Medizinelektronik

Sensoren in modernen Beatmungsgeräten – Teil 1

27. Januar 2022, 14:15 Uhr | Andreas Alt (Sensirion)
Dossier Beatmungsgeräte: Die Luftbrücke der Medizintechnik
© phonlamaiphoto/AdobeStock

Methoden und Trends in der künstlichen Beatmung

Kontinuierliche Atemluftflussmessungen während der Anästhesieüberwachung, intensivmedizinischen Behandlung und in anderen klinischen oder ambulanten Umgebungen stellen wichtige Informationen für die Einschätzung der kardiorespiratorischen und Atemkreislauffunktion zur Verfügung und sind aus der modernen Medizin nicht mehr wegzudenken. 90 Jahre nach dem ersten Einsatz der Eisernen Lunge haben maschinelle Beatmungsverfahren, die mittels maschinellen »Luftpumpen« den Patienten mit Atemgas versorgen, Einzug gehalten. Bei diesen Überdruckbeatmungsverfahren wird mithilfe von positivem Druck Luft in die Patientenlunge geführt.

In die Beatmungsgeräte wurden zunehmend intelligente Funktionen integriert, die dem Beatmungsgerät erlauben, sich automatisch den Veränderungen der Lungenmechanik beziehungsweise der Patientenatmung anzupassen. Moderne druck- oder volumenorientierte Beatmung ist damit heutzutage patientenorientierter als früher. 

Da aufgrund der geräteseitigen Intelligenz immer weniger Beatmungsverfahren benötigt werden, hat sich gleichzeitig auch die Beatmung vereinfacht. Wurde beispielsweise früher die Spontanatmung bei invasiv beatmeten Patienten zur Erleichterung der mechanischen Beatmung durch Sedierung und Muskelrelaxation unterdrückt, kennt man heutzutage die Vorteile der Spontanatmung und versucht diese über einen möglichst langen Zeitraum aufrechtzuerhalten. 

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Invasive und Nichtinvasive Beatmungstherapien

Nichtinvasive Beatmung beschreibt Beatmungstherapien, die mittels Masken oder Nasenbrille ausgeführt werden. Oft spricht man deshalb in diesem Zusammenhang von Maskenbeatmung oder NIV beziehungsweise NPPV (Non-Invasive Ventilation beziehungsweise Non-Invasive Positive Pressure Ventilation). Bei der invasiven Beatmung dagegen wird ein endotrachealer Tubus oder eine tracheale Kanüle in die Luftröhre des Patienten geführt, um die Lunge mit Atemluft zu versorgen. 

Beide Beatmungsarten – nichtinvasiv und invasiv – haben ihre Berechtigung und werden oft komplementär eingesetzt. Die nichtinvasive Beatmung wird vor der Intubation oder nach der Extubation im klinischen Umfeld eingesetzt. Eine weitere klassische Anwendung der NIV-Therapie ist die häusliche Pflege, bei der sie Patienten Beatmungsunterstützung bietet. Dabei unterscheidet man zwischen hoch entwickelten Beatmungsgeräten für die Intensivpflege mit einer nichtinvasiven Beatmungsoption und weniger komplexen nichtinvasiven Beatmungsgeräten für den Einsatz im subakuten Bereich und in der häuslichen Pflege. 

Einsatz von Befeuchtungsgeräten

Ein nicht zu unterschätzender Faktor, der weit über den bloßen Patientenkomfort hinausgeht, ist die Befeuchtung der inhalierten Luft. Obwohl die nichtinvasive Beatmung die oberen Atemwege nicht umgeht und die Befeuchtung der inhalierten Luft teilweise noch auf natürliche Weise stattfindet, kommt es häufig zur Verwendung eines Befeuchtungssystems, insbesondere bei Patienten, die durch den Mund atmen. Gut befeuchtete und angewärmte Luft trägt wesentlich zum Erfolg der Beatmungstherapie bei, da sie sowohl die Sekretableitung als auch die Toleranz der nichtinvasiven Beatmungstherapie verbessert. 

Patientenorientierte Beatmung

Aktuelle Trends in Krankenhäusern zeigen, dass die nichtinvasive Beatmung heute häufiger und für weitaus mehr Krankheitsbilder eingesetzt wird als je zuvor. Patienten mit chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen stellen dabei einen großen Anteil der Patientenpopulation dar, die mit nichtinvasiver Beatmung auf Intensivstationen behandelt werden. Im Fall von akutem Lungenversagen wird zum Beispiel auf Intensivstationen immer häufiger nichtinvasive Beatmung als First-Line-Therapie eingesetzt, was zu einer Verminderung infektiöser Komplikationen führt, die Entwöhnungszeit und die Verweildauer auf der Intensivstation verkürzt, die Intubationsrate reduziert und mit Kostensenkungen einhergeht. Aber auch im Heimbereich nimmt der Einsatz der nichtinvasiven Langzeitbeatmung aufgrund von Lungenkrankheiten wie COPD, Lungenfibrosen oder Cystischer Fibrose zu. 

Dreh- und Angelpunkt aller Beatmungsgeräte ist die genaue Messung der Atemgasflussrate und des Atemgasvolumens, das in den Patienten hinein- und wieder aus ihm herausfließt. Erst diese Messungen mit höchster Empfindlichkeit und hoher Genauigkeit ermöglichen die heute übliche, eingangs erwähnte patientenorientierte Beatmung, die auch die Pathophysiologie des Patienten besser widerspiegelt. So erlauben beispielsweise die Überwachung von Druck-, Massenfluss- und Volumenwerten über die Zeit, Veränderungen im Zustand des Patienten zu beobachten, zum Beispiel eine verringerte Lungenkapazität. 

Technische Herausforderungen

Die komplexen Beatmungskreisläufe befinden sich durch die individuell eingesetzten Schläuche, Befeuchtungsgeräte, Filter und Adapterstücke in unterschiedlichsten Zusammensetzungen. Dadurch kann es immer wieder zu Leckagen kommen, weshalb die inspiratorisch gemessene Flussrate teils stark von der Flussrate, die den Patienten tatsächlich erreicht, abweicht. Gleiches gilt für die exspiratorisch gemessene Flussrate. 

Die Luftflussmessungen werden zudem durch die ständigen Veränderungen der Lufttemperatur, Feuchtigkeit und Atemgaszusammensetzung sowie durch die Kontamination der Schläuche und der exspiratorischen/proximalen Sensoren durch Auswürfe, Pathogene und Blut erschwert. Aufgrund technischer Limitierungen wurden die Messungen der inspiratorischen und exspiratorischen Flussraten in der Vergangenheit im Beatmungsgerät durchgeführt. 

Die teils grob unterschiedlichen Flusswerte zu den (eigentlich) beatmeten Werten wurden soweit möglich durch aufwendige und mit Ungenauigkeiten behaftete Kompensationen korrigiert. Um dieser technischen Herausforderung entgegenzuwirken, wird heute der Atemfluss möglichst nahe beim Patienten, also proximal, gemessen. Wie? Das erfahren Sie im zweiten Teil. 


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