Antriebstechnik

Spezialeinsatz für Wälzlager und Befettung

13. Juni 2022, 7:30 Uhr | Janek Herzog, Findling Wälzlager
Bild 1: Zusatzantriebe machen aus einem manuellen Rollstuhl im Handumdrehen einen leichten und wendigen Elektrorollstuhl.
© Findling

Von Rollstuhl-Zusatzantrieben, Schlauchpumpen bis zu OP-Tischen: Die optimale Lagertechnik inklusive des richtigen Schmierstoffs macht den Unterschied. Worauf bei der Wälzlager-Auswahl zu achten ist.

Andreas Schwarz, Entwicklungsleiter bei der AAT Alber Antriebstechnik GmbH weiß: »Zusatzantriebe machen aus einem manuellen Rollstuhl im Handumdrehen einen leichten und wendigen Elektrorollstuhl und erweitern somit den Aktionsradius der Betroffenen.« Zum Sortiment des Herstellers von mobilen Treppensteigsystemen und Zusatzantrieben in der Rehabilitations- und Transporttechnik gehört auch der leichte Rollstuhl-Zusatzantrieb Solo, in dessen Elektromotoren Wälzlager von Findling verbaut sind. »Die Technik ermöglicht damit selbstständige Mobilität im Alltag und Berufsleben,« so Schwarz.

Die Rollstuhlfahrenden können ihr wendiges Fahrzeug über ein Steuerelement einfach bedienen. Leistungsstarke Motoren sind dezent in die Räder integriert (Bild 1), in Verbindung mit einem neu entwickelten Akku-Pack in Lithium-Ionen-Technik sorgen sie für eine Reichweite von bis zu 35 Kilometern. Ein neuartiges Aufnahme- und Verriegelungssystem der Antriebsräder ohne Steckachsen sorgt zudem für eine einfache Umrüstung und mehr Flexibilität.

Dünnringlager für höchste Leichtgängigkeit

Bei der Entwicklung von Solo setzte AAT auf Findling Wälzlager, die beiden Firmen arbeiten seit Jahren zusammen. Für den neuen Zusatzantrieb musste die Lagertechnik vor allem die hohe Reichweite unterstützen (Bild 2). »Alle Komponenten sollten möglichst wenig Energie verbrauchen«, sagt Klaus Findling, Geschäftsführer von Findling Wälzlager. »Im Bereich der Wälzlager lässt sich das mit einer guten Leichtgängigkeit, sprich einem niedrigen Drehmoment erreichen.« Diese Anforderung erfüllt ein Dünnringlager mit einer in Nut geführten, radial anliegenden Dichtung. Dazu wurde die Fettmenge und die Viskosität des Schmierstoffs angepasst, der einen weiten Temperaturbereich von -40 bis +120°C abdeckt. Diese Sonderausführung der Dünnringlager haben laut AAT zum langjährigen Erfolg des Zusatzantriebs Solo beigetragen: »Ohne unsere Fähigkeit, dieses Lager auch in Kleinserien zu fertigen, hätten die Rollstuhlfahrenden eine geringere Reichweite und damit weniger Komfort«, beschreibt Klaus Findling die Motivation, OEMs auch und gerade bei Neuentwicklungen zu unterstützen.

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Bild 2: Die wichtigste Anforderung für die Lagertechnik eines Elektrorollstuhls ist es, die hohe Reichweite des Zusatzantriebs zu unterstützen.
© Findling

Dünnringlager sind aufgrund ihrer kompakten Maße generell für die Medizintechnik prädestiniert. Im Referenzbeispiel bei Findling sind sie mit einem Innendurchmesser von 3 Millimeter bis 220 Millimeter erhältlich. Selbst bei extrem dünnen Querschnitten wird höchste Präzision garantiert. Die Dünnringlager sind sowohl in Chrom- als auch in Edelstahl-Ausführungen lieferbar, die Befettung lässt sich wie bei AAT auf die jeweilige Anwendung anpassen. Dank ihrer speziellen Eigenschaften sind sie in der Medizintechnik zum Beispiel auch die ideale Wahl für Röntgengeräte oder medizinische Pumpen.

