Um exakt zu bestimmen, ob die Stromversorgung die Anforderungen an die Batteriebetriebszeit erfüllt, wird zunächst ein Lastprofil als einfache Repräsentation des Last-Arbeitszyklus festgelegt. Für das RPM-Pflaster werden die drei unterschiedlichen Betriebsarten betrachtet.
Standardüberwachung
Im ersten Modus beträgt der Stromverbrauch des EKG-Pflasters (einschließlich 300-nA-Ruhestrom für jeden Abwärtswandler und MCU-Strom) 1,88 mA. Im Temperatur-Überwachungsmodus werden alle 15 Minuten für 200 ms 1,95 mA Strom gezogen. Im Übertragungsmodus beträgt der Strombedarf alle zwei Stunden für jeweils 30 Sekunden 7,90 mA, in denen das Pflaster die Daten via BLE sendet. Diese Werte finden sich in den Datenblättern der eingesetzten Bausteine, wenn man auf die Spezifikationen für den aktiven Betrieb und den Ruhestrom blickt.
Für die Analyse des Lastprofils wird der Arbeitstakt für jeden Betriebsmodus während eines Tages berechnet.
Arbeitstakt = Zeitperiode x Frequenz/Sekunden während eines Tages
Für das Pflaster ergeben sich folgende Arbeitszyklen:
■ Sekunden insgesamt während eines Tages 86400
■ Prozentualer Anteil der Temperaturmessung (%/Tag) 0,02%
■ Prozentualer Anteil der BLE-Kommunikation (%/Tag) 0.42%
■ EKG-Überwachungsdauer (%/Tag) 99,56%
Durch das Lastprofil (Bild 2) wird der Stromverbrauch des Pflasters berechnet. Nimmt man den aktiven Strombedarf jeder Betriebsart, kann der Durchschnittsstromverbrauch pro Tag mit folgender Formel angenähert bestimmt werden:
Stromverbrauch der Betriebsarten pro Tag = Betriebsart x Arbeitstakt x 24 Stunden
1. Beispielrechnung Stromverbrauch
Der Stromverbrauch im Standard-Überwachungsmodus pro Tag entspricht dem Stromverbrauch im Standard-Überwachungsmodus multipliziert mit dem Arbeitszyklus im Standard-Überwachungsmodus multipliziert mit 24 Stunden.
■ Stromverbrauch im Standard-Überwachungsmodus = 1,88 mA
■ Arbeitszyklus im Standard-Überwachungsmodus = 0,9956
■ Stromverbrauch im Standard- Überwachungsmodus pro Tag = 1,88 mA x 0,9956 x 24 Stunden = 44,92 mAh/Tag
Die Lebensdauer der Batterie ergibt sich über folgende Formel:
Batterielebenszeit (Tage) = Batteriekapazität / (Strombedarf im Standard-Überwachungsmodus pro Tag + Strombedarf im Temperatur-Überwachungsmodus pro Tag + Stromverbrauch im Übertragungsmodus pro Tag)
2. Beispielrechnung Batterielebenszeit
■ Batteriekapazität = 235 mAh
■ Stromverbrauch im Standard-Überwachungsmodus = 44,92 mAh/Tag
■ Strombedarf im Temperatur-Überwachungsmodus pro Tag = 0,01 mAh/Tag
■ Stromverbrauch im Übertragungsmodus pro Tag = 0,79 mAh/Tag
■ Batterielebensdauer (Tage) = 235 mAh / (44,92 mAh/Tag + 0,01 mAH/Tag + 0,79 mA/Tag) = 5,14 Tage
Die Berechnungen zeigen, dass das medizintechnische Gerät mit den 5,1 Tagen Batterielebensdauer die Anforderungen für fünf Tage Betriebsdauer einhält. Dies ist jedoch trügerisch, da hierbei nicht die Lagerzeit berücksichtigt ist. Medizingeräte werden üblicherweise mit 14 Monaten Haltbarkeit entwickelt, zwölf Monate auf Lager und zwei Monate im Verkauf.
Sind die Abschaltströme der Bausteine im System addiert und die typische Selbstentladung einer CR2032-Batterie von 1% bis 2% pro Jahr berücksichtigt, wird klar, dass die Betriebsdauer von fünf Tagen nach 14 Monaten nicht mehr gewährleistet ist. Eine Isolierung/Trennung der Batterie vom System ist erforderlich.
3. Beispielrechnung Batteriekapazität
■ 2% Abnahme der Batteriekapazität (mAh) 230,30
■ Stand-by-Stromverbrauch (mA) 0,0082
■ Lagerfähigkeit in Stunden 28085,37
■ Lagerfähigkeit in Tagen 1170,22
■ Lagerfähigkeit in Jahren 3,21
■ Kapazität nach 14 Monaten (mAh) 146,66
■ Rest-Kapazität nach 14 Monaten 63,68
Die Batteriekapazität ist nach 14 Monaten Lagerung und Betrieb stark verringert. Nahezu 40% der Energie werden von Abschaltströmen und Selbstentladung aufgebraucht, während das Medizingerät unbenutzt lagert. Setzt man diese Batteriekapazität in die 3. Beispielrechnung ein, ist eine exaktere Betriebsdauer bestimmenbar.
