physiologische Konstitution, aber auch das Geschlecht und die resultierenden spezifischen Auswirkungen von Therapien und Medikamenten berücksichtigt. Ein Ziel der personalisierten Medizin ist es, eine massgeschneiderte Pharmakotherapie für den jeweiligen Patienten aufzustellen und diese gegebenenfalls auch über den Therapieverlauf hinweg anzupassen.

Ermöglicht werden solche spezifischen Therapien durch das Zusammenspiel mehrerer moderner technologischer Errungenschaften. Eine zugeschnittene Krebstherapie könnte somit beispielsweise durch die Integration von Durchflusszytometern, DNA-Sequenzierung und Organ-on-a-Chip Anwendungen realisiert werden.

Durchflusszytometer für die Analyse und Diagnose

Durchflusszytometer sind Geräte, welche eine schnelle Analyse von Zellen erlauben. Bei diesem Messverfahren fliessen Zellen in einer hohen Geschwindigkeit an einer Analyseeinheit vorbei (zum Beispiel elektrische Spannung oder Fluoreszenz). Die Wechselwirkung zwischen Zelle und der Spannung oder dem Licht hängt von der Form, Struktur, Grösse und/oder Färbung der Zelle ab. So können Zellen mit den gewünschten Eigenschaften identifiziert und mit Hilfe von einer nachgeschalteten Zellsortiertechnologie isoliert werden.

Besonders wichtig sind Durchflusszytometer im Zusammenhang mit im Blut zirkulierenden Tumorzellen (engl. Circulating Tumor Cells, CTCs). CTCs können aus einer Blutprobe eines Patienten isoliert werden und stellen somit, im Vergleich zu teils komplizierten und invasiven Biopsien, eine minimalinvasive Alternativmethode dar. Insgesamt können dadurch die Schmerzbelastung der Patienten, das Gesamtrisiko und die Kosten der Biopsie gesenkt werden. Bei Fällen, in welchen die Lage und Position des Primärtumors eine traditionelle Biopsie unmöglich macht, könnten CTCs verwendet werden um trotzdem die für die Diagnose essentiellen Daten aufzuzeichnen.

Im Jahr 1869 wurden CTCs zum ersten Mal bei einem Patienten festgestellt. Die CTCs gelangen aus dem Primärtumor in den Blutkreislauf oder in das lymphatische System.Bereits in einem frühen Krankheitsstadium können CTCs im Blut von Patienten nachgewiesen werden, da ihr Aufkommen mit 1-10 CTCs pro mL Vollblut im Vergleich zu Millionen weisser und Milliarden roter Blutkörperchen in der gleiche Menge Blut aber extrem niedrig ist, bedarf es hochsensibler Durchflusszytometer und –sortierer, um sie zu detektieren und zu isolieren.

DNA Sequenzierung zur Charakterisierung

Sind die CTCs isoliert, können Sie weiter charakterisiert werden. Diese Charakterisierung kann und muss bis auf die molekulare Ebene reichen und selbst die DNA einer einzelnen Tumorzelle kann sequenziert werden. Verlässliche und zeitlich relevante Daten können die sogenannten Next Generation Sequencing (NGS) Technologien liefern.

NGS ermöglicht es die Nukleotid-Abfolge von DNA mit erhöhtem Durchsatz als bei den klassischen Sequenzierungsmethoden (zum Beispiel Sanger-Sequenzierung) zu ermitteln. Die gewonnenen Informationen könnten so Aufschluss über die Art des Tumors, die spezifischen Mutationen der CTCs und somit eine Indikation über den möglichen Krankheitsverlauf und die relevanten Therapien geben. Die Kombination aus NGS und CTCs macht einen Ersatz der traditionellen Biopsie in Zukunft möglich.

Organ-on-a-Chip-Technologien

Als nächster Schritt könnte in Zukunft eine Organ-on-a-Chip-Technologie (OOC) folgen. OOC ist eine hoch-technologische Ausprägung von Zellkulturen. Klassische 2-dimensionale Zellkulturen in Petrischalen haben den Nachteil, dass sie weit von der in vivo-Situation entfernt sind. Um den in vivo-Verhältnissen näher zu kommen wurden 3-dimensionale Zellkulturen entwickelt. In solchen 3-dimensionalen Zellkulturen können die Zellen in alle Richtungen wachsen und bilden so die Mikroumgebung in lebendem Gewebe mit den charakteristischen Zelle-Zelle- und Zelle-Matrix-Interaktionen naturgetreuer nach. Neben den räumlichen Randbedingungen spielen für noch realistischere Modelle auch die mechanischen und chemischen Belastungen eine Rolle. Gewebe, wie die Lunge oder auch das Herz, sind klassische Beispiele für Organe, welche nur mit Bewegung ihre volle Funktion erfüllen können.

Die Gewebebewegung resultiert in Dehnungs- und Kompressionskräften auf die Zellen und die extrazelluläre Matrix. In OOC-Lungenkulturen werden zum Beispiel durch die Verwendung von Vakuumtechnologie Bewegungen erzeugt, die denen der in vivo-Lunge sehr nahestehen. Durch die Kombination verschiedener Gewebetypen ist es sogar möglich, komplette Human-on-a-Chip-Modelle zu generieren, um so auch die metabolischen und physiologischen Effekte von Therapien zu simulieren. Die Verwendung von OOC, kann so nicht nur die personalisierte Medizin voranbringen, sondern ermöglicht es auch, die Anzahl an Tierversuchen in der Forschung zu reduzieren.

Fazit und Ausblick

Das Zusammenspiel dieser Technologien und Anwendungen hat ein immenses Potential. Die Möglichkeiten scheinen grenzenlos, allerdings kämpfen alle genannten Anwendungen mit ähnlichen Hürden. Diese Hürden entstehen aus ihrem Vorteil der hohen Präzision. Um verlässliche Ergebnisse und somit die Effektivität für die Patienten zu garantieren, müssen alle internen Prozesse der jeweiligen Systeme genauestens definiert, gemessen und kontrolliert werden. Die hohen Anforderungen an die Genauigkeit, sowie die Kleinstmengen an Proben, die zur Verfügung stehen, benötigen entsprechende Sensortechnologien, um die Prozesse genauestens steuern zu können.

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Flüssigkeitsdurchflusssensor LPG10
Der Miniatur-Durchflusssensor LPG10 von Sensirion integriert einen digitalen CMOSens-Mikrosensor auf einem mikrofluidischen Chip. Mit seinen Abmessungen von 10x10 mm2 lässt er sich auch in sehr kleine medizinische Geräte, wie beispielsweise die so genannten Point-of-Care-Geräte integrieren. Neben der Biokompatibilität - Glas ist das einzige benetzte Material des Sensors – sprechen laut Hersteller das mikrothermische Messprinzip, mit seiner hohen Genauigkeit und Messgeschwindigkeit bei niedrigsten Flussraten für die Verwendung des LPG10 in den genannten Anwendungen.

 

Sensirion auf der Sensor+Test 2019: Halle 1/Stand 316

(me)

Der LPG10 ist laut Hersteller weltkleinste vollständig kalibrierte digitale Flusssensor.
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