Verpackungstechnik

Pharmaprodukte im grünen Gewand

2. März 2022, 14:00 Uhr | NürnbergMesse
Papier-Strukturkapseln, Papiertrays und Papierblister als Alternative zu Kunststoffen
© Syntegon

Nachhaltigkeit wird auch bei Pharmaverpackungen immer wichtiger

Bei der Verpackung von Gesundheitsprodukten wie Medikamenten und medizinischen Produkten steht die Patientensicherheit an oberster Stelle. Hygiene ist deshalb das A und O – vom Verpackungsprozess bis hin zum Patienten. Bei Transport und Lagerung bietet die Verpackung Schutz vor Umwelteinflüssen sowie vor Beschädigung wie Schlag, Sturz und Druck.

Doch die Verpackung von Pharmaproduktion ist nicht nur Schutzfaktor. Auf den Primär- und Sekundärverpackungen müssen wichtige Informationen für die Verabreichung für Patienten und Pflegekräfte gut sichtbar aufgedruckt sein. Zum einen gelten gesetzliche Vorschriften in Bezug auf Schriftart und -größe. Zum anderen sieht der Gesetzgeber zahlreiche andere Angaben vor, die auf der Verpackungsoberfläche Platz finden müssen. Jede Arzneimittelpackung muss mit einem Unique Serial Code (USC) in Kombination mit der Artikelnummer (GTIN), der Chargennummer (LOT), dem Verfallsdatum (EXP) und dem Namen des Herstellers versehen sein.

Der USC ist ein individuelles Erkennungsmerkmal in Form einer in einem 2D-Data-Matrix-Code verschlüsselten Zahlenreihen und dient der Rückverfolgbarkeit. Als Teil der Serialisierung, die schon beim Verpacken der Produkte sichergestellt sein muss, werden die Nummern als überprüfbarer Originalitätsnachweis in einer geschützten Datenbank hinterlegt. Abgesehen von diesem Code ist auch eine Erstöffnungsschutz – beispielsweise in Form eines Klebesiegels aufzubringen–, der Manipulationen der Verpackungen sichtbar macht. Beide Vorgaben sollen es erschweren, dass Fälschungen in die legalen Lieferketten geschmuggelt und so zum Gesundheitsrisiko werden. Das deutsche System, in dem diese Sicherheitsaspekte organisiert werden, heißt SecurPharm. Hintergrund ist die EU-Richtlinie zum Fälschungsschutz, die vor einigen Jahren in Kraft getreten ist.

Zulassungsverfahren erschweren die Umstellung

Hinzu kommt, dass neben den gesetzlichen Vorschriften auch Aspekte wie die Kindersicherheit oder die Seniorenfreundlichkeit beim Verpackungsdesign schwer wiegen. Größere Verschlüsse, die ein leichteres Öffnen ermöglichen, Laschen und andere Öffnungshilfen erhöhen naturgemäß den Verpackungsaufwand. Gleiches gilt bei weiteren Sicherheitsmerkmalen und zusätzlichen Siegeln für den Kinderschutz.

Nicht zuletzt machen die aufwendigen Zulassungsverfahren für die Verpackung von Pharmaprodukten den Nachhaltigkeitsteams das Leben schwer. Angefangen bei den Druckfarben über die Klebstoffe und das Material der Etiketten bis hin zur Dampf- und Sauerstoffdurchlässigkeit durchlaufen neue Verpackungen eine Konformitätsprüfung. Die Umstellung auf umweltfreundlichere Alternativen darf dabei die Zulassung bei der amerikanischen FDA oder ihrem europäischen Pendant, der EMA, nicht gefährden.

Es gibt Möglichkeiten für mehr Nachhaltigkeit

Trotz dieser schwierigen Rahmenbedingungen sind umweltfreundlichere Verpackungen aber auch im Pharmabereich möglich. Am einfachsten fällt es den Herstellern, Produkte, die in Faltschachteln auf Papierbasis verpackt sind, nachhaltiger zu gestalten. So legen viele Unternehmen Wert darauf, dass die Fasern aus zertifiziert nachwachsenden Quellen stammen.

Wichtig für die Recyclingfähigkeit ist dabei, auf Beschichtungen zu verzichten – immer natürlich unter der Voraussetzung, dass zum Beispiel die Druckfarben für die gesetzlich vorgeschriebenen Angaben gut lesbar sind und nicht verwischen. Gleiches gilt für die Haftetiketten und natürlich auch für die in der Regel umfangreichen Packungsbeilagen. Gilt es zerbrechliche Spritzen, Glasfläschchen oder Ampullen zu schützen, können Kunststoffeinsätze und Stege durch faserbasierte Einlagen ausgetauscht werden.

Mit Blick auf die bei Tabletten meist üblichen Blisterverpackungen, bestehend aus Polyvinylchlorid (PVC) und Aluminium, gab es lange keine Alternative. Der Pharmamarkt wie er auf der Fachpack und der in diesem Jahr gleichzeitig stattfindenden Powtech abgebildet wird, bietet dabei neue und zugleich nachhaltige Alternativen. 

Zu möglichen Alternativen, die auf der Fachpack zu sehen sein werden, gehören beispielsweise PP-basierte (PP = Polypropylen), halogenfreie Tiefziehfolien, die ein hohes Barriereprofil bieten und trotzdem kreislauffähig sind. Diese Folien sind inzwischen auch aus nachwachsenden Biopolymeren erhältlich und verbessern damit nicht nur die Recyclingfähigkeit, sondern die CO2-Bilanz insgesamt.

Papier statt Kunststoff

Der Verpackungspreis des Deutschen Verpackungsinstituts ging im Jahr 2021 an Syntegon für seine nachhaltige Blisterverpackung. Die Papierblister wurden gemeinsam mit den finnische Verpackungsmaterialhersteller Huhtamaki entwickelt und bieten eine umweltfreundliche Alternative für herkömmliche Durchdrückpackungen für Tabletten. Im Jahr zuvor erhielt Syntegon den Verpackungspreis für seine »Shaped Paper Pods«, nachhaltige Strukturkapseln aus Papier, die sich durch ihre besondere Haptik auszeichnen. Besucher können diese und weitere Papierlösungen am Messestand sehen und anfassen.

Recycling von Verpackungen

Einen Ansatz, der die Patienten mit einbezieht, verfolgt das Pharmaunternehmen Sanofi. Gemeinsam mit TerraCylce wurde in Großbritannien ein Rücknahmesystem ins Leben gerufen, bei dem leere medizinische Blisterverpackungen in teilnehmenden Apotheken zurückgegeben werden. TerraCycle gewinnt aus den Blistern in einem speziellen Recyclingverfahren anschließend wiederverwendbare Rohstoffe zurück.

Ziel der Entwicklungen im Verpackungsdesign für Medizinprodukte ist aber, dass sie nach ihrer Verwendung in der bestehenden Recycling-Infrastruktur problemlos wiederverwertet werden können. Dass die Pharmabranche dabei ein bisschen hinter anderen Bereichen herhinkt, kann ein Vorteil sein. So lässt sich aus den Fehlern der anderen lernen und bewährte Alternativen stehen schon bereit.


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