Gedruckte Elektronik

Kupferdruck: Ein Bund fürs Leben

9. Dezember 2019, 9:00 Uhr | Hendrik Bergau
Vielseitig einsetzbar: Der Kupferdruck eigent sich sowohl für Heizungen in Tastaturen, zur Herstellung großflächiger Sensoren sowie für NFC-Siegel.
© Kundisch

Fachbeitrag | Dünn, flexibel, leitfähig und sparsam: Elektronische Komponenten müssen heute großen Anforderungen entsprechen. Gedruckte Elektronik aus Kupfer bietet insbesondere für medizintechnische Anwendungen völlig neue Chancen – von Tablettenblister bis hin zu druckempfindlichen Matratzen.

Eines der ältesten Metalle der Menschheit erlebt zurzeit eine Renaissance: Kupfer ist in fast allen Gebieten des menschlichen Lebens zu Hause und eröffnet in gedruckter Form als Elektronik nun ganz neue Möglichkeiten. Mit gedruckter Elektronik sind Bauelemente, Baugruppen und Anwendungen gemeint, die im Druckverfahren hergestellt werden. Statt Druckfarben kommen elektronische Funktionsmaterialien in flüssiger oder pastöser Form zum Einsatz. Die funktionale Tinte, in der auch Nanopartikel beispielsweise aus Silber oder Kupfer enthalten sind, kann sowohl auf Papier als auch auf Kunststoff gedruckt werden. Im Fall des Kupfer-Elektronikdrucks wird die Fläche dazu zunächst vollflächig mit einer hauchdünnen Schicht Kupfer gefüllt, von der anschließend weggeätzt wird, was nicht benötigt wird. Die Paste härtet anschließend bei 80 bis 150 Grad zu einer festen Schicht aus und bildet dabei leitfähige, funktionale Schichten.

Herausforderung für die Hersteller

Kupfer zeichnet sich durch eine höhere Leitfähigkeit aus als Silber, das in gedruckter Form schon seit Längerem Verwendung findet. Chemisch gesehen hat Silber zwar die höhere Leitfähigkeit. Zermahlen in viele kleine Partikel und auf eine Folie gedruckt leitet es aber schlechter als reines Kupfer, das klimatisch und mechanisch stabiler ist. Während Silber Signale nicht sauber leitet, bietet Kupfer fast keinen Widerstand und ist deswegen in der Signalverarbeitung deutlich vorzuziehen.

Die Integration funktionaler Beschichtungen und großflächiger Sensorik stellte allerdings bislang aufgrund der komplexen Wertschöpfungskette eine Herausforderung für die Hersteller her. Die Verarbeitung der Ausgangsmaterialien sowie das Aufbringen am Zielprodukt müssen optimal aufeinander abgestimmt sein, was in der engen Verzahnung der Prozessschritte eines langwierigen und kostenintensiven Innovationsprozesses bedarf.

Medizintechnik: Vorteil Kupfer

Vor allem in medizinischen Anwendungen, wo es um Drucksensorik über große Flächen geht, spielt Kupfer nun seine Vorteile aus. Eine 90x200 Zentimeter große Matratze etwa kann mit Drucksensoren ausgestattet und zur Dekubitusprävention (Vorbeugen und frühzeitiges Erkennen von Wundliegen) eingesetzt werden. Dazu wird die Matte in vier Elemente aufgeteilt, um die Signalübertragung nicht durch zu lange Strecken zu gefährden – als große Fläche ist die Leitfähigkeit nicht gleichbleibend gut gegeben.

Mithilfe des Kupferdrucks lassen sich nun elektronische Bauteile direkt integrieren und die Matratzenelemente miteinander »verheiraten«. Jedes dieser Elemente ist ausgestattet mit einer druckempfindlichen Folie, die ihrerseits die Information auswertet und an die nächste Matte per Bus-System weitergibt. Hier spielt Kupfer seine Vorteile gleich doppelt aus: Gleichzeitig nämlich kommen die Signale so sauber wie nur möglich an.

Die Folie regiert die Mechanik

Im Gegensatz zur Leiterplattentechnik erlaubt die gedruckte Elektronik die Integration vieler Funktionen in extrem flachen Bauteilen. Der Bedarf an funktionalen Tastaturen und Bedienpanels ist groß – etwa für Bedienelemente medizinischer Geräte. Hinter der grafischen Ebene verbirgt sich meist eine flexible Folie, die mit elektronischen Druckfarben bedruckt ist. Die RFID-Sensorik erlaubt die Kontrolle über die Funktionen der Maschine sowie die Beobachtung der Verbrauchsmaterialien wie Schläuche oder Spritzen. Jedes einzelne Produkt wird so kontrollierbar und digital identifizierbar. Medizinische Geräte, für die eine regelmäßige Reinigung verpflichtend ist, können über einen entsprechenden Status auf dem RFID-Chip für den nächsten Einsatz gesperrt oder auch freigegeben werden. Ein Passwortschutz gewährleistet die Datensicherheit.

