Netzteile für MRTs

Leistungselektronik im Feld der Kräfte

24. Mai 2019, 7:32 Uhr | Patrick Le Fèvre
MRT-Geräte mit fortschrittlicher Datenerfassung erfordern stabile Netzteile, die in der Lage sind, in einem hohen Magnetfeld zu arbeiten.
© iStock/baranozdemir/PRBX

Der Betrieb eines Schaltnetzteils in einer Umgebung mit sehr hohem Magnetfeld ist anspruchsvoll und stößt an einige technische und physikalische Grenzen. Um diese zu überwinden, gehen die Konstrukteure neue Wege und kombinieren Netzteil-Topologien mit Software und anderen digitalen Technologien.

Mit der Zunahme der im medizinischen Umfeld verwendeten funkgesteuerten Geräte wird die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) zu einem großen Problem für die Stromversorgung. Wenn auch in den meisten Anwendungen die EMV der Stromversorgungen beherrschbar ist, liegen in einigen extrem anspruchsvollen Bereichen wie der Magnetresonanztomographie (MRT) die Herausforderungen für die Hersteller darin, die empfindlichen Geräte nicht zu stören, aber auch nicht durch das vom Kern des MRT erzeugte Multi-Tesla-Magnetfeld gestört zu werden.

Von der originalen Röntgenausrüstung, über den Damnian NMR bis hin zur neuesten MRT-Technologie mit extrem hochauflösenden Bildern, ist allen gemeinsam, dass sie sich auf eine Vielzahl von Netzteilen verlassen müssen, die Leistungen von wenigen Watt bis hin zu mehreren Kilowatt liefern. Mit fortschreitender Verbesserung der Bildauflösung geht einher, dass die MRT-Hersteller neue Geräte entwickeln, die sehr nahe an einem intensiven Magnetfeld platziert sind. Dafür sind sehr stabile Stromversorgungen erforderlich, um den Datenerfassungsprozess nicht zu beeinträchtigen. Um zu verstehen, was Netzteil-Entwickler zu beachten haben, ist es wichtig, die magnetischen und elektromagnetischen Kräfte zu verstehen, die mit einem MRT-Scanner verbunden sind, und wie sie mit der Stromversorgung interagieren können.

Physikalische Grundlage der Magnetresonanztomographie

Der menschliche Körper besteht zu 70 % aus Wasser, wobei das Wassermolekül aus zwei Wasserstoffatomen und einem Sauerstoffatom (H2O) besteht. Die MRT-Geräte können Wasserstoffkerne in Wassermolekülen identifizieren, die eine quantenphysikalische Eigenschaft namens Spin aufweisen. Wir können uns das Wasserstoffproton so ähnlich vorstellen wie die Erde, die sich um die eigene Achse dreht – mit einem Nord- und Südpol. Unter normalen Umständen drehen sich diese Wasserstoff-Protonen im Körper um die eigene Achse, wobei ihre Achsen zufällig ausgerichtet sind (Bild 1).

Powerbox
Bild 1. Polarisation der Wasserstoffkerne während der MRT-Aktivierungsphasen.
© iStock/baranozdemir/PRBX

Wenn der Patientenkörper sich in einem starken Magnetfeld befindet, richten sich die Protonenachsen alle aus. Diese einheitliche Ausrichtung erzeugt einen magnetischen Vektor, der entlang der Achse des Scanners ausgerichtet ist. Je nach Beobachtungsobjekt haben die MRT-Scanner unterschiedliche Feldstärken, meist zwischen 0,5 und 3 Tesla (T). In der neuesten Generation von MRT-Geräten könnten 6 T erreicht werden, in der Neurospin-Hirnforschung werden heute sogar 11,7 T verwendet – was dem 234.000-fachen des Erdfeldes entspricht –, und in der Spektroskopie bis zu 20 T. Das Hauptmagnetfeld wird als vertikal oder B0 (B-Null) bezeichnet und durch einen permanenten oder supraleitenden Magneten erzeugt und entlang der Hauptachse des Scanners (Z-Achse) ausgerichtet. Je nach Anwendung variiert die Feldstärke von 0,5 T bis 20 T.

Magnetische Felder im MRT

Wenn dem Magnetfeld (B0) zusätzliche Energie in Form einer Radiowelle hinzugefügt wird, wird der Magnetvektor abgelenkt. Die Radiowellenfrequenz, die die Resonanz der Wasserstoffkerne bewirkt, ist abhängig von dem gesuchten Element und der Stärke des Magnetfeldes. Es werden zwei magnetische Felder verwendet, der Gradient (B1) und das HF-Feld. B1 wird durch eine spezifische Kombination von Spulen in den drei Achsen X, Y und Z erzeugt. Die gepulsten Frequenzen liegen bei etwa 100 kHz mit einer Intensität von nur wenigen mT/m. Die Frequenz wird an das Objekt angepasst. Das HF-Feld wird durch eine separate Spule in der X- und Y-Achse erzeugt. Der Frequenzbereich liegt zwischen 64 MHz und 299 MHz mit Mikrotesla-Intensitäten.

