Miniatur-Kugelwindetriebe

Klein – aber oho

18. April 2019, 16:00 Uhr | Wolfgang Klöblen (Steinmeyer)
Im Größenvergleich: Manche Miniatur-Kugelgewindetriebe sind kaum größer als eine Pinnadel.
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Wichtige Beurteilungskriterien für die Qualität von Miniatur-Kugelgewindetriebe sind Laufeigenschaften, Positioniergenauigkeit und Lebensdauer. Steinmeyer entwickelte eigens einen Prüfstand zur Bestimmung dieser nicht direkt messbaren Qualitätsmerkmale.

Kugelgewindetriebe sind das zentrale Element in Linearantrieben für den Maschinen- und Apparatebau. Ihre Qualität ist entscheidend für die Positioniergenauigkeit und Zuverlässigkeit der Antriebe. Die kleinsten Kugelgewindetriebe sind Miniatur-Kugelgewindetriebe mit Spindeldurchmessern von lediglich 3 bis 16 mm. Sie kommen beispielsweise in der Halbleitertechnik in Achsen, die zur Inspektion von Wafern genutzt werden, oder in der Medizintechnik in Beatmungsgeräten und Dosiereinheiten sowie in der Messtechnik zur Positionierung von Sensoren in Vorschubachsen zum Einsatz (Bild 1). Doch auch in Roboter- und Handlingsystemen sowie in der Luft- und Raumfahrt sind sie ein entscheidendes Antriebselement.

Je nach Einsatzgebiet müssen sie dabei unterschiedlichen Anforderungen gerecht werden. So stehen bei der Handhabungstechnik hohe Geschwindigkeiten und Beschleunigungen und damit hohe Spindelsteigungen im Vordergrund. Die Positioniergenauigkeit ist bei dieser Art der Anwendung in der Regel von untergeordneter Bedeutung. Anders in der Messtechnik: Hier ist Präzision alles.

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In der Medizintechnik spielen neben hohen Genauigkeiten und einer großen Laufruhe vor allem 100-prozentige Verlässlichkeit und Sicherheit eine entscheidende Rolle. Anwendungen im Reinraum oder in der Luft- und Raumfahrt benötigen zudem spezielle Materialien. So müssen Spindeln und Muttern aus rostfreien und abriebarmen Stählen gefertigt und Schmierstoffe sowie Abstreifer speziell auf die jeweilige Anwendung abgestimmt werden, um die Funktion des Kugelgewindetriebs sicher, zuverlässig und dauerhaft zu gewährleisten. Im Vakuum dürfen zum Beispiel keine Kunststoffe verwendet werden. Dagegen sind spezielle Umlenkungen aus Stahl gefordert. 

Auf die Mutter kommt es an

Die Spindeln der Kugelgewindetriebe verfügen wahlweise über gerollte oder geschliffene Gewinde. Die gerollten Ausführungen entsprechen in der Regel den Genauigkeitsklassen T5 bis T10 und eignen sich damit für Standardansprüche. Bei besonders hohen Präzisionsanforderungen (Genauigkeitsklassen P1 bis P5) finden geschliffene Varianten Verwendung. Zudem wirkt sich auch die Spindelsteigung auf die Genauigkeit aus: Je kleiner die Steigung, desto besser die theoretisch erreichbare Auflösung und damit die Präzision. Üblicherweise betragen die Steigungen von Miniatur-Kugelgewindetrieben 1 bis 2 mm.

Abhängig von Einbausituation und Anschlusskonstruktion werden die Spindeln mit unterschiedlichen Muttern kombiniert (Bild 2). Das Unternehmen August Steinemyer hat sich auf die Entwicklung und Fertigung von Miniatur-Kugelgewindetriebe für den High-end-Bereich spezialisiert und bietet unter anderem sechs verschiedene Mutter-Varianten an, die auf den drei grundsätzlichen Bauformen Anschlussgewindemutter, Flanschmutter mit Abstreifern und Zylindermutter basieren. Dabei benötigen die Zylindermuttern mit 4-Punkt-Kontakt und Einzelgangumlenkung ohne Abstreifer den geringsten Bauraum.

Die Anschlussgewindemutter ist baugleich mit der Zylindermutter, verfügt aber zusätzlich über ein Gewinde und ist dadurch einfach zu montieren. Eine Unterform der Anschlussgewindemutter ist die federvorgespannte Doppelmutter mit Anschlussgewinde mit 2-Punkt-Kontakt und Einzelgangumlenkung. Sie wird typischerweise fast ausschließlich in kleinen Kugelgewindetrieben verbaut und zeichnet sich durch eine besondere Laufruhe aus.

In der Doppelmutter werden zwei Muttern, die in einem Gehäuse verdrehsicher gelagert sind, durch ein Federpaket auseinander gedrückt. Durch die Feder sind Vorspannung und damit Reibmoment unabhängig von Toleranzen oder Verschleiß immer gleich. Die Vorspannung kann daher sehr klein sein und die Mutter ist immer zuverlässig spielfrei. Damit bietet sich diese Mutterform für Einsätze an, bei denen sehr hohe Anforderungen an die Leichtgängigkeit der Miniatur-Kugelgewindetriebe gestellt werden, eine besonders feinfühlige Verstellung gefordert ist oder die Spindel sehr schlank ist. Allerdings ist diese Bauform größer und aufwendiger als eine einfache Anschlussgewindemutter. Sie eignet sich nicht für die Übertragung von Kräften, die über der Vorspannkraft liegen, da andernfalls die Feder nachgeben und Spiel auftreten würde.

Die gängigste Muttern-Form ist die Flanschmutter mit 4-Punkt-Kontakt und Abstreifern. Sie entspricht der DIN/ISO und zeichnet sich durch ihre Austauschbarkeit aus. Steinmeyer beispielsweise bietet sie in drei Varianten an: mit Einzelgangumlenkung und Standardabstreifern sowie mit Stirndeckelumlenkung wahlweise ein- oder zweigängig. Dabei eignen sich die Modelle mit Stirndeckelabdeckung aufgrund ihrer höheren Steigung für hohe Geschwindigkeiten. Wie alle Einzelmuttern werden die Flanschmuttern durch Kugelübermaß vorgespannt (4-Punkt-Kontakt). Dadurch ist ihr Wirkungsgrad etwas geringer als der einer Mutter mit Zweipunktkontakt. Zudem reagieren sie etwas stärker auf Fertigungstoleranzen, sodass sehr lange Spindeln normalerweise nicht mit vorgespannten Einzelmuttern ausgestattet werden. Allerdings sind Einzelmuttern sehr wirtschaftlich, punkten durch ihre kompakte Bauform und die Kugeln entlasten nicht bei Kraftspitzen.


  1. Klein – aber oho
  2. Alles eine Frage der Oberflächenqualität

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