Batterielebenszeit (Tage) = 146,66 mAh / (Standardüberwachung + Temperaturüberwachung + Übertragung)
Batteriebetriebsdauer (Tage) = 146,66 mAh / (44,92 mAh/Tag + 0,01 mAh/Tag + 0,79 mAh/Tag) = 3,21 Tage
Liegt eine CR2032-Batterie ein Jahr auf Lager, wird die Batteriekapazität durch Selbstentladung und Abschaltströme stark beeinträchtigt. Eine CR2032-Batterie hat einen Lithium-Mangan-Aufbau und durch chemische Interaktion mit der Umgebung eine Selbstentladungsrate von 1% bis 2% pro Jahr. Eine BR2032-Batterie dagegen hat einen Lithium-Karbon-Monofluorid-Aufbau und eine Selbstentladungsrate von 0,3% pro Jahr. Dennoch entspricht der Einsatz einer BR-Batterie nicht unbedingt dem besten Batterieaufbau. Die BR2032 besitzt zwar eine geringere Selbstentladung aber auch eine geringere Kapazität als eine CR2032-Knopfzelle mit 200 mAh. Eine Exempelrechnung zeigt, wann die BR-Batterie ausreichend ist.
In dem Referenz-EKG-Pflaster tragen die Abschaltströme am deutlichsten zur Reduzierung der Batterielebenszeit bei. Ein Abschaltstrom wird gezogen, wenn ein IC deaktiviert ist und keine aktive Last anliegt. Verursacht durch Leckströme im IC und die ESD-Schutzkomponenten, wird selbst dann ein geringer Strom gezogen, wenn kein Verbraucher anliegt. Diese Abschaltströme sind mit weniger als 1 µA meist sehr klein, können jedoch einen massiven Einfluss auf die Batterielebenszeit haben. Im Beispielpflaster können die Abschaltströme die Batteriekapazität in einem Jahr um bis zu 40% verringern. Eine Batterieisolierung kann verhindern, dass das System zu viel Strom aus der Batterie zieht, wenn es nicht in Betrieb ist.
Zwei Optionen für Batterieisolierungen sind zum Einen ein Mylar-Abziehstreifen und zum Anderen eine elektrische Batterietrennung in Form eines Lastschalters. Mylar-Abziehstreifen sind eine mechanische Isolierung der Batterie, der Plastikstreifen trennt die Batterie vom System bis der Endanwender den Plastikstreifen herauszieht und die Batterie das System mit Strom versorgt. Die mechanische Trennung ist seit Jahren bewährt und günstig, für Medizingeräte jedoch nicht immer einsetzbar. Bei wasserfesten EKG-Pflastern kann über den Spalt, aus dem der Isolierstreifen ragt, Wasser eindringen. Zusätzlich könnte der kleine Plastikstreifen für Patienten mit Einschränkungen schwierig zu entfernen sein.
Ein einfacher Lastschalter, wie beispielsweise ein Vishay SiP3234, ist eine gute Wahl für eine elektrische Batterietrennung. Dieser FET-Baustein trennt, wenn offen, die Batterie vom Rest des Systems, wobei nur sein Abschaltstrom die Batterie belastet. Der Lastschalter hat eine logische Steuerung und kann über einen Drucktaster eingeschaltet werden, wenn das Gerät zum Einsatz kommt. Der SiP32341 besitzt einen Abschaltstrom von 14 pA, was eine deutliche Verbesserung gegenüber dem gezogenen Strom ohne Batterietrennung ist. Mit dem FET als Batterieisolierung behält eine CR2032-Primärbatterie über den Zeitraum von 14 Monaten 99,97% ihrer Kapazität. Ohne Batterietrennung sind nach dieser Zeit nur noch 62,39% der Ursprungskapazität vorhanden. Mit diesem Kapazitätsunterschied erfüllt das EKG-Pflaster die Anforderung einer Betriebszeit von fünf Tagen nach 14 Monaten Lagerung.
4. Beispielrechnung Batteriekapazität nach 14 Monaten mit Isolierung
■ % Abnahme der Batteriekapazität (mAh) 230,30
■ Standby-Stromverbrauch (mA) 0,000005
■ Lagerfähigkeit in Stunden 46060000,00
■ Lagerfähigkeit in Tagen 1919166,67
■ Lagerfähigkeit in Jahren 5257,99
■ Kapazität nach 14 Monaten (mAh) 230,25
■ Rest-Kapazität nach 14 Monaten 99,98
Eine Batterietrennung erhält die Batteriekapazität, indem sie verhindert, dass alle Bausteine im System Abschaltströme aus der Batterie ziehen. Nachdem das RPM-Pflaster 14 Monate auf Lager lag, bleiben damit über 99,9% der Batteriekapazität erhalten. Setzt man die Batteriekapazität in die 3. Gleichung ein, ist die genaue Batterielaufzeit bestimmenbar.
Batterielebenszeit (Tage) = 230,25 mAh / (Standardüberwachung + Temperaturüberwachung + Übertragung)
Batteriebetriebszeit (Tage) = 230,25 mAh / (44,92 mAh/Tag + 0,01 mAh/Tag + 0,79 mAh/Tag) = 5,04 Tage.
Die Analyse der Batterieauslegung für ein aktives und ein ausgeschaltetes oder im Low-Power-Modus befindliches System ist wichtig, um ein passendes Power-Design zu entwickeln, welches alle Anforderungen an ein Medizingerät erfüllt. Neben EKG-Patches sind die Analysen und Prinzipien dieses Artikels auf alle beliebigen Medizingeräte anwendbar, die von Primärzellen versorgt werden. (uh)