Powerbox
Bild 2. Hochauflösendes Bild eines menschlichen Gehirns nach der Datenerfassung.
© iStock/baranozdemir/PRBX

Beim Ausschalten der Hochfrequenzquelle kehrt der Magnetvektor in seinen Ruhezustand zurück, wodurch ein Signal (auch eine Radiowelle) ausgesendet wird, das der Erzeugung der MR-Bilder dient. Empfängerspulen werden um das betreffende Körperteil herum verwendet, die als Antennen fungieren und die Erkennung des ausgesendeten Signals verbessern. Die Intensität des empfangenen Signals lässt sich anschließend in Graustufen darstellen und es werden Querschnittsbilder aufgebaut (Bild 2). Es lassen sich auch mehrere übertragene Hochfrequenzimpulse nacheinander verwenden, um bestimmte Gewebe oder Anomalien hervorzuheben. Weil sich verschiedene Gewebe beim Abschalten des übertragenen Hochfrequenzimpulses unterschiedlich schnell entspannen, entsteht im späteren Bild eine andere Verdichtung.

Um Störungen zu vermeiden, ist die beste Vorgehensweise bei der Versorgung von MRT-Geräten, nur Gleichspannung (DC) zu verwenden, auch für die Beleuchtung. Die Hauptstromversorgung wird traditionell außerhalb des geschirmten Betriebsraums positioniert und die Gleichspannung über geschirmte Kabel auf die Elektronikgeräte verteilt. Um die Spannung von der DC-Hauptleitung an die spezifische Last anzupassen – zum Beispiel 24 V(DC) auf 12 V(DC) –, verwendete die alte Generation der MRT-Geräte eine große Auswahl an linearen Spannungsreglern. Das reduzierte zwar das Risiko von Störungen, wies jedoch technologiebedingt eine sehr niedrige Energieeffizienz und eine hohe Verlustleistung auf. Für neue Gerätegenerationen, die mehr Leistung und bessere Energieeffizienz verlangen, wurden Schaltleistungsregler eingeführt, die zwar die Energieeffizienz verbesserten, aber zu einer Quelle möglicher Störungen wurden. Wenn die Stromversorgung weit genug von B0 und empfindlichen Geräten entfernt ist, kann man durch eine effiziente Abschirmung und Erdungsmaßnahmen solche Störungen verhindern. Befindet sich die Stromversorgung hingegen in der Nähe oder sogar innerhalb von B0, stehen die Netzteilentwickler vor echten Herausforderungen.

Auswirkungen der MRT auf die Stromversorgung

Auch bei einem DC-DC-Wandler wird die Eingangsgleichspannung zunächst in eine Wechselspannung umgewandelt und anschließend wieder gleichgerichtet. Während des Umwandlungsprozesses speichert ein Transformator, der aus einer oder mehreren Spulen und üblicherweise aus einem Ferritkern besteht, die übertragene Energie. Die hohe Dichte von B0 interagiert direkt mit allen ferromagnetischen Komponenten, sättigt den Eisenkern, macht eine Übertragung der Energie unmöglich und wird sogar zu einem Kurzschluss.

Powerbox
Bild 3. Dreiphasige kernlose Netzteile nutzen drei GB350-Module, um damit auch Anwendungen mit höherem Leistungsbedarf versorgen zu können.
© iStock/baranozdemir/PRBX

Die Gradientenfeldfrequenz entspricht weitgehend der durchschnittlichen Schaltfrequenz konventioneller Stromversorgungen, ist aber induzierend für den »current storm effect« in Kabeln und leitfähigen Bereichen. Dies wirkt sich auch auf die Schaltleistungen der Leistungsstufe aus, was zu Signalverzerrungen, Hitze und in den meisten Fällen zu Kurzschlüssen der Schaltkomponenten führt.

Aufgrund der viel höheren Frequenz des HF-Feldes und der geringeren Beeinträchtigung der Stromversorgung durch induzierte Ströme können die gleichen Randeffekte auftreten wie beim B1-Feld.

Auswirkungen der Stromversorgung auf den MRT

Die Protonen der Wasserstoffkerne drehen sich mit der sogenannte Larmorfrequenz um die eigene Achse. Diese Frequenz ist mit 42,58 MHz/T zwar sehr hoch und weit von der typischen Schaltfrequenz eines Spannungswandlers entfernt, dennoch können dessen Oberwellenspikes das Signal stören und als Konsequenz Abbildungsfehler verursachen und damit die Bildqualität und Auflösung beeinträchtigen.

