Virtuell fräsen für die Wissenschaft

Forscher entwickeln Simulator für Implantation von Hüftgelenken

31. Juli 2019, 14:35 Uhr | TU Chemnitz
Angehende Chirurginnen und Chirurgen können dank dem TU-Projekt HIPS"künftig einen der kompliziertesten Schritte bei einer Hüft-OP virtuell üben.
© HIPS

Forscher aus Chemnitz und Bremen entwickeln in BMWi-gefördertem Projekt Simulator für besonders kritischen Schritt bei der Implantation von Hüftgelenken. Damit gäbe es nun endlich ein Verfahren, mit dem Chirurgen realitätsnah üben können.

Mehr als 200.000 Menschen erhalten in Deutschland pro Jahr eine Hüftprothese. Der Erfolg der Operationen hat für die Betroffenen großen Einfluss auf die Lebensqualität. Allerdings: Der Eingriff ist oft schwierig, besonders das sogenannte Ausfräsen der Hüftpfanne (Acetabulums) gehört zu den heikelsten Schritten, die sich zudem schwer üben lassen. Hier setzt der »HüftImplantat Pfannenfräs Simulator« (HIPS) an, der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert und im April 2019 erfolgreich abgeschlossen wurde. Das Projekt federführend leitete die Professur Werkzeugmaschinenkonstruktion und Umformtechnik der Technischen Universität Chemnitz. Beteiligt waren zudem das Technologie-Zentrum Informatik und Informationstechnik (TZI) der Universität Bremen, die FAKT Software GmbH in Leipzig und der CAT Production GmbH in München.

Von medizinischer Seite wurde die Entwicklung von der Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Plastische Chirurgie des Universitätsklinikums Leipzig, dem Zentrum zur Erforschung der Stütz- und Bewegungsorgane (ZESBO), der Forschungsgruppe für klinische Anatomie der University of Otago (Neuseeland) sowie der Medizintechnik-Abteilung des Fraunhofer Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) begleitet.

Aktuell planen die Wissenschaftler die Weiterentwicklung des Systems, um weitere Operationsschritte abbilden zu können. Dann sollen angehende Chirurginnen und Chirurgen auch das Abtrennen des Hüftgelenkkopfes, das Ausschaben des Oberschenkelknochens und die Implantation des Kunstgelenkes in der virtuellen Realität trainieren können.

Roboter sorgt für realistisches Gefühl beim Fräsen

Hüft-Implantate müssen möglichst genau in die Hüftpfanne passen, um Komplikationen zu vermeiden und die Lebensdauer der Prothese zu maximieren. Die entsprechende Operation ist aufwändig und erfordert viel Kraft bei gleichzeitig größtmöglicher Präzision. Noch herausfordernder wird das Verfahren dadurch, dass die zu bearbeitende Stelle für die Chirurgin oder den Chirurgen kaum sichtbar ist. Bis jetzt war es außerdem kaum möglich, diese Situation unter realitätsnahen Bedingungen zu üben.

Anwenderinnen und Anwender des HIPS-Systems sehen durch eine VR-Brille die Hüfte der virtuellen Patientin oder des virtuellen Patienten und bedienen gleichzeitig eine Fräse, die an einen Roboter angeschlossen ist. Der Roboter liefert dabei ein realitätsgetreues haptisches Feedback, indem er beispielsweise beim virtuellen Fräsen den Widerstand simuliert, den der Knochen in einer realen OP aufweisen würde.

Die Grundlage für diese realistische Simulation sind reale Daten. Dafür vermaßen die Wissenschaftler den Fräsprozess genau und entwickelten auf dieser Grundlage entsprechende Logarithmen. Die Integration der so entstandenen Software-Module integrierte Fakt in eine interaktive Anwendung, die auf einem anatomischen Modell in 3D von CAT basiert.

Mit DIVR Award 2019 ausgezeichnet

Mit der erfolgreichen Umsetzung des Vorhabens hat das Projektkonsortium kürzlich auch die Jury des Deutschen Instituts für Virtual Reality (DIVR) überzeugt. Das Institut verlieh HIPS den DIVR Award 2019 in der Kategorie »best tech«.
Die Jury lobte die hervorragende Qualität, den hohen technologischen Innovationsgrad und den gesellschaftlichen Einfluss der Virtual-Reality-Simulation. (me)

 

 

 


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