Hoher Druck in medizinischen Schlauchpumpen

In Pumpen kommen Miniaturlager zum Einsatz. Sie werden beispielsweise in Schlauchpumpen verbaut, die Blut in Dialysegeräten mit einem möglichst gleichmäßigen Fluss fördern (Bild 3). »In dieser Anwendung üben vier Kugellager Druck aus, sodass das Blut abschnittsweise durch den Schlauch gequetscht wird«, sagt Klaus Findling. »Interessant ist dabei, dass die Lager als solches dieser Belastung eigentlich gar nicht lange standhalten können.« Schuld daran sei der hohe Druck bei langsamen Bewegungen, bei dem normalerweise kein Schmierfilm entstehen kann. Die Lösung für dieses Dilemma ist eine Sonderbefettung: Findling Wälzlager setzt für den Hersteller der Dialysegeräte auf ein Spezialfett für hohe Belastungen. »Das ausgewählte Fett ermöglicht einen hydrodynamischen Schmierfilm auch bei niedrigen Drehzahlen«, so der Geschäftsführer. »Es sorgt für optimalen Verschleißschutz und einen niedrigen Reibungskoeffizienten auch bei extremen Druck-, Vibrations- und Stoßbelastungen.« Es bildet sich ein stabiler Fettkragen an den Lagerkanten, der die Dichtungen unterstützt und das Eindringen von Schmutz, Wasser und anderen Verunreinigungen verhindert.

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Bild 3: Miniaturlager werden unter anderem in Schlauchpumpen verbaut, die Blut zum Beispiel in Dialysegeräten mit einem möglichst gleichmäßigen Fluss fördern.
© Findling

Lagertechnik für flexible OP-Tische

Wälzlager sind auch bei OP-Tischen eine wichtige Komponente für eine hohe Qualität im täglichen Operationseinsatz. Selbst bei wenig Bewegungsspielraum in engen Räumen oder Kliniksälen lassen sich diese Tische dank der eingesetzten Lagertechnik spielend bewegen und positionieren. In OP-Tischen werden zweireihige Schrägkugellager in den Laufrollen und Gelenklager in den Hydraulikzylindern verbaut. Zweireihige Schrägkugellager sind eine gute Wahl für die Leichtlaufrollen, denn durch ihre innere Geometrie, auch O-Anordnung genannt, lassen sich sehr steife und spielfreie Lagerungen realisieren (Bild 4).

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Bild 4: Schrägkugellager ermöglichen eine sehr steife und spielfreie Lagerung, dabei können sie Kräfte in radiale und axiale Richtung aufnehmen.
© Findling

Die gelieferte ZZ-Ausführung mit einer beidseitigen Stahlblechabdeckung gewährt einen ausreichenden Schutz bei gleichzeitiger Leichtgängigkeit, während ein inte­­grierter Kunststoffkäfig für einen sehr leisen Lauf der Lager sorgt.

In Hydraulikzylindern werden zumeist Radial-Gelenklager verbaut, die generell für Schwenkbewegungen geeignet sind und auch Schiefstellungen ausgleichen können. Findling liefert sie in einer ungedichteten, wartungsfreien Ausführung, bei der keine Schmierung in Form von Fett oder Öl notwendig ist. Die Wartungsfreiheit wird durch eine Auskleidung mit Polytetrafluorethylen (PTFE) zwischen dem Innenring und dem Außenring ermöglicht. Der Innenring selbst ist gehärtet, geschliffen, poliert und hartverchromt.

Die Beispiele zeigen: Nahezu jede Anwendung in der Medizintechnik braucht eine andere, optimale Lagertechnik. Meist helfen dabei kundenspezifische Anpassungen, die bereits in Kleinserien realisiert werden können. Doch neben der Produktqualität müssen auch Zulieferer die spezifischen Anforderungen hinsichtlich Dokumentation und Einhaltung von Prozessen erfüllen. Hersteller wie Findling setzen in der Wälzlagerfertigung auf formalisiertes Arbeiten sowie ein lückenloses Qualitätsmanagement, um die geforderten Regularien und Prozesse vollständig abzudecken. (uh)


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