Mit der bereits in die Tastatur integrierten NFC-Schnittstelle bietet sich Anwender eine neue Form der Kommunikation. Sie basiert auf der Near-Field-Technologie (NFC), mit der zum Beispiel ein Sensor über ein Smartphone ausgelesen werden kann. Der Servicetechniker kann sich über sein Telefon an der Maschine anmelden – und schon wird das Gerät in seine Landessprache eingestellt. Ziel ist hier vor allem, Produktionsschritte einzusparen, indem die Schnittstelle direkt in die Bedieneinheit verbaut ist.

Löten statt Kleben

Die Kupfertechnik bietet darüber hinaus die Möglichkeit, elektrische Bauteile wie LEDs einzubringen. Diese Komponenten werden gelötet, was gegenüber elektrischem Kleben zu bevorzugen ist. Löten lässt eine beständigere Verbindung entstehen, die mechanisch und elektrisch mehr aushält und langlebiger ist. Auch E-Paper in den Bedieneinheiten, deren Text über das Telefon geändert werden kann, Touchsensoren für gekrümmte Oberflächen, unsichtbare Leiterbahnen in Glas oder flachste Bauformen für Kabel, Antennen oder Sensoren sind künftig möglich.

NFC-Siegel ermöglichen einerseits den digitalen Schutz von Produkten und können andererseits unerlaubtes oder auch bewusstes Öffnen detektieren. Das macht die Technik auch für die Pharmaindustrie interessant. So könne beispielsweise Tablettenblister, die über ein mit Leiterbahnen bedruckte Folie im Stande sind, die Nutzung zu dokumentieren, die Patienten-Compliance (Therapietreue) zu verbessern. Das ist bei weitem keine Zukunftsmusik, sondern gehört schon bald zur Realität in der medizinischen Versorgung. Alles, was durch eine Folie mit hauchdünner Elektronik versehen werden kann und wofür die Übermittlung elektronischer Signale wichtig sein könnte, wird in der Nutzung profitieren.

Zehn Stück oder zehn Millionen

Zur Herstellung werden meist konventionelle Verfahren eingesetzt wie etwa der Siebdruck mit einem Auftrag zwischen 3 und 200 µm – je nach Material und Werkzeugen. Das Druckverfahren zeichnet sich vor allem durch seine Vielseitigkeit und Materialvielfalt aus. Zwar hat Kupfer – wie bereits erwähnt – einen besseren Leitwert als gedrucktes Silber. Aber je nach Anforderung lässt sich Kupfer auch mit Leitsilber kombinieren, wenn besondere Eigenschaften wie beispielsweise für iontophoretische Messungen nötig werden.

Auch beim Trägermaterial sind unterschiedliche Varianten denkbar. Beispielsweise empfiehlt sich bei industriellen Anwendungen vor allem stabilisiertes Polyethylenterephthalat (PET), da es überaus beständig und kosteneffizient ist. Dahingegen ist eine Folie aus thermoplastischem Polyurethan (PU) bei dehnbaren Anwendungen wegen seiner hohen Elastizität als Grundlage geeignet. Durch diese individuellen Anpassungen gewährleisten Hersteller, dass die gedruckte Elektronik optimal an die unterschiedlichen Einsatzgebiete angepasst ist.

Siebdruck ist darüber hinaus sowohl für kleine als auch für große Auflagen geeignet und hat geringe Werkzeugkosten. Eine kleine Auflage von nur zehn Stück ist ebenso wenig ein Problem wie zehn Millionen, der Herstellungsprozess ist der Gleiche. Beim Siebdruck wird die Funktionspaste durch ein feinmaschiges Gewebe in mehreren Schichten auf ein dünnes Trägermaterial aufgetragen. Die Schablone ist an den notwendigen Stellen geschlossen, wodurch das gewünschte Druckbild entsteht.

Autoren: Hendrik Bergau ist Field Application Manager bei Kundisch

Schlagworte: Elektronikfertigung, Gedruckte Elektronik, Kupferdruck

Zuerst gesehen: Dieser Beiträg erschien in einer längeren Version zuerst in der Medizin+elektronik Nr. 6 vom 4. November 2019.

 


Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Kundisch GmbH & Co. KG

Weitere Artikel zu Elektronikfertigung