Da die Schaltfrequenz der Standardnetzteile mit 100 kHz im gleichen Bereich wie die des Gradientenfeldes liegt, kann es zu Störungen des Signals kommen, das von der Gradientenschleife erzeugt wird. Dies hat zur Folge, dass das codierte Signal modifiziert wird und es dadurch zu Abbildungsfehlern kommt. Im Falle von HF können die Oberwellen des grundlegenden Schaltnetzteils die HF-Spulenschleife stören. Eine solche Änderung des MRT-HF-Signals kann Auswirkungen auf die Bildqualität haben.

Powerbox
Bild 4. Zum Schutz vor Störungen werden die Netzteile abgeschirmt.
© iStock/baranozdemir/PRBX

Kernlos und hochpräzise

Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Parameter ist es naheliegend, dass eine geeignete Energielösung ferromagnetische Komponenten ausschließt und mit einer Schaltfrequenz arbeitet, die die MRT-Signale nicht stört. Da herkömmliche Magnetkerne unter Einwirkung der B0-Feldenergie sättigen, sollten Luftspulen ohne ferromagnetisches Kernmaterial in Betracht gezogen werden. Ein Nachteil von Luftspulen sind ihre niedrigen Induktivitätswerte, die durch die Auslegung einer parallel arbeitenden Leistungsstufe kompensiert werden können. Die Steuerung der multiparallelen Luftspulen erfordert eine digitale Steuerung und bietet ein hohes Maß an Flexibilität bei der Funktionsweise der verschiedenen Leistungskanäle. Die digitale Steuerung ermöglicht es dem Konstrukteur und später in der Endanwendung, das Profil der Stromversorgung an die spezifischen Bedingungen anzupassen.

Bild 3 zeigt ein Beispiel für eine geeignete Luftspulen-Stromversorgung. Um den spezifischen MRT-Anforderungen gerecht zu werden, verfügt es über eine grundlegende Schaltfrequenz von 600 kHz. Zusammen mit dem 4-Phasen-Interleave-Modus kommt es auf eine resultierende Ausgangsfrequenz von 2,4 MHz. Dies ermöglicht eine einfachere Filterung und schnelle Reaktionszeiten bei der Regelung. Die Einheit enthält auch eine EMV-Abschirmung, um die Strahlungsemission zu verringern und das Risiko von Artefakten zu vermeiden (Bild 4).

Neue MRT-Generation in Aussicht

In weniger als 50 Jahren waren die Fortschritte der Magnetresonanztomographie (MRT) wirklich beeindruckend und die Bildauflösung ist erstaunlich. Durch permanente Weiterentwicklung trug die Stromversorgungsindustrie dazu bei, effiziente, nachhaltige und sichere Energie für sehr anspruchsvolle Anwendungen wie die B0-Feldbedingungen zu liefern. Systeme mit ultra-hohen Feldstärken, basierend auf einer neuen Generation von Sensoren, erfordern extrem schnell ansprechende Stromquellen, die bei 25 MHz schalten, um Oberwellen im Sicherheitsband zu vermeiden. Schon jetzt lässt sich eine neue Generation von kernlosen Stromversorgungen voraussehen, die Luftkern, digitale Steuerung und den Einsatz von Gallium-Nitrid-(GaN)-Transistoren kombinieren.

Powerbox
© iStock/baranozdemir/PRBX

Bildlose Krebserkennung

Röntgengeräte trugen schon früh zu beeindruckenden medizinischen Fortschritten bei, aber die Bilder beschränkten sich auf feste und für Patienten und Anwender gefährliche Strahlungen. Dies war die ursprüngliche Motivation für den Arzt und Wissenschaftler Dr. Raymond Damadian, einen neuen Weg zu erforschen, um den menschlichen Körper zu scannen. Dafür untersuchte er die Eigenschaften und das Verhalten eines Atomkerns unter Einwirkung eines Magnetfeldes. Nach mehr als zehn Jahren Forschung und einer Mischung aus Erfolgen und Misserfolgen meldete er im März 1972 ein Patent für eine »Vorrichtung und Verfahren zur Erkennung von Krebs im Gewebe« an, das das USPTO im Februar 1974 gewährte. Auch wenn seine Entwicklung nur eine bildlose Kresberkennung beinhaltete, gilt Damadian als Miterfinder der Magnetresonanztomographie (MRT).

Zuerst gesehen

Dieser Beitrag stammt aus der Medizin+elektronik Nr. 3 vom 02.05.2019.

Hier geht’s zur vollständigen Ausgabe.

 


Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Powerbox Deutschland