Elektro-Potenzial-Sensoren

Die neue EKG-Welt

28. September 2012, 9:08 Uhr | von Karl Zwinz

Das Erstellen von Elektrokardiogrammen soll immer einfacher werden. So gibt es bereits Smartphone-Apps und Armbanduhren, die von am Körper angebrachten Sensoren Informationen beziehen. Damit solche Verfahren wirklich alltagstauglich sind, sind jedoch Sensoren nötig, die auch ohne die nötige Befeuchtung wie beim Arzt zuverlässige Daten liefern.

Bild 1: EKG-Signal mit nasser Elektrode
Bild 1: EKG-Signal mit nasser Elektrode

Trocken-Elektroden sollen also neue Applikationen für EKG-Messungen erschließen. Zu diesem Zweck liefert Plessey (Repräsentant: Zwinz) Elektro-Potenzial-Sensoren (EPS).

Die EPS-Technik erfasst die Änderungen des elektrischen Feldes, das fast überall mit einer vertikalen Stärke von etwa 100 V/m vorhanden ist.

Ähnlich wie ein Magnetometer die Änderungen des Magnetfeldes misst, zeigen hochohmige kapazitive EPIC-Sensoren (Elektro-Potential IC) Feldänderungen im Millivoltbereich an. Die ersten EPIC-Sensoren wurden für den Einsatz in EKG-, EEG- oder EMG-Applikationen ausgelegt.

Bild 2: EKG-Signal mit EPIC-Sensor
Bild 2: EKG-Signal mit EPIC-Sensor

Mit nur zwei Sensoren lassen sich Messwerte erzielen, die gleichwertig oder sogar besser sind als vergleichbare Messungen mit den bisher üblichen, normalerweise nassen Ag/AgCl-Elektroden.

Die EPIC-Sensoren benötigen weder Gel noch Paste als Kontaktmittel, und auch Änderungen des Hautwiderstandes, hervorgerufen durch Transpiration, verfälschen die Messwerte nicht.

Bild 1 und Bild 2 erlauben den Vergleich der erzielten Messergebnisse.

Diese Lösung kann neue Märkte speziell im Fitness- und Wellnessbereich erschließen.

In der Anwendung

Bild 3: Waage oder Stepper
Bild 3: Waage oder Stepper

Zur Messung des EKG-Signals benötigt man zwei Sensoren, die üblicherweise jeweils an der dem Herzen gegenüberliegenden Seite angebracht werden. Mögliche Messpunkte sind die linke und die rechte Hand oder der linke Arm und der rechte Finger. Zwei EPIC-Sensoren finden etwa in den Handgriffen oder den Armlehnen einer Wiegevorrichtung für Patienten Platz.

(Bild 3) Auch ein Stepper hat einen ähnlich einfachen mechanischen Aufbau. Die bereits vorhandene batteriebetriebene LCD-Skala lässt sich ohne hohe Zusatzkosten um die notwendige Auswerteelektronik ergänzen. Dabei werden die analo-gen Sensorsignale differenziell verstärkt, digitalisiert und gefiltert. Kostengünstige DSP-Bausteine übernehmen diese Aufgabe.

Berührungslos Herztöne messen

Bild 4: EKG-Uhr
Bild 4: EKG-Uhr

Ein weiteres Beispiel ist eine EKG-Uhr (Bild 4) ähnlich der bereits verfügbaren Puls-Uhren. Einer der EPIC-Sensoren kann am Gehäuseboden angebracht werden, der zweite Sensor an der Oberseite. Dieser muss zur Messung kurzfristig berührt werden. Die Pulsrate kann in der Uhr selbst angezeigt werden, die komplexeren P-Q-R-S-T-EKG-Daten können mit leistungsarmen Funkverbindungen an ein Smartphone oder in ein Cloud-Netzwerk zur ständigen Überwachung gesendet werden.

EPICs können auch ohne Berührung der Haut mit Hilfe einer zusätzlichen Schaltung, die nach dem Prinzip von »Driven Right Leg« (DRL, ein Schaltungstyp, der speziell in bioelektrischen Anwendungen Gleichtaktstörungen unterdrückt) arbeitet, verwertbare bioelektrische Signale liefern. Die vom Körper aufzunehmenden schwachen Signale beinhalten immer einen großen Anteil an 50-Hz-Netzbrumm, den die vorhandenen Stromleitungen aus der Umgebung abstrahlen.

Diesen Netzbrumm gilt es bei EKG-Messungen effektiv zu separieren. Bei herkömmlichen Sensoren, also direkt an der Haut angebrachten kapazitiven Sensoren, stellt dies kein Problem dar, da diese mit dem Messsystem eine gemeinsame Masse haben, was die Filterung und die differenzielle Signalverstärkung zweier Sensoren ermöglicht, um ein sehr gutes EKG-Signal zu erhalten.

Für die von den Anwendern zunehmend geforderten berührungslosen EKG-Applikationen ist diese Verbindung nicht vorhanden und erfordert eine zusätzliche kapazitive Koppelung des Körpers durch die Kleidung hindurch. Dies wird mit Hilfe eines leitenden Materials durchgeführt, das beispielsweise auf der Sitzfläche eines Stuhles oder einer Liege aufgebracht wird. Sowohl kupferbedampftes Nylon als auch Aluminiumfolie haben sich bei Versuchen als geeignet erwiesen, das zur Korrektur benötigte DRL-Signal einzuspeisen.

Die neue EKG-Welt

Bild 5: DRL-Schaltung
Bild 6: Demobox mit dem Sensor »PS25101«
Bild 7: Die Sensorbausteine »PS25401« und »PS25201«

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Ein einfacher DRL-Schaltungsaufbau ist in Bild 5 beschrieben, wie er zusammen mit der Demobox »PS25000« (Bild 6) Verwendung findet. Der im Summenverstärker invertierte Mittelwert der Sensorsignale A und B von den beiden in der Rückenlehne des oben erwähnten Stuhles oder der Liege angebrachten EPIC-Sensoren wird wieder in das Messsignal eingespeist, wodurch der störende 50-Hz-Netzbrumm reduziert wird.

Maßgebend sind bei der Berechnung der einzelnen Komponenten die elektrischen Eigenschaften der verwendeten Materialien sowie die Parameter der verwendeten EPIC-Sensoren, um die besten Ergebnisse zu erzielen. Generell können EP-Sensoren für viele Anwendungen als Basis dienen. Denkbar ist etwa die Gestensteuerung für Geräte.

Die hochohmigen EPICs reagieren auf geringe Änderungen im umgebenden elektrischen Feld, die dielektrische Objekte verursachen. Dies könnte eine bewegte Hand sein. Die Änderung der Sensor-daten kann verwendet werden, um damit Position, Bewegung oder Geschwindigkeit anzuzeigen. Der wesentliche Vorteil der EPICs ist dabei ihre komplett passive Arbeitsweise. Für die Serienanwendung stehen EPIC-Varianten mit einer Baugröße von 10 mm x 10 mm zur Verfügung (Bild 7).

Über den Autor:

Karl Zwinz ist Geschäftsführer von Zwinz Technical Consulting.


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